19.37
Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hungersnot, Fresswelle, Erlebnisgastronomie, Wegwerfgesellschaft, Gesundheitswelle, Fast Food, Slow Food, Convenience Food, Vegetarismus, Veganismus, Frutarier – all das sind Stichworte zum Essverhalten der letzten hundert Jahre.
Während vor einigen Jahrzehnten noch Regelmäßigkeit und Ordnung den Essalltag bestimmten, hat sich das in den letzten Jahren erheblich verändert. Singlehaushalte, veränderte Frauenrollen – weg von der Hausfrau hin zur berufstätigen Frau –, Aufbrechen klassischer Familienstrukturen, Hektik und Zeitknappheit haben den modernen Essalltag verändert. Gemeinsames Essen mit der Familie hat leider nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher.
Bevor jetzt Zwischenrufe kommen, was all das mit Bildung zu tun hat: Ich bin davon überzeugt, sehr viel. Ernährungsgewohnheiten etablieren sich nämlich früh im Leben und werden bis ins Erwachsenenalter beibehalten.
In vielen Beiträgen, die wir bis jetzt gehört haben, geht es um ein positives Budget, Notwendigkeiten, Entwicklungen, Spezialisierungen und Digitalisierung – alles wichtig und zukunftsorientiert. (Ruf bei der FPÖ: Geht’s auch zum Thema?!) Es braucht aber auch Wissen über unsere Grundbedürfnisse, allen voran Ernährung und Gesundheit, weil eines mit dem anderen einhergeht.
Parallel dazu können wir feststellen, dass es eine deutliche Abnahme des Wissens (Ruf bei der FPÖ: Zur Tagesordnung!) über Lebensmittel, über die praktischen Kochkompetenzen und vor allem über die Fähigkeit, einen Haushalt samt Vorratshaltung zu führen – und das noch effizient –, gibt. Es braucht Lebensmittelwissen bei Kindern, Schülerinnen und Schülern, Pädagoginnen, Pädagogen und Eltern, Wissen um die Qualität von Lebensmitteln, um ihre Herkunft und ihre Produktion, damit die KonsumentInnen von heute und morgen verantwortungsvolle Ernährungs- und Kaufentscheidungen treffen können.
Wir österreichischen Bäuerinnen, allen voran unsere geschätzte Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann, fordern einen Ausbau und die Adaptierung des Pflichtschulfaches Ernährung und Haushalt in der Sekundarstufe I. Große Zustimmung findet dieses Anliegen auch in der Bevölkerung, damit unsere Kinder später nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, wie eine von der Arge Bäuerinnen initiierte Onlineumfrage zeigt, an der insgesamt rund 9 000 Personen teilnahmen. 99 Prozent der Befragten hielten es nämlich für sehr notwendig, dass Kinder in der Schule über Lebensmittel, Ernährung und Konsumbildung lernen (Zwischenruf bei der FPÖ) und wünschen sich eine Ausweitung dieses Unterrichtsfaches.
Auch die Coronakrise hat uns aufgezeigt, wie enorm wichtig dieses Lebensmittelwissen ist, um mit möglicherweise geringerem Einkommen auszukommen und trotzdem ein gutes und qualitativ hochwertiges Essen auf den Tisch zu bringen, aus Überzeugung regionale und saisonale Lebensmittel einzukaufen und gemeinsam mit der Familie zu kochen und zu essen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ernährungs-, Gesundheits- und Konsumwissen sind wesentliche Kompetenzen für ein reflektiertes, selbstbestimmtes und gesundes Erwachsenenleben. Dieser Basis muss im Pflichtschulalter unbedingt mehr Raum gegeben werden. Ich bin mir sicher, mit diesem Bundesminister sind wir gemeinsam auf einem guten Weg. Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
19.40
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.