16.43

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es ist wirklich nicht beruhigend – vor allem für mich als Jugendsprecherin –, die sehr hohe Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen in Österreich zu sehen. Wenn nämlich gerade junge Menschen gleich zu Beginn ihrer beruflichen Karriere das Signal bekom­men, nicht gebraucht zu werden, schlägt sich das nicht nur auf das Selbstbewusstsein der Betroffenen nieder, sondern auch auf die ökonomische Lebensbilanz, was man erkennt, wenn man sich die Jahre, die zur Pension fehlen, oder auch die Jahre, die man für eine höhere Gehaltsstufe braucht, anschaut.

Wie in anderen Altersgruppen auch stellt die Situation für die Jugendlichen eine regional unterschiedliche, aber auch in den Branchen unterschiedliche Herausforderung dar. Wir wissen, dass gerade in Tourismus und Gastronomie, die die am härtesten getroffene Branche ist, sehr viele junge Menschen beschäftigt und betroffen sind – in Praktika, Lehrstellen, Teilzeit, in typischen Studijobs hinter der Bar. Darum haben wir speziell für den Tourismus Maßnahmen erstellt, um das Überleben zu sichern, denn wir wissen, dass der Tourismus einer der größten Arbeitgeber ist, wie beispielsweise den Fixkos­tenzuschuss bis zu 100 Prozent, der existenzsichernd ist, vor allem beispielsweise für die Nachtgastronomie, die noch immer nicht aufsperren kann, und der im Übrigen Dividendenzahlungen ausschließt (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), und genauso ist die Verlängerung der Kurzarbeit überlebenswichtig.

Die prognostizierten Katastrophenszenarien, wie beispielsweise von der Universität Linz im Mai angekündigt – etwa die Verdoppelung der Jugendarbeitslosigkeit oder dass bis zu 7 000 Lehrstellen fehlen werden –, sind glücklicherweise nicht eingetreten. Das AMS vermeldet für August eine Lehrstellenlücke von 2 822 Lehrplätzen. Das ist doch deutlich niedriger, als von verschiedenen Seiten befürchtet, und zeigt insgesamt, dass die ge­troffenen Maßnahmen gewirkt haben, etwa wenn es um den Lehrlingsbonus geht, etwa wenn es um die Kurzarbeit für Lehrlinge und darum geht, dass in diesem Bereich auch die Nettoersatzrate von 100 Prozent umgesetzt werden konnte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Selbstverständlich aber besteht unser Anspruch nicht nur darin, die Härten abzufedern und das Schlimmste zu verhindern, daher werden wir auch bedarfsgerecht die Aufstockung der überbetrieblichen Ausbildungsplätze angehen müssen.

Worüber wir uns in Zukunft auch unterhalten werden müssen – weil es wichtig ist, und es wurde heute schon mehrmals diskutiert –, ist die Arbeitszeitverkürzung. Warum? – Weil durch die Arbeitszeitverkürzung viele Arbeitsplätze geschaffen werden können, weil durch die Arbeitszeitverkürzung auch die Produktivität steigt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Ja, liebe NEOS, und nein, die Privatwirtschaft wird nicht alles allein meistern können, das haben wir gerade in der Coronakrise gesehen. Ich bin heilfroh, dass wir einen starken Sozialstaat haben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)

Durch die Arbeitszeitverkürzung werden vor allem Frauen entlastet, die in der Corona­krise doppelte und dreifache Arbeit leisten müssen. Wer ist von unbezahlter Arbeit nach wie vor betroffen? – Das sind vor allem die Frauen. Im Übrigen wird es immer noch als selbstverständlich angesehen, dass sie unbezahlte Arbeit wie beispielsweise die Kin­derbetreuung übernehmen. Darum ist die Forderung von Birgit Hebein, dass die Stadt Wien als Arbeitgeberin eine 35-Stunden-Woche einführt und damit 7 000 neue Jobs schafft, nicht nur wichtig, sondern grundvernünftig. Damit könnte die SPÖ direkt und schnell zeigen, wie ernst sie ihre Forderungen meint. Wien könnte einmal mehr als Rolemodel zeigen, was die Stadt kann und wie zukunftsorientiert sie agiert. Das würde den jungen Menschen helfen und ihnen zugleich eine Perspektive geben, die sie brauchen und die sie verdient haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.47

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.