12.41

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Entschuldigung für die leichte Verspätung, aber Maske mit Brille ist manchmal ein Thema und ein Problem, wenn man sie weggibt oder aufsetzt.

Es hat ein paar Redebeiträge gegeben, auf die ich kurz Antworten geben möchte. Ich glaube, es ist ein Gebot der Höflichkeit und der Fairness, die Fragen, die in dieser Bud­getdebatte gestellt werden, auch zu beantworten. Das eine war die Frage von Kollegen Keck, der jetzt in ein Gespräch vertieft ist, aber wir sind ja auch immer in einem guten Gespräch. Als Hinweis für alle, die sich in Details nicht hundertprozentig sicher sind: Was ist der Geist mancher Paragrafen in der Verordnung? Wie ist was gemeint? – Auf www.sozialministerium.at haben wir sehr, sehr viele Fragen und Antworten formuliert. Man kann dort auch zusätzliche Fragen stellen (Abg. Stöger: Wir sind ein Rechtsstaat!), die dann in sehr verständlicher Sprache beantwortet werden. Das ist, glaube ich, die beste Art und Weise, wie wir da bei Unsicherheiten jeweils Aufklärung geben können.

Der zweite Punkt, der thematisiert wurde – worüber ich sehr froh bin –, ist die Frage zu Zoonosen und Pandemien. Ich halte das für ein ganz wichtiges Thema. Wir haben festgelegt, dass wir dazu einen wesentlichen Forschungsbereich in Österreich setzen wollen. Wir haben das auch erst vergangene Woche gemeinsam mit der Tierschutz­kom­mission diskutiert und beraten. Wir werden das tun. Warum? – Weil der Zusammenhang, der offensichtlich gegeben ist, schon ein sehr, sehr intensiver ist. Damit meine ich nicht Landwirtschaft, denn das, was wir da sehen, etwa betreffend Pelztierzucht auf inter­nationaler Ebene, hat ja nichts mit Landwirtschaft zu tun, sondern das ist Industrie, das ist in Wahrheit die Produktion von Schmuckstücken – und das mit und zulasten von Lebewesen, die genauso wie andere Lebewesen Schmerz empfinden, Sensibilitäten haben, Empfindsamkeit haben. Ich bin deshalb sehr glücklich, dass Österreich da mit dem Ausstieg im Jahr 2005, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Wir müssen jetzt aber darum kämpfen, dass es in diesem Zusam­menhang ein europaweites Verbot gibt. Das ist unsere Aufgabe und Verantwortung für so viele Millionen Tiere, die überhaupt keine Chance haben. Wir wissen auch, dass es da mit einem relativ hohen Risiko wieder Zusammenhänge mit einer nächsten Pandemie geben könnte und geben kann.

Das sollte eine österreichische Initiative auf europäischer Ebene sein: Schluss mit dieser brutalen Pelztierproduktion! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu einem dritten Punkt: Eine Kollegin hat das Thema Plan und Leidenschaft the­matisiert – das habe ich mir aufgeschrieben, weil es mir gut gefallen hat. Ich bin zwar der gegenteiligen Meinung, was das Ergebnis betrifft, aber dass beides wichtig ist, darin sind wir einer Meinung. Die Frage ist nämlich, wie wir die Durchimpfungsrate auf eine gute Art und Weise erreichen können. Wir werden in Kürze mit einem Gesetzentwurf dazu, wer aller wird impfen dürfen, in das Hohe Haus kommen. Da wird es Erweiterungen geben müssen, darin stimmen wir überein. Welche Gruppe es genau ist, daran arbeiten unsere Experten derzeit, und das werden wir entsprechend vorlegen. Derzeit haben wir als die Legitimierten im Wesentlichen die Ärzte und die Diplomkrankenpfleger. Wir werden das deutlich erweitern, damit wir das Ziel einer sehr hohen Durchimpfungsrate von zumindest 50 Prozent plus x in Österreich – und das x soll möglichst groß werden – auch tatsächlich schaffen.

Ja, ich kann nur zustimmen, wir werden aus dem herkömmlichen Weg hinausgehen und viel breiter auf Bevölkerungsgruppen zugehen. Ein Beispiel ist: Wir werden sehr stark in Betriebe gehen, gemeinsam mit den Betriebsärztinnen und Betriebsärzten, mit der Wirtschaft, mit der Industrie, mit den Gewerkschaften, mit den Arbeiterkammern vor­gehen, um ein sehr nahes Angebot vor Ort zu machen. Wir werden selbstverständlich bereits in der Startphase mit dem Angebot auch ganz stark in Alten- und Pflegeheime gehen, weil das die „Hauptrisikogruppe“ – unter Anführungszeichen – ist.

Wir werden dieses Angebot in einem breiten Bereich formulieren, natürlich auch im öffentlichen Raum. Aus meiner Sicht sind die Impfstraßen in Wien, die einmal im Testlauf realisiert wurden, sehr gut. Auch das wird ein Modell sein, das wir österreichweit ausrollen, um einen möglichst barrierefreien, guten Zugang zu ermöglichen.

Wir werden vier Phasen der Impftätigkeit vorbereiten: zuerst eben sehr spezifische Zielgruppen, wobei es um Risikogruppen und besonders verwundbare Gruppen und dann um die Gesundheitsberufe gehen wird. So werden wir schrittweise mit einem sehr klaren Programm vorgehen. Das ist ein wichtiger Punkt.

Der nächste wichtige Punkt aus meiner persönlichen Sicht ist die Frage der Neben­wirkungen – andere sagen Kollateralschäden, aber mir gefällt diese Begrifflichkeit nicht so –, Nebenwirkungen in folgendem Sinn: Ja, wir hatten auch in den Spitälern und im gesamten Gesundheitssystem Nebenwirkungen der Covid-Bekämpfung auf Bevölke­rungs­gruppen, vor allem, als es im Frühling schon sehr stark die Stimmung gegeben hat, dass Spitäler und Arztpraxen keine sicheren Orte sind. Das wollen wir korrigieren, denn es ist extrem wichtig, dass die Arztpraxis und das Spital als sichere Orte gesehen werden und die Früherkennungsuntersuchungen, die Kontrolluntersuchungen ganz normal weiterlaufen.

Mein Appell lautet im Übrigen auch, die Kinderimpfprogramme weiter umzusetzen, sich keine Sorgen in diesem Bereich zu machen und keine medizinischen Kontrolltätigkeiten, Kontrollgänge und etwa auch keine Impfung wegzuschieben, weil man sich Sorgen über den Ort macht. Das ist kein Risikoort, sondern dort gibt es bestmöglichen Schutz. Meine Bitte, mein Appell lautet, diese Termine tatsächlich nicht zu verschieben, sondern jetzt wahrzunehmen, da es geplant ist. Die Spitäler und alle anderen stehen dafür zur Verfügung. Wir haben ja den großen Vorteil im Vergleich zum Frühling, dass wir jetzt ausreichend Schutzmaterialien haben. Ich glaube, das sollten wir alle so kommunizieren, da diese Nebenwirkungen – sie werden auch diesmal vorhanden sein, das muss man ganz offen sagen – nicht so groß wie im Frühling werden sollten. – Das ist der Bereich der Nebenwirkungen, der angesprochen wurde.

Als weiteren wichtigen Punkt möchte ich einfach noch einmal etwas klarstellen – denn wer weiß, was mit derartigen Mythen sonst passiert –: Es wurde von einem Redner der FPÖ ein Puls-4-Interview mit mir zitiert, zum Teil zitiert, wobei der Vorwurf war, ich hätte indirekt per Kommunikation über Puls 4 – das wäre eine interessante Entscheidungs­findung und Kommunikation; eigentlich ist das Parlament und ist die Regierung der Ort, wo man etwas Derartiges entscheiden müsste, was wir im Übrigen nicht wollen – angekündigt, dass der Lockdown über den 6. Dezember hinaus fortgesetzt wird. Dem ist nicht so.

Ich habe schon – das muss ich zugeben – etwas missverständlich formuliert, das ist richtig. Von daher kann man es auch so interpretieren, wie Sie, Herr Kollege, es gemacht haben. Mit der Formulierung, dass der Lockdown anhält, war aber nicht gemeint, dass er fortgesetzt wird, sondern dass die Wirkung des Lockdowns anhält. Das möchte ich nur klarstellen, damit es keine Missverständnisse gibt. Ich habe das auf Twitter und auf Facebook auch schon gemacht.

Wir müssen das Ziel haben, dass der Lockdown so nachhaltig ist, dass er nicht nur für einige Wochen wirkt, sondern dass er möglichst lange Zeit bis zur Impfung wirkt. Das heißt, dass wir die Zahlen – ich habe das dann auch im Zusammenhang erklärt – so absenken, dass wir für die nächsten Wochen und Monate, falls es Monate bis zur Impfung sind, wieder Luft haben. – Ich glaube, das ist damit klargestellt.

Ein letzter Punkt: Ich habe immer wieder Schwierigkeiten dabei gehabt, wie man mit Menschen umgeht, die – aus dem wissenschaftlichen Bereich, aus dem medizinischen Bereich oder auch aus einem parteipolitischen Bereich kommend – Covid verharmlosen oder Covid leugnen. Jetzt kann man bei jedem Bereich natürlich unterschiedliche Po­sitionen haben, aber natürlich hat die Debatte teilweise gerade dann, wenn sie von Medizinerinnen und Medizinern – in Einzelfällen, nur in Einzelfällen! – gekommen ist, schon dazu beigetragen, dass Teile der Bevölkerung ganz einfach verunsichert waren.

Ich muss euch ganz offen und ehrlich sagen: Wenn Kollege Saxinger hier in diesem Haus aus seiner Praxis des Arbeitens in den Spitälern berichtet und dann von einem Abgeordneten der Zwischenruf kommt, dass sei reine Panikmache, dann verstehe ich persönlich das einfach nicht mehr. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was ist los mit euch, dass man so an den Realitäten vorbeidiskutiert? Wann schaffen wir es endlich, dass wir sagen: So, jetzt ist einmal Schluss mit Parteipolitik, jetzt geben wir uns – quasi bildlich gesprochen – die Hand und versuchen, gemeinsam durch diese Krise zu gehen, und in sechs Wochen, in acht Wochen führen wir dann wieder die parteipolitische Auseinandersetzung!? – Das ist ja kein Glaubenskrieg, keine Glaubens­aus­einandersetzung. Das ist wissenschaftlich belegt. Was glauben Sie denn, woher diese Patientinnen und Patienten in den Intensivstationen kommen? Die erfindet ja nie­mand. Ich erachte es wirklich als eine Verhöhnung der Arbeit der Mediziner und Medi­zinerinnen und der Pfleger, wenn wir so miteinander diskutieren und nicht einmal diese Situation wirklich ernst nehmen und die Tätigkeit der Betroffenen vor Ort so unterstützen, wie es wirklich das Gebot der Stunde ist. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.51

Präsidentin Doris Bures: Mir liegen nun zur Untergliederung 24, Gesundheit, keine Wortmeldungen mehr vor, und damit schließe ich auch diesen Themenbereich.