15.57

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Ministerin! Werter Bundeskanzler! Als erste Frau bei dieser Debatte möchte ich schon darauf hinweisen: Ich verstehe natürlich, dass es für die Sozialdemokratie schmerzlich ist, dass das, was sie bei ihrem damaligen Antrag als Erfolg verbucht hat, jetzt zurückgenommen wird. Was ich aber nicht verstehe, ist, wie man diese Regelung nach wie vor so verteidigen kann.

Es ist eine Regelung, von der wenige Männer mit sehr hohen Pensionen, mit den höchsten Pensionen profitieren. Wir reden da von einer Pension von 2 845 Euro (Abg. Wurm: Brutto!), fast dem Zweieinhalbfachen der Frauenpension. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kickl. – Abg. Wurm: Brutto!) Im ersten Halbjahr hat nur eine einzige Frau davon profitiert, und in den nächsten sieben Jahren wird sich das auch nicht ändern. (Beifall bei den Grünen.) Eine einzige Frau hat bisher davon profitiert. Die Sozialdemokratie hat definitiv Verdienste im Bereich Feminismus, aber was diese Frage betrifft, ganz sicher nicht. (Abg. Belakowitsch: Das ist eine feministische Frage, keine Pensionsfrage!)

Worum geht es? – Es geht darum, dass wir ein Pensionssystem haben wollen, das möglichst gerecht ist, das darauf abzielt, dass die Menschen, die viele, viele Jahre ihres Lebens gearbeitet haben, eine gute Pension haben. (Abg. Kickl: ... gerade vor dem Fernsehapparat!) Es gibt ganz grundsätzlich schon einen Gender Pension Gap, der gigantisch ist, weil Frauen viel, viel niedrigere Pensionen haben als Männer. Diese Abschlagsfreiheit der Hacklerregelung hat diesen Gender Pension Gap noch weiter vergrößert. Statt einer Regelung, von der circa 8 000 bis10 000 Männer mit guten, hohen Pensionen profitieren, schaffen wir jetzt eine Regelung, von der 60 000 Menschen pro­fitieren, Männer wie Frauen. Also läuft auch Ihr Argument, da würden Männer gegen Frauen ausgespielt, ins Leere, weil es nicht richtig ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Von unserer neuen Systematik, von dem Frühstarterbonus profitieren beide Geschlechter, und es profitieren vor allem jene, die besonders früh in ihrem Leben zu arbeiten angefangen haben.

Herr Kollege Wurm hat gemeint, ich und der Herr Bundeskanzler, wir hätten beide nicht früh zu arbeiten begonnen. Das ist durchaus richtig, ich habe tatsächlich eine höhere Schule besucht, aber mein erster Job war mit 16 in der Metallverarbeitung (Zwischenruf bei der SPÖ), im Akkord Ventile, Schrauben und Gitterboxen mit vielen Kilo Metall durch die Gegend zerren. (Abg. Keck: Einen Monat lang!) Ich habe diese Arbeitsrealität selber gesehen, und ich weiß, wie schwer das ist und was das bedeutet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Keck: Einen Monat lang! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Die Behauptung, die hier aufgestellt wird (Rufe bei der SPÖ: Das ist ein Wahnsinn! ... Ferialpraktikanten!), es würde hier um die klassischen Hackler im Metallbereich gehen, ist ja nicht richtig. Erstens einmal sind 55 Prozent der Menschen, die in der Regelung sind, Angestellte, und zweitens schaffen diejenigen (Zwischenruf des Abg. Stöger), die wirklich diese enorm schwierigen Schwerarbeiterjobs haben, die 45 Jahre doch gar nicht (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stöger), die sind ja davor schon in der Invaliditäts­pension. Das ist die Realität. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Ah! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Keck.)

Wir verteilen mit dem Frühstarterbonus um. (Abg. Belakowitsch: Das ist eine billige Lösung!) Den Betrag, den man für die Abschlagsfreiheit aufgewendet hat, verteilen wir nun auf wesentlich mehr Menschen. (Abg. Belakowitsch: Sie wissen nicht, was Sie da sprechen!) Das sind 840 Euro im Jahr. Bei der niedrigen Frauenpension, bei der durchschnittlichen Frauenpension ist das fast eine 15. Pensionsauszahlung. (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch.)

Das ist ein Modell, das die Altersarmut von Frauen bekämpft (Zwischenruf des Abg. Stöger), genauso wie im Übrigen auch die Erhöhung der Ausgleichszulage, die wir heuer schon beschlossen haben, die Altersarmut von Frauen bekämpft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind tatsächlich feministische frauenpolitische Ansätze (Heiterkeit der Abg. Heinisch-Hosek – Abg. Belakowitsch: Um Gottes willen!), und nicht wenn Sie (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) für die offensichtlich männlich dominierte Gewerkschaft immer noch Politik für Männer (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und nicht Politik für Frauen machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich möchte schon auch noch darauf hinweisen (Zwischenruf des Abg. Keck): Selbst­verständlich hat jeder, der 45 Jahre gearbeitet hat, das gute Recht – 45 Jahre sind genug –, frühzeitig in Pension zu gehen (Abg. Keck: Aber nicht abschlagsfrei! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), aber diese Pensionen sind ziemlich hoch. Die Frauen, die sehr oft Betreuungspflichten hatten (Abg. Keck: Das ist ein Wahnsinn!), die in der Realität gar nicht in die Lage kommen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), 45 Jahre zu erreichen (Abg. Keck: Sie haben keine Ahnung von irgendetwas!), gehen bei dieser Regelung leer aus. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Keck – mit sehr lauter Stimme –: Hören Sie auf! Unverschämt, was Sie hier sagen!) – Jetzt kriege ich langsam Angst hier am RednerInnenpult - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Keck.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte mäßigen Sie sich, auch trotz aller Emotio­nalität! Es braucht hier niemand Angst zu haben und schon gar nicht - - (Abg. Keck: Das ist eine Verhöhnung der arbeitenden Menschen in Österreich!) – Sie können sich hier zu Wort melden und Ihren Beitrag leisten! (Abg. Keck: Das wird schon noch kommen! – Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (fortsetzend): Was mir noch wichtig ist: Es ist ein Fixbetrag, das heißt, die Menschen mit niedrigen Pensionen, also die, die am wenigsten Geld zum Leben haben, profitieren überproportional. Das ist gut und wichtig in der Bekämpfung der Altersarmut und es ist auch ein Ausgleich für die große Ungerechtigkeit, die wir in diesem Land nach wie vor zwischen Männern und Frauen, zwischen hohen und niedrigen Einkommen haben.

Ich denke, das ist eine sehr gute Lösung, eine sehr faire Lösung, von der wesentlich mehr Menschen profitieren, nämlich sechs Mal so viele als von der derzeitigen Rege­lung. Ich glaube, wir als Politikerinnen und Politiker sind es der Gesellschaft schuldig, Systeme zu bauen, die so gerecht und sachgerecht wie möglich sind. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte. (Zwischenruf bei der SPÖ.)