12.08

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man den Außenpoliti­schen Bericht diskutiert, dann gilt es, gleich zu Beginn einmal jenen Danke zu sagen, die ihn in den letzten Monaten erstellt haben, den Beamtinnen und Beamten des Außen­ministeriums, von meiner Seite daher großen Dank an die Beamtenschaft! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Die Diskussion zum Außenpolitischen Bericht gibt uns Parlamentariern doch auch die Möglichkeit, grundsätzlicher über Außenpolitik zu diskutieren und auch ein bisschen Bilanz aus den letzten Monaten und dem letzten Jahr zu ziehen. Ich möchte da ganz exemplarisch drei Punkte herausgreifen, bei denen ich meine, dass es unsererseits mehr Anstrengungen geben sollte. Diese drei Punkte legen vor allem dar, wo Anspruch und Wirklichkeit der österreichischen Außenpolitik doch etwas weit auseinanderliegen.

Bei Punkt eins komme ich zu einem wichtigen Thema: zur Bekämpfung der Armut. Die Bekämpfung der Armut nimmt in Ihrem Regierungsprogramm, Herr Außenminister, ei­nen wichtigen Stellenwert ein. Sie haben die Bekämpfung der Armut als Ihr Ziel für diese Legislaturperiode erklärt, und, Herr Außenminister, Sie haben das auch kürzlich selbst in Ihrer Rede anlässlich des 75. Jahrestags der Vereinten Nationen in Genf einmal mehr unterstrichen. Sie haben gesagt, Armut und die Bekämpfung der Armut, das sind die großen internationalen Herausforderungen. – Ich gebe Ihnen da eigentlich inhaltlich voll­kommen recht, denn weniger Armut heißt mehr Stabilität, heißt mehr Friede, heißt mehr Wohlstand für die Gesellschaft in unserem Land und international. (Beifall bei der SPÖ.)

Allerdings sollte, wenn wir beide uns da so einig sind, der Beitrag Österreichs dazu auch dringend erhöht werden. Dass Österreich das international vereinbarte Ziel – Sie kennen das Ziel von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – nicht erreicht, derzeit sogar unter dem OECD-Schnitt liegt, ist für ein wohlhabendes Land wie Österreich inakzeptabel. Da müssen den Worten der Bundesregierung und auch Ihrem Regierungsprogramm, Ihren eigenen Zielen, endlich Taten folgen, umso mehr, als wir aus Studien wissen, dass es immer mehr Kinder sind, die weltweit unter Armut leiden und in Armut leben. Corona hat diese Situation und diese Zahlen in den letzten Monaten noch verschlechtert und drama­tisiert. Es sind weltweit 1,2 Milliarden Kinder, die in Armut leben.

Das bringt mich auch gleich zu meinem zweiten Punkt, nämlich dem Punkt des Multilate­ralismus. Auch da bekennt sich die Bundesregierung einerseits – und ich weiß das auch von Ihnen persönlich aus den vielen Sitzungen des Außenpolitischen Ausschusses, in denen Sie das immer wieder betonen – und bekennen Sie sich andererseits zum Multila­teralismus und zur internationalen Zusammenarbeit. Wenn aber dieses Bekenntnis Ih­rerseits und auch der gesamten türkis-grünen Bundesregierung nicht aktiv mit Leben erfüllt ist, dann ist es nicht mehr als eine leere Hülse, dann ist es nicht mehr als ein leeres Versprechen, weil gerade jetzt im Kampf gegen Corona eigentlich für uns alle sehr au­genscheinlich ist, dass wir eine mangelnde internationale Zusammenarbeit haben.

UN-Generalsekretär Guterres hat mit Recht in seiner Analyse gesagt, es fehle weltweit gerade jetzt in dieser Coronakrise an Vorbereitung, an Kooperation, an Einigkeit und Solidarität. – Ja, auch die österreichische Bundesregierung könnte stärker auf internatio­nale Kooperation setzen, nein, nicht könnte, sondern müsste stärker auf internationale Kooperation setzen. (Beifall bei der SPÖ.) Da rede ich auch davon, dass man interna­tionale Warnungen rechtzeitig ernst nimmt, zum Beispiel jene, die am 4. März aus Island gekommen sind und in denen über coronapositive Ischglrückkehrer berichtet wurde.

Die vergangenen Monate haben aber auch gezeigt, dass der Bundeskanzler Österreich innerhalb der Europäischen Union in eine zunehmend isolierte Position bringt. Das ist aus meiner Sicht eine bedenkliche Entwicklung. Ich denke da an die Vetodrohungen vor einigen Monaten gegen das EU-Budget, aber auch an den Widerstand gegen den EU-Wiederaufbaufonds in einer historisch einzigartigen Coronakrise.

Ich habe in den letzten Monaten auch den Eindruck gewonnen, dass – nennen wir es atmosphärische Störungen – diese atmosphärischen Störungen zwischen Österreich oder dem Bundeskanzler und der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland An­gela Merkel zunehmend zu einem Nachteil für Österreich werden könnten. Ja, es gibt nämlich viele Themen, die vermeintlich national sind, bei denen wir aber auf andere Partner, internationale, europäische Partner angewiesen sind. Das gilt sowohl für die Bewältigung der Gesundheitskrise, Herr Außenminister, als auch für den Bereich Wirt­schaft und Beschäftigung. Da braucht es nicht nur eine gute Innenpolitik, nein, da braucht es auch eine proaktive, starke Außenpolitik mit einem klaren Bekenntnis zu inter­nationalen, europäischen Partnerschaften, und nicht Isolation. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.