12.55

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Auf der Tagesordnung steht der Außen- und Europapolitische Bericht aus dem Jahr 2019 – ein guter Bericht, der jedoch bereits ein Jahr später nicht mehr aktuell ist, denn auf europäischer Ebene ist unglaublich viel passiert. Man könnte fast sagen, man befindet sich in einem neuen europäischen Zeitalter. Das Problem dabei ist nur: Es ist kein gutes, sondern ein schlechtes, denn wir erleben mittlerweile eine EU, die sich von der ursprünglichen, so wichtigen und richtigen Idee der Sicherung von Frieden, Freiheit und Wohlstand durch Kooperation und Zusammenarbeit, einem Europa der Vaterländer, offensichtlich zu einem riesigen zentralistischen Drüberfahrkonstrukt mit Allmachtsfanta­sien entwickelt hat, sehr geehrte Damen und Herren.

Wir erleben eine EU, die – komme, was wolle – wider jegliche Vernunft weiter Richtung Vereinigte Staaten von Europa steuert, inklusive Aufgabe nationalstaatlicher Souveräni­tät. Es ist eine EU der Lobbyisten, die immer mehr Schulden macht und zulasten weniger Nettozahler umverteilt. Es ist eine Union, die noch immer nichts aus der Flüchtlingskri­se 2015 gelernt hat, es nicht schafft, die Außengrenzen zu schützen, sich von der Türkei erpressen lässt und noch immer, wie in der aktuellen Asylpaktdebatte, von Flüchtlings­verteilung spricht. Es ist eine Union, der mittlerweile sogar das erste Mitgliedsland den Rücken kehrt. Vor allem erleben wir zurzeit eine Union, die die größte Gesundheits- und Wirtschaftskrise – die Coronakrise – dafür missbraucht, ihre eigene Macht und ihre Kom­petenzen zu erweitern. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist auf das Schärfste zu verurteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Stichwort Schuldenunion: Zum ersten Mal wird der EU gestattet, selber Schulden aufzunehmen und Finanzmittel auf dem Kapitalmarkt zu besorgen – ein gewaltiger Ta­bubruch in noch nie dagewesenem Ausmaß, sehr geehrte Damen und Herren, der in den nächsten Jahren noch fatale Konsequenzen haben wird. Das Traurige ist: Wieder einmal ist es niemand anderer als die ÖVP selber, die den Weg dazu geebnet hat. Ich gratuliere Ihnen, dass Sie schon wieder die Interessen der österreichischen Steuerzahler dermaßen verraten haben, werte ÖVP!

Es ist für mich auch unbegreiflich, warum Sie in der größten Gesundheits- und Wirt­schaftskrise der Zweiten Republik, in der viele Menschen vor dem Nichts stehen und dringend Hilfe benötigen, zugestimmt haben, dass wir in Zukunft auch noch für Schulden anderer Staaten zahlen und haften und weitere Milliarden an die Europäische Union überweisen. Erklären Sie einmal dem österreichischen Steuerzahler, werte ÖVP, warum es Sie nicht stört, dass wir ausgerechnet für Schulden jener Länder haften, die schon vorher katastrophal verschuldet waren und gewirtschaftet haben! Erklären Sie einmal, warum Sie monatelang eine gewaltige frugale Show abziehen und sagen, dass Sie Zu­schüssen niemals zustimmen werden, während wir am Ende statt 500 Milliarden 700 Mil­liarden Euro, sowohl Kredite als auch Zuschüsse, haben! – Ich gratuliere Ihnen zu die­sem Verhandlungserfolg! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Erklären Sie einmal dem Steuerzahler, warum Sie zustimmen, wenn 70 Prozent der EU-Coronahilfszahlungen laut Kommissionsvorschlag an Kriterien geknüpft werden, die nichts mit der Covid-Krise zu tun haben, wie zum Beispiel die Arbeitslosigkeit 2015! Er­klären Sie einmal, warum Sie zustimmen, dass die Europäische Union ständig ihre eige­nen Verträge bricht! Erklären Sie einmal, warum Sie sich immer hinstellen und behaup­ten, es gebe überhaupt keine Schuldenunion, und es sei ja nur eine einmalige Hilfe! Gleichzeitig geht aber Olaf Scholz, immerhin Finanzminister in Deutschland und keine unbekannte Persönlichkeit, hinaus und sagt: Die gemeinsamen Schulden werden zur Dauereinrichtung, und die Schuldenunion ist ein gewaltiger Fortschritt, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt. – Er ist zwar vollkommen daneben, aber im Gegensatz zu Ih­nen ist er wenigstens ehrlich, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Erklären Sie dem Steuerzahler auch einmal, warum Sie sagen, dass Sie diesen Hilfszah­lungen nur zustimmen, wenn Österreich seinen Rabatt behält, Ihr EU-Abgeordneter Ka­ras aber gleichzeitig hinausgeht und gegen einen österreichischen Rabatt stimmt!

Erklären Sie einmal, wie man als österreichischer Politiker ständig die Interessen der eigenen Bevölkerung am EU-Tisch dermaßen verkaufen und in Österreich ständig das Gegenteil erzählen kann! Erklären Sie das einmal, werte ÖVP!

Es ist auch kein Wunder, warum jetzt der Mehrjährige Finanzrahmen – wir hatten ja heute Budgetrede – so aussieht, wie er aussieht. Österreich wird mehr zahlen – auch wieder ein Wahlversprechen, das Sie gebrochen haben.

In Zusammenhang mit all den Hilfszahlungen möchte ich auch sagen, dass es schon lange kritisch zu beobachten ist, dass Sie bei den EZB-Staatsanleihenkäufen, die mittler­weile 4 Billionen Euro ausmachen, überhaupt nichts sagen.

Jetzt kam auch ein neuer Vorschlag betreffend eine digitale Währung, was auf Dauer nichts anderes als eine Abschaffung des Bargelds, totale Kontrolle und einen gewaltigen Einschnitt in die Freiheit des Einzelnen bedeutet. Ich weiß schon, Sie haben in den letz­ten Monaten gezeigt, dass Ihnen die Freiheitsrechte nicht viel bedeuten. Von uns gibt es jedoch dazu ein klares Nein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihre Lösung ist anscheinend immer nur: noch mehr EU, noch mehr EU und noch ein bisschen mehr EU. Werte Kollegen, es ist dringend an der Zeit, Ihre Vorgehensweise zu überdenken. Legen Sie endlich einmal die rosarote EU-Liebesbrille ab! Ein Mehr ist nicht immer gut. Wann, wenn nicht jetzt, müsste das Motto: Österreich zuerst! heißen? (Beifall bei der FPÖ.)

13.01

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.