16.08
Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Schauen Sie mit mir kurz in die nähere Zukunft, in den Winter! Im Tourismus kommt mehr als die Hälfte des üblichen Jahresproduktionswertes aus dem Wintertourismus. Heuer schaut es da leider sehr traurig aus. Der österreichische Markt kann das – im Gegensatz zum Sommer – nicht aufholen: 80 Prozent der Gäste kommen aus dem Ausland. Diese Situation wird sich angesichts dieser Zahlen und der Reisebeschränkungen wahrscheinlich auch bis zum nächsten Frühjahr nicht ändern.
Die österreichischen Gäste können das nicht aufholen. Was bedeutet das? – Es bedeutet Verluste. Allein wegen des Zusammenbruchs des Wintertourismus wird es in Österreich noch massivere Wirtschaftsprobleme geben, und daher ist es notwendig, dass die öffentliche Hand noch mehr stützt, damit die Wirtschaft wieder angekurbelt wird und die Arbeitsplätze gesichert werden. In Ihren Plänen findet man aber sehr wenig dafür.
Die Tourismusbetriebe hingegen haben alles gemacht, was man ihnen vorgegeben hat, haben sich streng daran gehalten. Ich darf das jetzt rückblickend in kurzen Stichworten anführen: Betriebe werden zugesperrt, Betriebe dürfen Take-away-Speisen verkaufen. Dann wurden die Betriebe wieder geöffnet, die Lokale wurden umgerüstet, Gästezahlen und Sitzplätze reduziert, Sitzplätze statt Stehplätze geschaffen. Die Sperrstunde wurde vorverlegt, es gab eine angekündigte und gescheiterte Teststrategie, Abstandsregeln wurden strikt eingehalten. Es gab die Gästeregistrierung, wobei den Betrieben auch noch die Verantwortung für den Datenschutz auferlegt wurde, das Konzept Sichere Gastfreundschaft, Frau Ministerin, und trotzdem mussten die Betriebe schließen, obwohl sich nachweislich kein Gast in einem Betrieb infiziert hat.
Die Grundlagen sind nicht nachvollziehbar und die derzeitigen Regelungen auch nicht fair. Die Folgen sind Existenzängste, die Stimmung ist getrübt, die Betriebe haben das Vertrauen verloren. Es helfen auch keine Investitionszuckerln, denn die Betriebe wissen im Moment nicht einmal mehr, wie sie das Weihnachtsgeld an ihre Angestellten bezahlen sollen.
Es gibt auch kein Vorhaben, das eine Regelung vorsieht, um Betriebe in Würde sterben zu lassen. Wie wir wissen, entstehen bei der Auflösung enorm hohe Steuerbelastungen – auch dafür gibt es keine Hilfe. Ich hoffe sehr, dass alle Betroffenen, die im Stich gelassen wurden und durch Fehlentscheidungen unverschuldet in eine solche Lage gekommen sind, sich lange gut merken werden, wer das gemacht hat, denn Covid-19 wird die Karten neu mischen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Allem voran brauchen wir einen Plan – und ein Budget ist ein Plan –, in dem die Hilfen und die Unterstützungen abgebildet sind. Wir müssen von der Panikmache mit Hunderten Pressekonferenzen wegkommen, hin zu einem effektiven Management. Das wäre Leadership.
Sie als Tourismusministerin sind für Tausende Betriebe zuständig, die in Ihren Bereich fallen, und obwohl Sie für Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz nicht zuständig sind, sind Sie dennoch dafür verantwortlich. Deshalb erwarte ich mir, stellvertretend für die Menschen draußen, eine dementsprechende Hilfe von Ihnen, um mittelfristige, maßgeschneiderte Unterstützung zu entwickeln und niemanden zu vergessen. Ich glaube nicht, dass Werbung, Imagekampagnen, Hygienevorschriften und Verhaltensregeln allein wirtschaftswirksame Maßnahmen sind.
Zum Fixkostenzuschuss Phase zwei möchte ich noch sagen, dass Finanzminister Blümel diesbezüglich durch sein Pokerspiel bei der EU viele Existenzen gefährdet hat. Morgen sollen wir ein Budget für 2021 beschließen, und es ist jetzt schon überholt. Fakt ist, dass derzeit zu wenig Geld im Tourismuskreislauf ist, so schnell auch keines kommen kann und im Budget auch kein Geld für weitere Krisenbewältigungsmaßnahmen angedacht ist.
Laut dem von Ihnen formulierten Wirkungsziel soll eine Stärkung des österreichischen Tourismus stattfinden. Wie wir wissen, wird es aber drei bis fünf Jahre dauern, bis wir zu dem Zustand kommen, der vor Corona war. Wie Sie dieses Ziel erreichen wollen, wissen wir noch nicht. Genauso wissen wir auch nicht, wie es für die Betriebe im Tourismus nach dem 6. Dezember weitergehen soll. Auch diese Frage ist noch offen.
Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass Sie wieder eine Branche vergessen haben, und zwar die Reisebürobranche, die nicht berücksichtigt wird. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettet die Reisebranche“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, diese stark betroffene Branche bei den Entschädigungen, insbesondere beim Umsatzkostenersatz, zu berücksichtigen.“
*****
Ich ersuche Sie, auch diese Branche zu bedenken, und bitte um eine breite Mehrheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sehr tolle Rede!)
16.12
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Köllner Maximilian, Petra Vorderwinkler,
Genossinnen und Genossen
betreffend Rettet die Reisebranche
eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 11: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 - BFG 2021) samt Anlagen -UG 42
Die Covid-Pandemie hat die gesamte Tourismusbranche umfassend und nachhaltig getroffen. Vor allem ist auch die Reisebranche in einem existenzbedrohenden Ausmaß von der weltweiten Krise betroffen. Seit März 2020 verzeichnet diese Branche in Umsatzminus von rund 90%, wobei mit keiner schnellen Verbesserung der tristen Ausgangssituation gerechnet werden kann.
Die Bundesregierung erklärte in unzähligen Pressekonferenzen Hilfestellungen zu leisten. Wir haben noch den Satz „Koste es was es wolle“ im Ohr. Allerdings ist gerade in der Reisebranche die versprochene Hilfe noch nicht angekommen.
Genauso wie die Gastronomie- und Tourismusbetriebe braucht die Reisebranche einen umfassenden Umsatzkostenersatz, denn nur mit ihm sind die schwerwiegenden Umsatzeinbrüche noch irgendwie zu meistern.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, diese stark betroffene Branche bei den Entschädigungen, insbesondere beim Umsatzkostenersatz, zu berücksichtigen.“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Voglauer. – Bitte.