18.44
Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Man kann ohne Übertreibung sagen, dass es fast keinen anderen Gesellschaftsbereich gibt, der in der Coronakrise dermaßen vernachlässigt und im Stich gelassen wurde wie der österreichische Sport. Viele Sportler, Trainer, Vereine, Funktionäre stehen seit Monaten vor dem absoluten Nichts. Sie werden mit immer neuen Verordnungen, Verboten und jetzt mit einem neuerlichen Shutdown immer mehr gequält. Ich muss sagen, als ehemalige Profisportlerin macht es mich fast narrisch, dass man den Sport ständig irgendwie als Nebensache oder Hobby abtut und behandelt. Es macht mich narrisch, dass man ständig behauptet, man könne in der Gesundheitskrise auf den Sport locker verzichten. Ständig hört man solche unqualifizierten Kommentare, die an Ignoranz nicht mehr zu überbieten sind, sehr geehrte Damen und Herren.
Sport ist nicht Hobby und auch nicht Freizeit – das auch –, Sport ist für unglaublich viele Menschen ihr Beruf, ihre Karriere und ihr Leben; sie leben vom Sport und für den Sport. 15 000 Sportvereine, fast 600 000 Ehrenamtliche, über zwei Millionen Mitglieder sind nicht nur ein volkswirtschaftlich bedeutender, sondern auch ein systemrelevanter Faktor. Trotzdem hat man seit Beginn der Krise von heute auf morgen ohne jegliche Differenzierung einfach einmal alles verboten und zugesperrt. Man hat Spiele und Trainings untersagt, Saisonen beendet, ja man hat sogar Parks geschlossen und sogar das Laufen verboten. Da hat man sich an Absurditäten geradewegs überschlagen. Wenigstens haben Sie, sehr geehrter Herr Vizekanzler, jetzt, im zweiten Lockdown, zumindest schon verstanden, dass Spitzensport eine berufliche Tätigkeit ist und daher weiterlaufen muss. Ich gratuliere! Jetzt fehlt nur noch, dass Sie auch verstehen, dass Sport auch für die Gesundheit der Erwachsenen und vor allem der Kinder in diesem Land wichtig ist.
Dank Ihrer Maßnahmen stehen viele Vereine vor dem Nichts, sie haben keine Einnahmen, jedoch aber fortlaufende Kosten. Für Kunst und Kultur war sofort ein Hilfspaket vorhanden, für den Sport gibt es erst seit Mitte des Sommers einen Hilfstopf. Dennoch werden die Vereine immer wieder mit neuen Verordnungen und Zwangsmaßnahmen gequält; Stichwort Zuschauerbeschränkungen, wobei absolut niemand versteht, warum wir mittlerweile die fünfte anderslautende Zahl und Vorgabe haben und Sie nicht einmal einen Prozentsatz festlegen – orientiert am Fassungsvermögen der jeweiligen Sportstätte, mit einem gescheiten Hygienekonzept –, was den Vereinen viele Kosten und Schäden ersparen würde.
Aber nicht nur die Hilfsmittel sind notwendig – wobei ich wirklich hoffe, Herr Minister, dass Sie bei all dem Verordnungschaos Ihr Wort halten werden und wirklich alle Vereine auch die Mittel und die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Ich hoffe, dass Sie zu dem Wort stehen, denn ansonsten sind Sie es, der für das größte Vereinssterben aller Zeiten verantwortlich ist.
Abgesehen von den Hilfsmitteln und Hilfsgeldern vermisse ich auch sonstige Initiativen, um dem Sport zu helfen. Wie sieht es zum Beispiel mit zusätzlichen Übertragungsmöglichkeiten sowohl im Fernsehen als auch via Onlinestreams aus? Gerade der Frauensport leidet unter den fehlenden Übertragungsmöglichkeiten. Der Frauensport ist Ihnen aber anscheinend nicht besonders viel wert, wie wir auch im Budgetausschuss gesehen haben, weil Sie nicht einmal sagen können, wie viel aus diesen Hilfsmitteln den Frauen tatsächlich zugutekommt.
Wie sieht es aus, Herr Minister, versuchen Sie, den Wegfall der vielen Sponsoren irgendwie zu kompensieren oder abzudämpfen, indem Sie zum Beispiel Sponsoring auch ohne Werbewert oder Spenden absetzbar machen?
Sehr geehrter Herr Minister, Sie verkennen seit Monaten vollkommen, wie wichtig der Sport für die Gesundheit der Bevölkerung und vor allem für unsere Kinder ist, und nehmen in Kauf, dass durch mangelnde Bewegung auf lange Sicht massive Kollateralschäden entstehen. Aus dem ersten Lockdown wissen wir bereits, dass sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung durch Bewegungsmangel massiv verschlechtert hat. Jetzt schließen Sie – absolut unverständlicherweise – nicht nur die Schulen, sondern verhindern auch wieder den Vereinssport und nehmen damit unseren Kindern jegliche Möglichkeit, sich ausreichend zu bewegen und Sport zu betreiben. (Beifall bei der FPÖ.)
Aus diesem Grund, sehr geehrter Herr Vizekanzler, sehr geehrte Damen und Herren, bringe ich auch folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ausreichend Bewegung sicherstellen und Sportstätten öffnen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofortige Schritte zu setzen, um in Zeiten der ,de facto-Schulschließung‘ ausreichend Bewegung an österreichischen Schulen sicherzustellen und eine rasche Öffnung aller Sportstätten, mit entsprechenden Hygiene- und Präventionskonzepten, für den Breitensport zu ermöglichen.“
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Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und den Grünen, kommen Sie endlich zur Vernunft, stoppen Sie diesen Verordnungs- und Verbotswahnsinn! Sorgen Sie für die notwendige Hilfe und beenden Sie endlich dieses gesundheitspolitische Verbrechen an unseren Kindern, bevor Sie Schäden anrichten, die nicht mehr gutzumachen sind! (Beifall bei der FPÖ.)
18.50
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Steger
und weiterer Abgeordneter
betreffend ausreichend Bewegung sicherstellen und Sportstätten öffnen
eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (380 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021) samt Anlagen (449 d.B.), Untergliederung UG 17 – Öffentlicher Dienst und Sport, in der 62. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2020
Im Wirkungsziel 4 Ihres Ministeriums wird festgehalten, dass Sport und Bewegung als Grundlage für eine gesunde Lebensführung in allen Altersgruppen gestärkt werden soll. In der Beantwortung einer schriftlichen Budgetanfrage schreiben Sie: „Eine inaktive Lebensführung frei von Sport und Bewegung stellt ein erhöhtes Gesundheitsrisiko dar. Ein zentrales Ziel ist es daher, die Anzahl der Menschen zu erhöhen, die regelmäßig Sport betreiben. Denn derzeit bewegen sich die Österreicherinnen und Österreicher in Relation zu den Bewegungsempfehlungen der WHO und auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu wenig. Diese Herausforderung gilt es, für alle Altersgruppen und nicht zuletzt für besonders inaktive Bevölkerungsgruppen durch gezielte Förderungen im Bereich des Gesundheits-, Schul- und Breitensports anzupacken.“
Gerade in Zeiten des Coronavirus ist es umso wichtiger, dass sich Schulkinder aller Altersgruppen für eine tägliche Bewegungseinheit begeistern. Durch Sport wird Stress abgebaut, das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und die Aufmerksamkeitsspanne – auch für andere Unterrichtsfächer – erhöht. Schulsport bietet für einige Kinder die einzige Möglichkeit regelmäßig Sport zu betreiben und auch die Freude an der Bewegung zu erleben.
Fakt ist: Schüler brauchen Bewegung. Wenn möglich, sollen regelmäßige Bewegungseinheiten im Freien abgehalten werden, auch Wanderungen oder Spaziergänge sind denkbar. Aufgrund der kleineren Klassen, ist der Sportunterricht jedoch auch in den Turnsälen oder umliegenden Sportstätten möglich.
In den „Österreichischen Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung“ empfiehlt der Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) allen Kindern und Jugendlichen altersgerechte Bewegung zu ermöglichen. Auch die WHO empfiehlt zumindest 60 Minuten Bewegung für Kinder zwischen fünf und 17 Jahren. Die AGES hat festgestellt, dass Sport einer der Bereiche ist, der bisher keine Corona-Cluster produzierte. Laut diverser Studien, sind Kinder und Jugendliche überhaupt nur selten an den Folgen des Covid-Virus´ betroffen – sie spielen in der Corona-Pandemie nur eine untergeordnete Rolle, da sehr wenige symptomatische Verläufe festgestellt werden und sie das Virus auch nur selten weitergeben.
Nicht nur für Schüler, sondern auch für Vereinssportler ist derzeit der Mangel an Bewegung ein Problem, denn die Betretung der geschlossenen Sportstätten für Hobby- und Amateursportler ist verboten. Es ist jedoch nicht einzusehen, dass nur Spitzensportler ihre sportliche Tätigkeit ausüben dürfen, weshalb - wie auch in anderen Bereichen - Vereins- und Hobbysportler die Möglichkeit bekommen sollen, die Sportstätten mit entsprechenden Hygiene- und Präventionskonzepten betreten und verwenden zu dürfen. Trainingseinheiten in geschlossenen Räumlichkeiten müssen, analog zum Spitzensport, erlaubt sein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofortige Schritte zu setzen, um in Zeiten der ,de facto-Schulschließung‘ ausreichend Bewegung an österreichischen Schulen sicherzustellen und eine rasche Öffnung aller Sportstätten, mit entsprechenden Hygiene- und Präventionskonzepten, für den Breitensport zu ermöglichen.“
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Frau Abgeordnete Gudrun Kugler, Sie gelangen als Nächste zu Wort. – Bitte.