11.52

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wurm, wenn du glaubst, dass eine Gesellschaft, die täglich per Amazon mit Namen und Kreditkarte Waren bestellt und an die eigene Adresse versenden lässt, ein Problem damit hat, dass sie sich zum Schutz der eigenen Gesundheit im Gasthaus registrieren lässt, dann bestellst du dir am besten die Pizza nach Hause und versuchst das bitte, ohne deine Adresse dabei anzugeben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt kein günstigeres, aber auch kein besseres Konjunkturpaket für den ländlichen Raum als das Stärken und Fördern von regionalen Wirtschaftskreisläufen. Die regionale Wertschöpfung in einer Region zu halten, jeden einzelnen Euro mehrmals zwischen den Branchen im Kreis laufen zu lassen: Genau das ist das Modell, das Österreich nach 1945 zu dem gemacht hat, was es heute ist. (Abg. Wurm: Das macht ihr gerade kaputt, jetzt!) Ich glaube nicht an die Theorie Hayeks, der von der göttlichen, übergeordneten Wirt­schaftsmacht gesprochen hat, ich glaube an die Individualisten da draußen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), die mittels KMUs, mittels Gastronomiebetrieben und mittels bäuerlichen Familienbetrieben ein getragenes, lebendiges Land gestalten. (Beifall bei den Grünen.)

Genau die Gastronomie und die Hotellerie leben von der Kulturlandschaft und von der Identität einer Region. (Abg. Wurm: Was hat das mit der Identität zu tun?) Gemeinsam wirtschaften heißt auch, die Bedürfnisse des Gegenübers zu verstehen, und heißt auch, miteinander zu reden. Das Dorfwirtshaus ist der Kommunikationsraum schlechthin, das ist das Facebook und Twitter des ländlichen Raums. (Abg. Wurm: Das sind ja alles nur Lippenbekenntnisse!)

Spannungen, die zwischen Landwirtschaft und Tourismus entstehen, können sich am besten dann auflösen, wenn man voneinander profitiert. Diese Spannungen bestehen, ich bin selbst Bauer und weiß ganz genau, wie es zu Schwierigkeiten führt, wenn der Miststreuer vor der Frühstücksterrasse des Hotels vorbeifährt, wie es zu Problemen führt, wenn Touristen und Touristinnen über Almen und durch Weideviehherden lat­schen, und wie es zu Problemen führt, wenn Mountainbiker durch die Wälder fahren. Dieser Antrag führt zu einem besseren Verständnis und kann trotzdem nur ein erster Schritt sein.

Wir wechseln jetzt den Ort und gehen nach Traunkirchen am Traunsee, wo ein örtlicher Gewerbetreibender versucht, ein Gasthaus mit angeschlossener Hausschlachterei wie­der zum Leben zu erwecken, und an Grenzen stößt, obwohl sich das gesamte Dorf in­klusive des Bürgermeisters dafür einsetzt, damit das Gasthaus, das das einzige Gast­haus im Dorf wäre, wieder aufsperren kann. Warum stößt er an Grenzen? – Weil dort ein Zweitwohnsitzbesitzer alles blockiert. Das betrifft die Raumordnung, das betrifft die Gewerbeordnung. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wir haben noch viel zu tun, aber ich freue mich auf den ersten Schritt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

11.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmied­lechner. – Bitte.