18.46
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Werter Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Ich weiß, es ist schon spät und die Aufmerksamkeit lässt schon nach, dennoch würde ich Sie gerne auf eine kurze Reise mitnehmen: Tauchen Sie mit mir ein in die Welt der inklusiven Schule!
In dieser Welt wird nicht mehr differenziert zwischen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Kindern ohne sonderpädagogischem Förderbedarf. Es wurde ein inklusiver Schulbetrieb geschaffen, in dem Stärken der Kinder individuell gefördert werden. Vor meinem inneren Auge sehe ich nun einen Raum voll lachender Kinder, die gemeinsam musizieren und turnen. Ich sehe, wie ein Kind im Rollstuhl mit einem Kind, das nicht im Rollstuhl sitzt, Ball spielt. Ich sehe, wie das eine Kind das andere unterstützt. Wissen Sie, was ich nicht sehe? – Feindseligkeit, Abscheu, Angst vor der Nähe, denn sie alle kennen es so und für sie ist es einfach normal.
Sie fragen sich jetzt sicher: Wie funktioniert das in Mathematik und Deutsch und Englisch? Natürlich stehen wir da vor Herausforderungen, aber dennoch ist es möglich. Ich denke dabei beispielsweise an die Schule Am Himmel, die sensationelle Pionierarbeit leistet, an ein unglaublich bereicherndes Gespräch mit Frau Rieger, der Direktorin der Schule Am Himmel, die einmal zu mir gesagt hat: Geben Sie mir eine Schule und ich mache sie inklusiv! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Ich denke, wir alle, und vor allem die Regierung, müssen uns über eines klar werden: Wollen wir das oder wollen wir das nicht? Was wir momentan haben, sind unbefriedigende Übergangslösungen. Fakt ist, es braucht einen strukturellen Umbau, man muss ins Tun kommen. Dass dies nicht flächendeckend von heute auf morgen geschieht, ist mir absolut klar, aber was es braucht, ist ein Fahrplan. Meine Damen und Herren, KollegInnen der ÖVP und der Grünen, die vagen Formulierungen und die Ideen Ihres Regierungsprogramms, die auch noch durch die Coronakrise durchkreuzt wurden, reichen da einfach nicht aus.
Es ist ein erster Schritt, Pilotschulprojekte anzubieten, aber es gibt inklusive Pilotprojekte schon seit Jahren. Jetzt ist es Zeit für die Umsetzung. Die Community hat keine Geduld mehr, denn es geht um deren Kinder, die immer noch ausgegrenzt werden. Egal mit wem ich spreche, die Ideen werden dankend angenommen, meistens teilen diese Gesprächspartner meine Vorschläge, finden sie gut, aber dann höre ich immer wieder den Satz: Das Geld reicht aber leider nicht aus, vielleicht ergibt sich ja was beim nächsten Finanzausgleich! Und das ist des Pudels Kern: Es gibt nicht genug Geld dafür – oder aber der Wille ist nicht da, hier zu investieren.
Jetzt haben wir hier ein Budget vorliegen, in dem Geld verteilt wird. Warum aber nicht für die inklusive Bildung? Wir diskutieren über die Notwendigkeit des Ethikunterrichts, lassen aber gleichzeitig 1,4 Millionen Menschen zurück.
Ich begrüße natürlich sehr, dass beispielsweise für SonderpädagogInnen mehr Budget zur Verfügung gestellt wird. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich sehe Bemühungen, aber was ich vermisse, ist ein Plan, auf lange Sicht etwas zu verändern. Der Missstand der fehlenden Gebärdendolmetscher in der PädagogInnenausbildung ist erschreckend – nur weil wir nicht abschätzen können, wie viele Kinder diesen brauchen würden.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen klar und deutlich: Auf dem Weg in ein inklusives Schulsystem sind auch Gebärdensprache und die jeweiligen Dolmetscher unumgänglich. Nur so kann die Schule inklusiv werden und es werden mehr und mehr Kinder die Schule besuchen, weil sie Unterstützung vorfinden. Wenn man sich nicht endlich darüber klar wird, dann werden wir auch noch in den kommenden Jahrzehnten unbefriedigende Übergangslösungen haben. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, um niemanden zurückzulassen, kein Kind mit und kein Kind ohne Behinderung. Bildung ist nicht exklusiv, Bildung ist inklusiv. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
18.50
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.