12.28

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher und Zuseherinnen! Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz geändert werden: Wir beschließen heute ein Entlastungspaket für die österreichische Landwirtschaft. Dieses Entlastungspaket wurde bereits vor gut einem Jahr auf Schiene gebracht. So schrieb damals schon die LK Österreich – am 7.2.2019 –, dass die Regierung ein Entlastungspaket auf den Weg bringt und dass – ich darf zitie­ren – Präsident Moosbrugger mit dem Ergebnis der Regierungsklausur und des Minis­terrats sehr zufrieden ist.

Wahrscheinlich hat die ÖVP das dann, damit es nicht vergessen wird, im Zweimonatstakt immer wieder angekündigt, immer wieder angekündigt, dass eine Entlastung für die Landwirtschaft kommen wird. – Bis jetzt ist nichts passiert. Gott sei Dank bringen wir das jetzt durch!

Jetzt geht die ÖVP her und verkauft das Ganze als Coronahilfspaket für die Landwirt­schaft. Meines Erachtens ist diese Vorgehensweise einfach nur schäbig. Auch ohne Corona wäre diese Entlastung notwendig geworden! Die Entlastung wird sich bei den Sozialversicherungsbeiträgen der Bauern – auch bei den Bauernpensionen wird es endlich zu Anpassungen kommen – sehr positiv auswirken.

Wissen Sie eigentlich, wie hoch die durchschnittliche Pension von Bäuerinnen und Bau­ern, die tagtäglich, 365 Tage im Jahr, ohne Urlaub, ohne Feiertag, ohne Wochenende ihre Arbeit verrichten, ist? (Der Redner stellt den Ausdruck eines Säulendiagramms, das die Durchschnittspension 2018 verschiedener Berufsgruppen auflistet, auf das Red­nerpult und lehnt es an die davor befindliche Plexiglasscheibe. – Ruf bei der SPÖ: Ich sehe es nicht! – Ruf: Das sieht man so nicht! – Ruf bei der ÖVP: Kannst eh nicht lesen! – Der Redner nimmt den Ausdruck in die Hand und zeigt ihn reihum.) – Ich kann es Ihnen gerne sagen: nicht 3 100 Euro wie bei den Beamten, nicht 1 600 Euro wie bei den Angestellten und nicht 1 000 Euro wie bei den Arbeitern – nein, die durchschnittliche Pension für lebenslanges Arbeiten beträgt nur 800 Euro! Das ist beschämend, und da frage ich mich schon: Wo ist da Ihre angesprochene Gerechtigkeit? (Beifall bei der FPÖ.)

Das fiktive Ausgedinge entspricht heute nicht mehr der Realität. Wie sagte es gestern Georg Strasser? – Es ist ein Relikt aus der Vergangenheit und gehört abgeschafft. – Streichen wir das fiktive Ausgedinge ersatzlos! Das fiktive Ausgedinge führt bei den Ausgleichszulagenbeziehern, den Beziehern der niedrigsten Pension, zu einer Senkung der Pension und ist ungerecht. Wir reden hier von denjenigen, die ihr Leben lang gear­beitet haben, niemals arbeitslos waren und wirklich unverhältnismäßig niedrige Pen­sio­nen beziehen.

Deswegen möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ersatz­lose Streichung des fiktiven Ausgedinges“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Novelle zum Sozialver­siche­rungsrecht zuzuleiten, mit der das fiktive Ausgedinge ersatzlos gestrichen wird.“

*****

Jetzt können alle Parteien zeigen, wie wichtig ihnen Gerechtigkeit ist, und gerade die ÖVP kann beweisen, dass sie wirklich die Bauern vertritt. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ersatzlose Streichung des fiktiven Ausgedinges

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 9.) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (284 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (326 d.B.) in der 45. Sitzung des National­rates (XXVV GP.) am 8. Juli 2020

Als Ausgedinge bezeichnet der Rechtsverkehr in landwirtschaftlichen Kreisen die Rege­lungen zur Altersversorgung, die sich der bisherige Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes bei Abschluss des Hofübergabevertrages gegenüber seinem Erben und Nach­folger ausbedingt. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Hofübernehmer zu einer Reihe von Sachleistungen. Das Ausgedinge ist die Gesamtheit von Rechten, die der Übergeber einer Liegenschaft mit dem Übernehmer vereinbart. Üblicherweise werden ein Woh­nungs­recht, ein Recht auf Pflege, eine Geldrenten bis hin zu Naturalleistungen verein­bart.

Das Ausgedinge diente früher im landwirtschaftlichen Bereich zur Altersversorgung der Altbauern und wird auch als „Altenteil“ bezeichnet. Es werden für die Berechnung der Ausgleichszulage in der Pensionsversicherung nicht die tatsächlich erzielten Einkünfte (z. B. Ausgedinge, Verkaufspreis oder Pachtzins) angerechnet, sondern – ausgehend vom Einheitswert der übergebenen Güter – ein Pauschalbetrag, das sogenannte „fiktive Ausgedinge“.

Das fiktive Ausgedinge entspricht heute nicht mehr Realität. Kinder leben getrennt von ihren Eltern bzw. führen diesen Hof nicht mehr weiter. Es ist sehr unüblich bei anderen,  ähnlichen, Berufsgruppen solche Vereinbarungen zu treffen, dabei wohnen die Eltern auch bei anderen Berufsgruppen oft im selben Haushalt.

Auch wurde durch die Zusammenlegung der Sozialversicherung der Bauern mit der Sozialversicherung der Selbständigen zu einer gemeinsamen Versicherung damit eine Ungleichbehandlung geschaffen. Für andere Berufsgruppen gibt es so eine Regelung nicht und deswegen sollten wir im Sinne der Gerechtigkeit auch für die Bauernschaft diese ersatzlos streichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Novelle zum Sozialversiche­rungsrecht zuzuleiten, mit der das fiktive Ausgedinge ersatzlos gestrichen wird.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Jetzt hat sich Herr Bundesminister Rudolf Anschober zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.