14.54

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Casino gewinnt immer die Bank. Diese alte Binsenweisheit sollte uns Politikerinnen und Politiker eigentlich schrecken – und das sollte sie nicht nur heute, sondern jeden Tag. Wenn am Ende des Tages im­mer die Spielbank gewinnt, dann stehen auf der anderen Seite ganz viele Verliererin­nen und Verlierer, und diese Verliererinnen und Verlierer sind die Spielerinnen und Spieler. Dies nicht nur, weil sie auf ganz schäbige Weise um ihr Geld gebracht werden, nein, Zehntausende werden in die Sucht und damit in eine der größten persönlichen Katastrophen getrieben. Glücksspiel ist ein gesellschaftspolitisches Lose-lose-Ge­schäft, das muss auch heute in dieser Debatte einmal gesagt werden, liebe Kollegin­nen und Kollegen. (Beifall bei den Grünen.)

Am Ende des Tages gewinnt die Spielbank, das heißt, dass auch wir als Staat verlie­ren. Jetzt wird der eine oder andere Kollege sagen: Na, na, na, so ist das nicht! Da gibt es ja Millionen an Einnahmen. – Ja, das ist schon klar. Wenn man sich das Glücksspiel mit Automaten anschaut, dann wird man feststellen, dass da recht viel Spielgeld für die Länder und Gemeinden zusammenkommt – aber wer so denkt, hat sich das Prädikat zynisch verdient. Einerseits wird nämlich zugelassen, dass den Lehrlingen das Geld aus der Tasche gezogen wird, wenn sie in nur wenigen Stunden alles in den Automa­ten werfen, und andererseits freut man sich noch über so ein Geschäft. Liebe Kollegin­nen und Kollegen, das ist fahrlässiges Wegschauen.

Einige werden sich jetzt denken: Wieso redet Frau Tomaselli denn überhaupt über Glücksspiel und Spielsucht in einer Postenschacherdebatte? – Weil wir eben der Mei­nung sind, dass es kein Zufall ist, dass gerade im Zusammenhang mit Glücksspiel ans Licht kommt, dass wieder krumme Spielchen gespielt wurden. Eigentlich müsste man nämlich sagen: schon wieder.

Wir haben nämlich ein Problem im System: Das Glücksspiel ist ein Milliardengeschäft auf Kosten der Spieler. Die Politik kann dieses Milliardengeschäft mit der Vergabe nur einer Lizenz um Milliarden erhöhen. Spielgewinne bedeuten aber Millionenabgaben als Körberlgeld für die Politiker. – Liebe Damen und Herren, solange wir diesen Interes­senkonflikt nicht auflösen, wird es in der Politik immer zu krummen Dingen rund um das Glücksspiel kommen. Der einzige Unterschied ist: Einige sind anfälliger als ande­re – und da schaue ich Sie (in Richtung FPÖ) von der Einzelfallpartei ganz genau an, lie­be Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Wir Politikerinnen und Politiker müssen allerdings die Verantwortung dafür überneh­men, dass wir die Spielsucht in den Griff kriegen. Wollen wir die Einnahmen in Mil­lionenhöhe in Verbindung mit gleichzeitigen Riesenausgaben für die Therapie oder wollen wir echten Spielerschutz? Am Ende des Tages wird es auf eine Entscheidung in dieser Frage hinauslaufen. Wenn wir echten Spielerschutz möchten, dann muss das Glücksspiel auf ein Minimum zurückgedrängt werden. – Beides zusammen gibt es nicht.

An diesem Punkt muss ich auch sagen: Es ist auch unerheblich, dass die Einnahmen aus dem Glücksspiel zu großen Teilen an die Allgemeinheit zurückfließen. Ja, das wis­sen wir! Die Einnahmen finanzieren zahlreiche Projekte im Bereich Soziales, Kultur und Sport, aber in Verbindung mit dem Sponsoring ist das reine Imagepflege für die Glücksspielindustrie – und für die Politik ist das nichts anderes als Ablasshandel. Das macht es im Kern nicht besser. (Beifall bei den Grünen.)

Egal, wer in der nächsten Bundesregierung sitzt – diesbezüglich gebe ich Klubobfrau Meinl-Reisinger recht, wir müssen den Blick auch in die Zukunft richten –, sie wird sich daran messen lassen müssen, ob sie gemeinsam mit den Ländern diesen Interessen­konflikt in den Griff bekommt und ob Spielerschutz in Österreich nicht länger nur eine leere Worthülse bleibt. Dazu gehören zum Beispiel die Schaffung einer unabhängigen Glücksspielbehörde mit effektiver Kontrolle, massive Werteeinschränkungen, damit die Lust am Spielen erst gar nicht entsteht, strengere Strafen und genügend Therapieplät­ze für Süchtige.

Es ist die Aufgabe der Politik, das Gemeinwohl zu schützen. Die exzessive Spielerei bedeutet Elend, da können wir nicht wegschauen. Wir Politikerinnen und Politiker müssen die Verantwortung für die Bevölkerung und für die Spielerinnen und Spieler übernehmen, damit am Ende des Tages nicht immer nur die Spielbank gewinnt.

Neben dem Zurückdrängen des Glücksspiels ist uns aber natürlich das Zurückdrängen der Postenschacherei ein mindestens gleich großes Anliegen. Deshalb bringe ich heute auch einen Antrag ein, der im Wesentlichen folgende vier Punkte umfasst: In der Öbag sollen die objektiven Kriterien bei der Bestellung der Aufsichtsräte auch für den Vorstand und die Geschäftsführung gelten. Über die Einhaltung dieser Kriterien hat der Finanzminister regelmäßig dem Nationalrat Bericht zu erstatten. Die Nichtbeachtung der Voraussetzungen wird sanktioniert, und ein sehr wichtiger vierter Punkt ist: Die Ar­beitsverträge der Organe sollen zukünftig gesetzlich an die tatsächliche Dauer der Funktionsausübung gekoppelt werden – das würde vor allem den Haushalt schonen, weil wir uns dann nach jedem Regierungswechsel die Abfindungssummen sparen könnten.

Wir hoffen auf Ihre Unterstützung, und hiermit bringe ich den vorgestellten Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Objektivierung von Vorstandsbesetzungen in staatsnahen Unternehmen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zu übermitteln, mit dem

1.         entsprechend dem § 5 ÖIAG-Gesetz 2000 Bestellungsvoraussetzungen auch für Vorstandspositionen und Geschäftsführer*innen eingeführt werden,

2.         Sanktionen für die bestellenden Organe bei Nichtbeachtung dieser Voraus­setzungen vorgesehen werden, wie insbesondere Geldbußen, Haftungen und Amtsverlust,

3.         eine Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur zeitnahen Bericht­erstattung über erfolgte Organbestellungen in Beteiligungsgesellschaften der ÖBAG und deren Töchtern an den Nationalrat geschaffen wird, wobei die wesentlichen Bestellungskriterien wie insbesondere Qualifikation und Berufserfahrung offen zu legen sind sowie

4.         die Wirksamkeit der Arbeitsverträge mit solchen Organen stets an die tat­sächliche Dauer der Funktionsausübung zu koppeln ist.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Freundinnen und Freunde

betreffend Objektivierung von Vorstandsbesetzungen in staatsnahen Unternehmen

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage „Von Ibiza zu den Kor­ruptionsvorwürfen und Personalvergaben bei der Causa Casinos – wie Türkis-Blau die Republik verkaufen wollte“

Begründung

Der Skandal um die Bestellung des Finanzvorstandes der Casinos Austria AG auf Wunsch der FPÖ und um mutmaßlich geplante Gegenleistungen in Form von Gefällig­keitsgesetzen zugunsten des direkten Konkurrenten und Miteigentümers Novomatic zeigt einmal mehr, dass Postenbesetzungen in staatsnahen Betrieben nach wie vor oft nicht nach sachlichen, sondern nach parteipolitischen Gesichtspunkten erfolgen.

Das ÖIAG-Gesetz 2000, das auf die Österreichische Beteiligungs AG ÖBAG sowie ihre Beteiligungsgesellschaften anwendbar ist, sieht zwar in § 5 Anforderungen an die Be­stellung von Aufsichtsratspositionen in den verwalteten Unternehmen vor: es ist der österreichische Corporate Governance Kodex zu beachten, und es werden allgemeine Qualifikationen gefordert. So lautet Abs 2 dieser Bestimmung:

(2) Die Kandidaten sind für ihre Leistungen allgemein anerkannte Unternehmer, Angehörige freier Berufe oder Führungskräfte aus der Wirtschaft oder dem öffentlichen Sektor. Sie sollen weiters Persönlichkeiten mit mehrjähriger Praxiserfahrung als Lei­tungsorgan oder als Mitglied des Aufsichtsrates eines Unternehmens sein. Insbeson­dere sind bei ihrer Bestellung die strengen Unabhängigkeits- und Unvereinbarkeitskri­terien des Österreichischen Corporate Governance Kodex einzuhalten und ist darauf zu achten, dass sie ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft unab­hängig von eigenen Interessen oder denen von ihnen nahe stehenden Rechtspersonen ausüben.

Abs 3 sieht ergänzende Unvereinbarkeitsregeln vor. Die Bestimmung ist auch auf die Bestellung von Aufsichtsrät*innen in Unternehmen anzuwenden, an denen die Beteili­gungsgesellschaften ihrerseits Anteilsrechte halten.

Eine vergleichbare Bestimmung fehlt jedoch für die Bestellung der Vorstände bzw. Ge­schäftsführer*innen der Beteiligungsgesellschaften.

Formal betrachtet können zwar die Organe der ÖBAG als Eigentümervertreter*innen direkt einzelne Aufsichtsrät*innen berufen, nicht jedoch die Vorstände, die ihrerseits von den Aufsichtsräten bestellt werden. Allerdings bedürfen die Vorstände gem. § 75 Abs 4 AktG des Vertrauens der Hauptversammlung und sind andernfalls abzuberufen. Daher besteht in der Praxis, wie der vorliegende Fall zeigt, auch bei der Bestellung der Vorstände sehr wohl eine Ingerenz der ÖBAG und in Folge des BMF.

Die Aufnahme einer dem § 5 ÖIAG-Gesetz 2000 entsprechenden Bestimmung auch hinsichtlich der Vorstände und Geschäftsführer*innen der Beteiligungsgesellschaften und ihrer Töchter wäre daher zur Hintanhaltung parteipolitischen Postenschachers dringend geboten und systemkonform umsetzbar.

In einem Kommentar in der Tageszeitung Der Standard vom 22.11.2019 leitete der be­kannte Finanzexperte Peter Doralt eine Pflicht zur objektiven Besetzung in Analogie aus § 4 Abs 1 StellenbesetzungsG ab. Eine gesetzliche Klarstellung könnte jedoch alle diesbezüglichen Zweifel beseitigen.

Bei Missachtung dieser Bestellungsvoraussetzungen wären außerdem Sanktionen für die handelnden Organe wie etwa Bußgelder, Haftung für eintretende Schäden und Amtsverlust vorzusehen.

Über die erfolgten Bestellungen von Vorstands- und Aufsichtsratspositionen soll der Bundesminister für Finanzen zeitnah dem Nationalrat Bericht erstatten und dabei unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte die wesentlichen Kriterien und Erwägungen für die Entscheidungsfindung, wie insbesondere die Qualifikationen und Berufserfahrungen, offen legen.

Darüber hinaus wurden im vorliegenden Fall durch die Umbestellungen auch Abfin­dungszahlungen in Millionenhöhe fällig. Diesbezüglich wäre gesetzlich vorzusehen, dass die Arbeitsverträge von Organen in staatsnahen Unternehmen stets mit Koppe­lungsklauseln an die Dauer der Funktion zu binden sind.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zu übermitteln, mit dem

1.         entsprechend dem § 5 ÖIAG-Gesetz 2000 Bestellungsvoraussetzungen auch für Vorstandspositionen und Geschäftsführer*innen eingeführt werden,

2.         Sanktionen für die bestellenden Organe bei Nichtbeachtung dieser Vorausset­zungen vorgesehen werden, wie insbesondere Geldbußen, Haftungen und Amts­verlust,

3.         eine Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur zeitnahen Berichter­stattung über erfolgte Organbestellungen in Beteiligungsgesellschaften der ÖBAG und deren Töchtern an den Nationalrat geschaffen wird, wobei die we­sentlichen Bestellungskriterien wie insbesondere Qualifikation und Berufserfah­rung offen zu legen sind sowie

4.         die Wirksamkeit der Arbeitsverträge mit solchen Organen stets an die tat­sächliche Dauer der Funktionsausübung zu koppeln ist.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. – Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung; weil er jetzt nicht verteilt wurde, wurde er verlesen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.