9.50

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrte KollegInnen! Wertgeschätzte ZuseherInnen! Wenn man Maßnahmen zur Gewaltprävention setzt, dann ist es wichtig, auch an Frauen mit Behinderungen zu denken. Frauen mit Behinderungen sind eine Gruppe, die nicht oft gesehen wird, sie sind aber oft von Gewalt betroffen – öfter als Frauen ohne Behinderungen. Es werden drei Formen von Gewalt unterschieden.

Es gibt die psychische Gewalt, das ist Gewalt durch Ausüben von Druck und/oder durch Drohungen, Beschimpfungen, oder dadurch, dass jemand verfolgt wird, belästigt wird und/oder jemandem aufgelauert wird. Von dieser Form der Gewalt sind Frauen mit Be­hinderungen zwei- bis dreimal so häufig betroffen.

Dann gibt es die physische Gewalt: Diese bezieht sich auf den Körper; das bedeutet, geschlagen oder verprügelt zu werden. Davon sind Frauen mit Behinderungen fünfmal so häufig betroffen.

Dann gibt es die sexuelle Gewalt: Da unterscheiden wir zwischen sexualisierter Gewalt – das sind Bemerkungen über den Körper – und sexueller Gewalt – das ist Hands-on-Gewalt. Betrachtet man die Ergebnisse der Studie des IRKS betreffend Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen, so zeigt sich, dass jede fünfte Frau mit Behinderung von Erfahrungen versuchten oder erzwungenen Geschlechts­ver­kehrs berichtet.

Deshalb braucht es Maßnahmen, um Frauen mit Behinderungen zu unterstützen. Vor allem gute Beratungsangebote und langfristige Unterstützung der Frauen sind notwen­dig, um erlebte Traumata verarbeiten zu können, aber auch um das Empowerment von Frauen zu fördern und zu stärken und damit Gewalt zu verhindern.

Ein positives Beispiel, das hier genannt werden kann, ist das vom Frauenministerium unter Mitfinanzierung des Sozialministeriums durchgeführte Projekt Ressourcen für gewaltbetroffene Frauen mit Behinderungen. Ziel des Projekts ist es, eine Broschüre in leichter Sprache zu erstellen, um von Gewalt betroffene Frauen zu unterstützen, die Broschüre als Website umzusetzen, weil wir wissen, dass Frauen so einen nieder­schwelligen Zugang finden, mit Frauen Workshops zu gestalten und durchzuführen, aber auch Workshops mit den Bezugspersonen der Frauen abzuhalten. Das Projekt wird vom Verein Ninlil und dem Verein Leicht Lesen durchgeführt.

Beide Vereine leisten in der Arbeit mit Frauen mit Behinderungen seit Jahren hervor­ragende Unterstützungsarbeit und werden nicht müde, sich für die Anliegen der Frauen einzusetzen. Zu nennen sind zum Beispiel bei Ninlil die Peerberatung für Frauen mit Behinderungen und die Empowermentkurse, bei denen 2018 zum Beispiel 83 Teilneh­merinnen mitgemacht haben. Der Verein Ninlil vertritt die Anliegen der Frauen in ver­schiedenen Gremien, er ist zum Beispiel auch Mitglied des Netzwerks österreichi­scher Frauen- und Mädchenberatungsstellen, und daher wissen sie sehr gut Bescheid, dass manche der Beraterinnen spezifische Schulungen brauchen. Aufgrund der Personalres­sourcen haben sie sich dann überlegt, einen Leitfaden für Beraterinnen in Frauenein­richtungen zu erstellen, mit dem Titel „Beratung für gewaltbetroffene Frauen* mit Lern­schwierigkeiten*“ (die genannte Broschüre in die Höhe haltend) – das kann ich nicht wie eine Tafel aufstellen.

Der Verein Leicht Lesen hat in den letzten zwei Jahren wichtige Informationsbroschüren in Leichter Sprache erarbeitet, unter anderem „Frau. Mann. Und noch viel mehr.“ (die genannte Broschüre in die Höhe haltend) – diese bietet die Möglichkeit, sich über unterschiedliche sexuelle Orientierungen in Leichter Sprache zu informieren. „Im Wechsel.“ (die genannte Broschüre in die Höhe haltend) ermöglicht Frauen mit Lern­schwierigkeiten, sich in Leichter Sprache über die Wechseljahre zu informieren.

Weil wir wissen, dass es bezüglich der sexuellen Gesundheit dringend Informationen in Leichter Sprache, aber auch in ÖGS braucht, haben wir dazu im letzten Gleichbe­hand­lungsausschuss einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht. Davon werde ich morgen mehr erzählen.

Betreffend Gewalt an Menschen mit Behinderungen sind auch ganz klar Männer mit Behinderungen zu berücksichtigen, denn auch sie erleben im Vergleich zu Männern ohne Behinderungen überproportional Gewalt. Es braucht dafür natürlich mehr, es braucht eine breite Allianz. Ich danke den Vereinen Ninlil, Leicht Lesen, aber auch vielen anderen in den Bundesländern – dort gibt es auch tolle Projekte –, in welchen großartige und wichtige Arbeit geleistet wird. Ich habe Broschüren mitgenommen und hinten auf meinem Platz noch eine Fachzeitschrift zu Gewaltprävention, mit Best-Practice-Bei­spielen, wie man Gewaltprävention bei Frauen und Männern mit Behinderungen durch­führen kann.

Kommen Sie bitte auf mich zu, schnappen Sie sich eine Broschüre, schauen Sie einmal rein, denn Wegschauen geht nicht mehr! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Oberrauner. – Bitte.