15.00

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Seit Montag haben wir es schwarz auf weiß: Die unabhängige Expertenkommission hat im Auftrag des Tiroler Landtages untersucht, was beim Management des Covid-19-Problems in Ischgl denn der Fall war, und das Bild – das kann man, glaube ich, sagen – ist mehr als ernüchternd.

Auf allen Ebenen sind Fehler passiert – in der Gemeinde, im Bezirk, im Land und im Bund. Von Landesrat Tilgs: Wir haben „alles richtig gemacht“!, ist nicht viel übrig geblie­ben. Was in Tirol falsch gelaufen ist, das klärt dort der Landtag, und wir schauen uns hier an, was auf Bundesseite nicht so funktioniert hat, wie es hätte funktionieren sollen.

Wir haben nämlich einen Landesrat Tilg, politisch gesehen, auch im Bund, und der heißt Rudi Anschober. Minister Anschober hat erklärt: „Ich habe keinen Hinweis, dass auf Bun­desebene Fehler passiert sind“ – nachzulesen in der „Kronen Zeitung“ vom 29. März. Und: „Wir haben die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt“ – Presse­konferenz am 6. April 2020. Also auch das stellt sich heute nicht so dar, wie Sie es da­mals der Bevölkerung verkauft haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die unabhängige Expertenkommission sieht das anders als Sie und listet auch eine Reihe von Fehlern auf, die der Bundesebene zuzuordnen sind, davon natürlich nicht alle Ihnen persönlich, aber eine ganze Reihe schon. Es geht nicht nur um veraltete Rechts­grundlagen wie ein steinaltes Epidemiegesetz. Es geht um fehlende Pandemiepläne, es geht um die fehlende Vorbereitung der Evakuierung des Tals, um die mangelnde Abstim­mung zwischen den verschiedenen Ebenen der Verwaltung. Es geht auch um ein Hi­neingrätschen des fachlich nicht zuständigen Bundeskanzlers in gesundheitspolitische Maßnahmen, ohne das Wissen der vollziehenden Behörden, indem der Bundeskanzler Quarantänen von ganzen Tälern ankündigt.

Es geht aber auch um Sie als Gesundheitsminister, wenn Sie untätig danebenstehen und zusehen, wie der Bundeskanzler vorgeht, ohne zuständig zu sein, und sich darauf beschränken, uns sechs Monate lang die Infektionszahlen von März immer von Neuem zu erzählen.

Es geht um Fehleinschätzungen von Behörden betreffend das Ansteckungsrisiko, um eine verfehlte Öffentlichkeitsarbeit und um eine Politik, die glaubt, dass Krisenmanage­ment vor den Fernsehkameras gemacht wird und nicht mit Taten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Beginnen wir chronologisch, um dieses Bild der Konzept- und Planlosigkeit der Gesund­heitspolitik, für die Sie federführend verantwortlich sind, auch hier für die Zuhörerinnen und Zuhörer besser begreiflich zu machen!

Am 27.1. haben Sie über die „Wiener Zeitung“ erklärt: „Die echte Grippe ist aktuell bei uns viel näher und gefährlicher als das Coronavirus“. Am 12.2. haben Sie in einer Aus­sendung zusammengefasst: „Alle 105 Coronavirus Tests in Österreich negativ“, „Influen­za-Welle rollt hingegen weiter“.

Na gut, okay, da will ich jetzt nicht päpstlicher sein als der Papst. Mitte Februar haben wir über das Coronavirus noch nicht so viel gewusst. Am 23. Februar – und da war es dann schon ein bisschen unmittelbarer da – haben Sie aber erklärt, dass bei den Di­rektflügen aus China „extrem gut überprüft“ werde. Da mussten Sie dann aber später zugeben, dass es sich auf Fiebermessungen beschränkt hat und dass man bei Fieber­messungen schon einiges an Glück braucht, um einen Coronafall herauszuzuzeln.

Am 25. Februar haben Sie gesagt, dass Sie Grenzschließungen zu Italien ausschließen. Was wir wenige Tage später gehabt haben, ist bekannt, und „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ haben schon größere Geister gesagt.

Am 1. März haben die Österreicher von Ihnen via „Kronen Zeitung“ mitgeteilt bekommen, Zitat Rudi Anschober: „Wir raten der Bevölkerung auch nicht an, Schutzmasken zu tragen.“

Die „Krone“ hat dann am 29. März nachgefragt: „Werden wir alle bald mit Masken unter­wegs sein?“, und am 29. März haben Sie geantwortet: „Ich glaube nicht. Aber wir werden in einzelnen Zielgruppen testen, wie groß das Risiko einer Erkrankung ist, manche wer­den dann mit Masken ausgestattet. Eine flächendeckende Ausstattung hat aus meiner Sicht keinen Sinn. Für das Alltagsleben ist das nicht erforderlich.“

Einen Tag später – bitte: einen Tag später! – sind Sie mit Kurz dagestanden und haben die Maskenpflicht im Supermarkt, in der Trafik, im Postamt und in der Bank verkündet. Erklären Sie mir nicht, dass Sie das nicht schon einen Tag vorher gewusst hätten! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Am 5. März haben Sie den Hundeblick Ihres Agur nachgeahmt und haben erklärt: „Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es ausreichend entsprechende Schutzmasken für medizinisches Personal.“ Zwei Wochen später hat ein verzweifelter Ärztekammerpräsident der Öffent­lichkeit ausgerichtet, dass sie seit Wochen händeringend Masken für die Spitäler und für den niedergelassenen Bereich brauchen, und der Ärztekammerpräsident hat gesagt: „Es klappt schlicht nicht“.

Viele Arztpraxen waren darauf angewiesen, dass sie Sachspenden aus dem privaten Bereich bekommen haben, damit sie überhaupt weiterarbeiten können. Manche Mitar­beiter aus Spitälern sind in den nächsten Spar oder Billa gegangen und haben sich dort einen Mund-Nasen-Schutz geholt, weil bei ihnen im Spital nichts mehr zu haben war.

Am 13.3., und jetzt kommen wir terminlich der Sache schon näher, hat Sie „Der Stan­dard“ gefragt: „Sie schließen Ausgehverbote aus?“ Minister Rudi Anschober antwortet: „Nichts davon ist in Planung.“ – Ja, bei den verpfuschten Verordnungen kann man na­türlich von – unter Anführungszeichen – „Planung“ nicht reden.

Am 14.3. steht in der „Kleinen Zeitung“, Zitat Rudi Anschober: „Es wird keine Ausgangs­sperren geben“, und am 16.3., zwei Tage danach, haben wir dann die Ausgangsbe­schränkungen erhalten, und da rede ich noch gar nicht vom Ostererlass, der dann einige Tage später gekommen ist, der sogar private Besuche hätte beschränken sollen – ein besonderes Highlight aus Ihrer Verordnungswerkstatt.

Also was wir Ihnen als Minister glauben können, ist anhand der genannten Zitate, glaube ich, gut unterstrichen, und, geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer, denken Sie daran, wenn der Minister nachher auf meine Fragen antwortet, wie das ist. Das kann nämlich morgen schon ganz anders ausschauen, als er es uns heute sagt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zurück zu Ischgl: Am 4. März notifiziert Island Österreich über das Early Warning and Response System, dass es Covid-19-Fälle gibt, die auf Ischgl zurückzuführen sind. Das Ministerium hat diese Information an das Land Tirol weitergegeben, und ja, nach dem Epidemiegesetz ist einmal in erster Linie der Bezirkshauptmann zuständig – aber dann ist nichts passiert. Am 5. März ist nichts passiert, am 6. März ist nichts passiert, am 7. wieder nicht. Am 8. haben sich dann die Norweger gemeldet und haben auch über das europäische Warnsystem Covid-19-Fälle mitgeteilt. (Abg. Hörl: So ein Blödsinn!) – Kol­lege Hörl wird sich nachher melden, denn er kennt die Abfolge ganz genau! (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wo ist die Maske vom Hörl, wenn man sie braucht? (Abg. Hörl hält einen Mund-Nasen-Schutz in die Höhe.)

Der Bezirkshauptmann hat bis zum 8. März nichts gemacht, der Landeshauptmann hat bis zum 8. März nichts gemacht, und in der mittelbaren Bundesverwaltung ist natürlich der Gesundheitsminister die oberste Behörde. Wenn die unten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, dann muss die Stelle oben eine Weisung erteilen, damit die unten spuren. Sie haben aber das gemacht, was Sie am besten können: anschauen, zuschau­en und wegschauen, und das ist das, was ich anschobern nenne. Diesem säumigen Landeshauptmann und diesem säumigen Bezirkshauptmann hätte man einmal den Tur­bo aufdrehen müssen. Beim Bürgermeister von Linz haben Sie es ja gemacht! Als Luger gesagt hat: Sie können mich mit Ihrer Ampel mal!, haben Sie ihm auf Twitter ausge­richtet: Mittelbare Bundesverwaltung, ich bin der Chef und sage dir, was du zu tun hast! – Das hätten Sie aber bei den Tirolern machen sollen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeord­neten der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Wenn jetzt die Expertenkommission zu dem Schluss kommt, dass man Ischgl spätestens am 9. März hätte schließen müssen, dann liegt die Verantwortung in erster Linie beim Bezirkshauptmann, aber eben nicht nur, weil Sie als Gesundheitsminister an der Spitze der Weisungskette stehen. Sie kannten die internationalen Warnungen und Sie hätten daher wissen müssen, dass es auch um die internationale Reputation Österreichs geht.

In diesen Tagen, eben am 13. März, stehen Bundeskanzler Sebastian Kurz, Gesund­heitsminister Anschober und der Minister von der Flex Nehammer nebeneinander und geben eine Pressekonferenz. Es wird mitgeteilt, dass die Quarantäne über Sankt Anton und über das Paznauntal verhängt wird; und ja, das hat Herr Kurz gesagt. Warum richten wir diese Dringliche Anfrage dann an Rudi Anschober? – Gut, bitte: Wenn in einer Regie­rung vorne der Bundeskanzler steht und daneben der fachzuständige Ressortminister, und der Bundeskanzler erklärt es, dann darf doch der Bürger davon ausgehen, dass die vorher darüber miteinander geredet haben, was da präsentiert wird. Es ist ja eine Re­gierung, da darf man davon ausgehen, dass die dasselbe wollen. Man darf auch davon ausgehen, dass eine ÖVP/Grüne-Bundesregierung mit einer ÖVP/Grüne-Landesregie­rung im Gespräch ist.

Man darf daher annehmen, dass das alles abgestimmt war – und Sebastian Kurz hat gestern den Medien gesagt, es war alles abgestimmt. Daher können Sie sich als der fachzuständige Minister nicht aus der Affäre ziehen. (Beifall bei den NEOS, bei Abge­ordneten der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

Also Sie beide haben das da verkündet, und ja, es war nichts abgesprochen, wie sich aus dem Expertenbericht ergibt. Es war die Verordnung nicht fertig vorbereitet und veröf­fentlicht, es gab keinen Plan für die Evakuierung des Paznauntals, alles, was es gab, war diese Pressekonferenz – und der Rest war Chaos. Damit war der 13. März quasi der Auftakt zu einer Reihe von: Rechtsetzung durch Pressekonferenz. Wir haben es in den folgenden Wochen und Monaten immer wieder erlebt, dass in Pressekonferenzen Dinge verkündet wurden, die sich dann so im Gesetz, in der Verordnung gar nicht ge­funden haben – Stichwort: Es gibt nur vier Gründe, das Haus zu verlassen, und andere Dinge.

Dass das bedenklich ist, sollte man inzwischen gelernt haben, und dass das Konse­quenzen verlangt, sollte man inzwischen auch wissen. Am 13.3. haben Sie durch diese Rechtsetzung via Pressekonferenz nicht nur unklug gehandelt, sondern im Paznauntal ein gewaltiges Chaos verursacht und für den erfolgreichen Export des Coronavirus ge­sorgt, weil jetzt europaweit 11 000 Infektionen auf Ischgl zurückzuführen sind. Da sagen die Ischgler natürlich richtig: Wir haben es nicht erfunden!, aber der Imageschaden für das Paznauntal, für das Bundesland Tirol und für die Skidestination Österreich insge­samt ist enorm, und den müssen Sie sich auch zu einem guten Teil zuschreiben lassen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

Inzwischen hat das System, dass Maßnahmen verkündet werden und die Normunter­worfenen, also die Bürgerinnen und Bürger, im Internet suchen müssen, ob die Verord­nung schon publiziert ist, die da angekündigt wurde. Man ist eigentlich als Bürger zur ständigen Rechtsrecherche verdammt. Das, was der Landeshauptmann von Salzburg mit der Verordnung für den Tennengau gemacht hat, war genau das Gleiche. Das war auch schon lange verkündet, aber noch lange nicht online. Da haben Sie quasi einen neuen Trend gesetzt, dem die Landeshauptleute brav folgen.

Was aber ist in den letzten sieben Monaten inhaltlich passiert? Wie sind wir weiterge­kommen? Wie ist Österreich besser geworden und wie sind wir in der Pandemiebekämp­fung krisenfester geworden?

Ich behaupte, heute, sieben Monate nach der damaligen berühmten Pressekonferenz, stehen wir im Wesentlichen dort, wo wir im März gestanden sind. Die Regierung stolpert von Woche zu Woche und man wartet immer mit Spannung auf die nächste Pressekon­ferenz, was uns dort wieder kredenzt wird. Die Wirtschaftsministerin phantasiert jetzt schon vom nächsten Lockdown, der Gesundheitsminister sagt: Nein, Lockdown wird es keiner!, aber wir wissen aus dem COVID-19-Maßnahmengesetz, dass Betretungsverbo­te auch verhängt werden können, ohne dass es ein völliger Lockdown wird – also die Unsicherheit ist gestreut.

Ich erinnere Sie auch an die Ampelregelung, die präsentiert worden ist: Die Verordnun­gen dazu hätten Sie über den ganzen Sommer vorbereiten können, damit sie dann, wenn die Ampel geschaltet wird, auch verordnet werden können – haben Sie nicht; die Ampel blinkt in allen Farben, aber die Maßnahmen zu den Farben sind reine Willkür.

Ich habe es heute mit Kollegin Neßler schon diskutiert: Nehmen wir das Beispiel der Sperrstunde in der Gastronomie, 22 Uhr in den westlichen Bundesländern. Das haben zuerst Sie verordnet, bevor es die Landeshauptleute verordnet haben. Jetzt haben wir in Oberösterreich die Sperrstunde um 1 Uhr, in Salzburg die Sperrstunde um 22 Uhr für die Restaurants, aber für die Hotelbars gilt das nicht, und in Tirol ist es 22 Uhr im Restaurant und im Hotel. In Vorarlberg ist es dann wieder anders, und über der Grenze ist es völlig anders. Was sind die sachlichen Gründe für diese Unterschiede zwischen Oberösterreich, Salzburg und Tirol? – Die gibt es nicht, die sucht man vergebens. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Ries.)

Und obwohl der Verfassungsgerichtshof schon Verordnungen aufgehoben und darauf hingewiesen hat, dass sie nicht ausreichend fundiert waren, gibt es wieder Verordnun­gen, die sachlich nicht fundiert sind.

Was haben wir in Bezug auf die Zahlen der Covid-Erkrankten dazugelernt? – Wir wissen von den Menschen, die bei uns im Spital landen, bis heute nicht, welche Vorerkrankun­gen sie hatten, damit man das aufgliedern könnte. Wir wissen nicht, welche Medikamen­te die Covid-Patienten sonst bekommen haben. Wir wissen es nicht einmal von den Ver­storbenen, dass man vielleicht schauen könnte, welche Medikamente zu einem schlech­teren Verlauf führen oder welche einen Verlauf mildern. Das Datenmaterial ist unterir­disch, und das, was zum Beispiel die Ages hat – und die hat ja vieles –, darf sie dem Parlament gar nicht zur Verfügung stellen. Das haben vielleicht Sie als Minister, aber die Abgeordneten hier haben es nicht und bekommen es auch nicht.

Das Tracking und Tracing funktioniert nicht. Bürger bekommen die Ergebnisse ihrer Co­vid-Tests nach fünf bis zehn Tagen – ich meine, in diesem Zeitraum haben Sie fünf bis sieben Pressekonferenzen abgehalten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Da muss ich aber nachher auch kein Tracking und Tracing mehr machen, denn in der Zwischen­zeit hat der Angesteckte schon weitere Leute angesteckt, wenn das so lange dauert. Jetzt können Sie sagen: Ja, da sind die Länder verantwortlich! – Das glaube ich nur zum Teil, denn am Schluss landet das immer oben bei Ihnen als Gesundheitsminister, weil Sie im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung dafür zuständig sind. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

Inzwischen sind weit über 100 000 Personen als Kontaktpersonen ersten Grades abge­sondert worden, aber viele von denen sehen nie einen Absonderungsbescheid, das funktioniert nicht, auch das macht die Bezirksverwaltungsbehörde in mittelbarer Bundes­verwaltung. Diese Leute brauchen einen Arbeitgeber, der gnädig über die Unfähigkeit des öffentlichen Systems hinwegsieht und den Menschen glaubt, dass sie behördlich abgesondert worden sind, weil er keinen Ärger haben will. Die können ihm aber keinen Absonderungsbescheid liefern und es ist nicht geklärt, ob bei diesen Kontaktpersonen ersten Grades die Absonderung überhaupt die gelindeste Maßnahme ist, bei dieser ge­waltigen Freiheitseinschränkung. Das haben Sie bis heute nicht geklärt, sieben Monate nach dem Beginn des Wahnsinns. Was im März noch verständlich war, weil die Krise neu war und über Österreich und andere Länder überraschend hereingebrochen ist, das kann man heute, sieben Monate danach, so nicht mehr nachsehen.

Ein anderes Beispiel: Während die Deutschen seit Monaten eine Regelung dafür haben, wie die Ärzte für die Durchführung von Covid-Tests honoriert werden, haben wir zwar eine gesetzliche Bestimmung im § 742 ASVG, aber die Verordnung dazu haben Sie bis heute nicht erlassen. Oder der Pandemieplan, den die Expertenkommission auch moniert: Den gibt es nicht, den hat es im März nicht gegeben, den gibt es heute nicht. Wie wird man im nächsten Winter vorgehen, falls ein Tal zu evakuieren ist? Gibt es Evakuierungs­pläne? – Gibt es nicht.

Wie Schulen offen gehalten werden, wie der Arbeitsprozess am Laufen gehalten wird, all das bleibt im Dunkeln. Sie sprechen davon, dass Sie Maßnahmen in der Schublade haben, in Ihrer Schublade. Sie sind so lange in der Politik, Herr Minister, Sie könnten wissen, dass in dem Moment, in dem Sie davon reden, dass Sie Maßnahmen in der Schublade haben, die Aufmerksamkeit wo ist? – Bei der Schublade. Jeder will jetzt wis­sen: Was plant der noch alles, was hat der noch alles vor? Damit schüren Sie Unsicher­heit, Unsicherheit bei den Menschen, bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Unter­nehmern, die investieren sollen. Sie sind verantwortlich für die Unsicherheit. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Ich resümiere also: Sieben Monate und 100 Pressekonferenzen nach dem Chaos in Ischgl ist die Regierung gleich weit wie damals, und fachlich verantwortlich sind Sie, Herr Gesundheitsminister. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

15.19

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich nun der Herr Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Minister Anschober.