10.38

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Plenum! Verehrte Zuhörerinnen und Zu­hörer! Im Rahmen dieses Kapitels Soziales und Konsumentenschutz wird auch das so wichtige Thema Pflege erörtert, und lassen Sie mich eingangs auch nochmals den ausdrücklichen Dank an jene Personen aussprechen, die im Bereich der Pflege arbeiten, entweder ehrenamtlich oder beruflich: im Bereich der Gesundheitsversorgung oder in den vielen Pflegeeinrichtungen, in der 24-Stunden-Betreuung, als Angehörige oder bei den mobilen Diensten – alle leisten in dieser Zeit, in dieser Coronakrisenzeit eine wahn­sinnig wertvolle und aufwendige Arbeit, und das soll hier vom Parlament auch besonders bedankt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

Was überhaupt nicht stimmt – was einige angesprochen haben, zum Beispiel auch Kol­lege Ragger von den Blauen –, ist die Behauptung, dass das Thema Pflege so irgendwie vernachlässigt worden wäre.

Die letzte Regierung, die türkis-blaue Regierung, hat das Thema Pflege spätestens seit der Abschaffung des Vermögensregresses auch ganz oben auf der Prioritätenliste ge­habt. Die seinerzeitige Sozialministerin Hartinger-Klein hat dazu sogar auch eine Punk­tation im Namen der Regierung vorgelegt. Und diese neue Regierung, als sie ihr Amt heuer im Jänner angetreten hat, hat auch ganz oben auf der Prioritätenliste eine um­fassende Pflegereform hingeschrieben und auch in Angriff genommen. Dann kam eben diese Coronapandemie, die leider einige Dinge verschoben hat.

Aber dieser Reformprozess – und das wissen Sie ganz genau – ist eingeleitet. Ich möchte mich hier ausdrücklich beim für Pflege zuständigen Bundesminister, Herrn Rudi Anschober, einerseits, aber auch bei unserem wirklich starken Sozialpolitiker August Wöginger herzlich bedanken, dass sie dieses Thema so breit aufsetzen, dass viele hier mitgestalten und mitreden dürfen. Eine Pflegetaskforce ist eingerichtet, die Arbeits­gruppen sind eingerichtet und arbeiten bereits an diesem Reformprozess, und das soll auch ganz besonders hervorgehoben werden. Ja, hier ist einiges im Fluss.

Wenn ich dann aber, meine Damen und Herren, zum Beispiel in das Regierungs­pro­gramm der NEOS und der Roten, in das rot-rote Programm in Wien schaue, dann fällt mir im Inhaltsverzeichnis vorne gleich einmal Folgendes auf (Zwischenruf des Abg. Loacker): Obwohl Pflege von der Kompetenzverteilung her in vielen Bereichen in die Zuständigkeit der Länder fällt, findet man, Herr Loacker, in der Übersicht kein Ster­benswörtchen zum Thema Pflege. Man kann mit der Lupe im Regierungsprogramm danach suchen, dann findet man zwei Seiten mit Allgemeinplätzen ohne irgendwelche Vereinbarungen für die Zukunft. So vernachlässigt wird das Thema Pflege im neuen sogenannten Zukunftsprogramm der rot-pinken Regierung oder – kann man fast sagen – der rot-roten Regierung in Wien.

Meine Damen und Herren! Im Mittelpunkt aller Überlegungen im Bereich der Pflege müssen natürlich die Bedürfnisse der Menschen stehen, und aus der Praxis wissen wir, dass diese Bedürfnisse tatsächlich sehr verschieden sind. Viele Menschen möchten, solange es geht, in ihrem eigenen Umfeld alt werden, leben und wohnen können. Dazu gibt es verschiedene Unterstützungen, einerseits die pflegenden Angehörigen als informelle Pflege, dann natürlich die 24-Stunden-Betreuung als Möglichkeit, die mobilen Dienste und dergleichen. Und dann gibt es weitere Formen der Unterstützung, zum Beispiel Tagesbetreuungsstätten in den Gemeinden und natürlich auch die stationäre Pflege.

Weiters gibt es im Bereich der Pflege noch diese besonderen Bedürfnisse, da möchte ich vor allem das Wort Demenz erwähnen. Übrigens: Das war gestern eine schwere Entgleisung von Herrn Kickl, als er das Wort Demenz in einem anderen Zusammenhang missbraucht hat. Die Demenzstrategie, die Unterstützung der Familien, die mit dementen Personen zu tun haben, bedarf einer ganz besonderen Beachtung und Stärkung. Zudem ist auch der gesamte Bereich der Palliativ- und Hospizbetreuung zu erwähnen. Also es gibt sehr, sehr viele Aspekte, die wir hier zu berücksichtigen haben.

Über alldem stehen aus meiner Sicht drei große Fragenkomplexe, zum einen die Frage: Wie können wir pflegende Angehörige besser unterstützen? Ein pflegefreier Tag wird angedacht, dass zum Beispiel pflegende Angehörige auf Urlaub gehen können und ihre zu pflegenden Angehörigen in dieser Zeit eine Pflege durch jemand anderen erfahren können. In vielen Bereichen müssen wir auch neue Modelle finden.

Der zweite Komplex umfasst das Pflegepersonal: Wie können wir es in Zukunft schaffen, dass dieser Beruf attraktiver wird? Wo müssten wir in der Ausbildung Veränderungen vornehmen? Wir brauchen eine umfassende Personal- und Ausbildungsoffensive.

Und zu guter Letzt natürlich die ganz große Frage der Finanzierung: Wie soll das in Zukunft finanziert werden? Wie hoch sollen Eigenbeiträge sein? Wie hoch sollen die Beiträge der Gemeinden, der Länder, des Bundes sein? Wie können wir die Finanz­ströme hier besser bündeln?

Herr Kucher hat gesagt, dieses Budget, das wir heute hier debattieren, bildet nichts davon ab. – Das haben wir auch im Vorfeld gesagt: In diesem Budget ist der Status quo mit den notwendigen Erhöhungen festgeschrieben, zum Beispiel beim Pflegegeld, das um 4,5 Prozent auf fast 3 Milliarden Euro erhöht wurde, aufgrund der demographischen Entwicklung und aufgrund der Valorisierung, die wir hier im Parlament beschlossen haben. Dann gibt es natürlich diese Zahlungsflüsse an die Länder und Gemeinden. Das betrifft den Pflegefonds und auch die Ersatzleistung für den abgeschafften Pflege­regress. Das ist alles in diesem Budget abgebildet, aber natürlich eine Art Status quo.

Was wir im nächsten Jahr erarbeiten müssen, das ist das neue Pflegekonzept für ganz Österreich. Da befinden wir uns mitten im Prozess, und ich bin ganz guter Dinge, dass wir am Ende des Tages einen großen Wurf zusammenbringen werden, eine Reform, die sich wirklich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eypeltauer. – Bitte.