11.05

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ganz kurz an meine Vorrednerin von der SPÖ: Keine Sorge, es muss nicht am Abend gelernt werden, denn die Schulen sind offen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Wurm: ... Arbeit! – Abg. Zanger: Sind Ihre Kinder auch in der Schule?)

Ich glaube, das ist nicht nur für die Eltern wichtig, sondern auch für die Kinder, und es wird da auch eine Lernbegleitung stattfinden. Zur Sonderbetreuungszeit können wir morgen noch ausführlich diskutieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Über die Budgetzahlen im Familienbudget hat der Vorredner von der ÖVP schon ausführlich gesprochen, das will ich jetzt nicht wiederholen. Ich möchte aber auf einen Aspekt eingehen, der in der Debatte genauso wichtig ist: Das ist die Situation von Kindern und jungen Menschen in der Coronakrise, besonders vor dem Hintergrund des morgigen Kinderrechtetags.

Ich glaube, wir alle hier haben gemerkt, was es heißt, wenn gemütliche Runden mit den Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen, mit den Freunden und Freundinnen oder im großen Familienkreis nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sind. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie wären 15 oder 18 Jahre alt: Wenn man jung ist, dann kommt einem die Welt ohnehin schon sehr klein vor, und jetzt ist diese Welt noch kleiner geworden. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Diese noch kleinere Welt besteht jetzt aus beschränkten sozialen Kontakten, die mehr oder weniger nur innerhalb der Familien stattfinden. Um es auf den Punkt zu bringen: Kinder sind nicht nur von der Krise betroffen, sondern Kinder befinden sich mitten in der Krise.

Um etwas wirklich Wichtiges anzusprechen: Ich hatte letzte Woche ein Gespräch mit den Verantwortlichen von Rat auf Draht, und wir wissen, dass die Situation im Moment nicht einfach ist – aber die Zahlen, die genannt wurden, sind wirklich dramatisch. Um nur einige zu nennen: Es wurde ein Anstieg von 220 Prozent verzeichnet, was Angstzu­stände bei Kindern anbelangt, also etwa Zukunftsängste, Angst, dass jemand erkrankt, Angst, dass die Eltern den Job verlieren und so weiter. Ein Anstieg von 240 Prozent, was Schlafprobleme betrifft, ausgelöst durch den veränderten Tagesrhythmus, durch Stress, Überforderung und so weiter. (Abg. Belakowitsch: Ja bitte: Machen! Ändern!)

Einen Anstieg von 146 Prozent gibt es bei psychischen Erkrankungen, also Depres­sionen, Panikattacken, Zwangsstörungen und so weiter. Was wirklich besorgniserre­gend ist, ist die Zunahme von 54 Prozent bei Suizidgedanken.

Nächste Woche ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, und wir müssen immer bedenken, dass es auch Gewalt gegen Kinder gibt. Da liegt ein Anstieg von 88 Prozent jener Fälle vor, in denen Kinder und junge Menschen physische Gewalt in ihren Familien erleben. Natürlich spiegeln sich diese Zahlen nicht immer in den Anzeigen wider, weil die Dunkelziffer wirklich enorm ist. Wir müssen da aber nicht nur hinschauen, wir müssen auch ressortübergreifend den möglichen Langzeitfolgen entgegenwirken.

Was ich hier noch sagen möchte: In unserer Gesellschaft werden psychische Erkran­kungen leider immer wieder mit Schwäche verwechselt – aber ein Leben mit einer psychischen Erkrankung bedarf sehr viel Stärke! Ich möchte daher allen jungen Men­schen noch einmal sagen: Leider können wir nicht vorhersehen, wann diese schwierige Situation vorbei sein wird, aber scheut euch wirklich nicht, Hilfe zu holen! Eines ist auch klar: Es werden wieder bessere Zeiten kommen! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.09

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.