16.36

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Geschätzte Frau Abgeordnete Niss (Ruf bei der ÖVP: Geht schon! Geht schon!), es war ein wenig stark, was Sie da wiedergegeben haben. Wenn Sie meinen, wir Sozialdemokraten verstehen das nicht, und Ihre kleine Tochter, die checkt das, dann darf ich Ihnen sagen: Das sind natürlich alles Industrielle, die als solche überhaupt kein Interesse haben, ob jemals Abschläge da sind oder ob sie abgeschafft werden. (Auf der Galerie entrollen SPÖ-Abgeordnete ein Transparent mit dem Logo der Gewerkschaft PRO-GE und mit der Aufschrift „45 Jahre sind genug! Pen­sionsraub verhindern! Jetzt schon 100.000 Unterstützer! www.45-jahre-sind-genug.at“ – Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen aber wissen: Die, denen Sie jetzt die Abschläge wegnehmen, sind genau jene, die Ihre Millionen verdienen, geschätzte Frau Kollegin Niss (Zwischenrufe der Ab­geordneten Pfurtscheller und Tanja Graf), das sind genau Ihre Hackler, die Sie reich machen!

Liebe Freundinnen und Freunde und geschätzter Herr Bundesminister! Ich muss immer ein wenig schmunzeln, wenn (in Richtung Bundesminister Anschober) bei Ihnen ein we­nig der Oberlehrer durchklingt. Das macht aber nichts, das passt schon, denn im wirk­lichen Leben waren Sie ja einer. Seien Sie aber doch ganz ehrlich: Mit dieser Maßnah­me, die Sie heute setzen, verraten Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! Stellen Sie sich hin und sagen Sie das auch!

Sie hätten ja gute Ansätze gehabt. Ich habe mir gedacht: Siehst du, jetzt setzt er sich durch, der Sozialminister. Gesamtreform, haben Sie gesagt - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, ich darf Sie kurz unterbrechen.

Es sind 40 Sekunden, ich darf Sie bitten, das Transparent wieder einzurollen. Bitte, es ist fotografiert, es ist medial. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): Sie haben gesagt, Sie werden eine Ge­samtreform ins Leben rufen. Da habe ich mir gedacht, siehst du, das ist etwas Ge­scheites, darüber kann man reden. Da müssen wir uns zusammensetzen und das be­sprechen. Die Schwarzen aber sind drübergefahren und ihr Grüne verteidigt den Wahn­sinn, den die ÖVP da macht! Das verstehe ich überhaupt nicht. Die ÖVP spielt mit euch Fuchs und Henne, und ihr überreißt das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, heute ist ein schwarzer Tag für die Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer. Die Regierung wird heute mit Bomben und Granaten über sie drüberfahren, sie wird ihre Mehrheit einsetzen. ÖVP, Grüne und NEOS werden die flei­ßigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heute bestrafen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Noch einmal: Die Menschen, die heute hier abgestraft werden, haben 45, 46, 47 Jahre gearbeitet. Es ist schon angesprochen worden: Das ist in einer Nacht-und-Ne­bel-Aktion geschehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne Begutachtung, ohne Aus­schussberatungen.

Kolleginnen und Kollegen, ihr benehmt euch wie Heckenschützen. Das ist einer Demo­kratie nicht würdig, liebe Freundinnen und Freunde! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist gut, dass die Menschen zuschauen. Es ist gut, dass das heute zumindest auf einem Sender direkt übertragen wird. 4 500 Euro werden den Menschen weggenom­men, ein ganzes Leben lang, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist enorm viel Geld.

Im gesamten Pensionszeitraum – davon haben wir schon etliche Male gesprochen – werden Sie die Pensionen der Menschen um durchschnittlich mehr als 100 000 Euro kürzen. Das ist ein Wahnsinn, das ist in Wirklichkeit ein Verbrechen, da wir wissen, dass ein Aktivbezug von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Jahr 36 000 Euro aus­macht, das heißt, die Arbeitnehmer verdienen 36 000 Euro, und 100 000 Euro nehmen Sie ihnen jetzt im Pensionszeitraum weg. Das ist eine bodenlose Gemeinheit, meine Kolleginnen und Kollegen – und das muss man auch so bezeichnen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur so nebenbei, Kolleginnen und Kollegen, habe ich mir ein wenig das Strafgesetzbuch angeschaut. Bei Diebstahl von 100 000 Euro gibt es bis zu drei Jahre Freiheitsentzug, auf Deutsch: bis zu drei Jahre Häfen, meine lieben Freunde. Ich sage Ihnen, das sind Räubermanieren, das sind Raubrittermethoden. Schämen Sie sich, dass Sie das ma­chen, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zum Frühstarterbonus: Ich glaube, das ist die größte Augenauswischerei, die es überhaupt gibt. Kollege Wöginger hat gestern, vorgestern immer von einem Bonus-Ma­lus-System gesprochen. – Einen größeren Schwachsinn gibt es nicht. Ich frage Sie, da wir wissen, dass durchschnittlich 300 Euro genommen werden und ich daher nur einen Malus sehe: Wo ist der Bonus, meine geschätzten Damen und Herren?

Auf der anderen Seite gibt es ein paar Euro zurück. Das mit den 60 Euro ist ja erfunden, das stimmt ja nicht! Es werden keine Kindererziehungszeiten, kein Präsenzdienst (Zwi­schenruf bei der ÖVP), kein Zivildienst, kein Praktikum angerechnet. Ihr schmettert die Leute an und wisst es ganz genau. Ihr haltet die Leute für dumm, Kolleginnen und Kolle­gen, und ich glaube einfach, das wird Ihnen nicht durchgehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch eines: Über diese Arroganz werden Sie noch stolpern, vielleicht nicht jetzt, aber Sie machen ja so weiter und irgendwann werden Sie drüberknöcheln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage der Gerechtigkeit ist schon angesprochen worden – ich bin ja ein Freund von ganzheitlichen Sichtweisen, und wenn wir wirklich das Gesamtsystem diskutieren, dann müssen wir wissen, wovon man redet –: ASVG-Arbeiter und -Angestellte verdienen sich ihre Pension zu 88 Prozent selber, nur einen kleinen Teil hat der Staat zu tragen. Bei den Selbstständigen schaut das anders aus. Ich sage das deshalb, weil wir von der Wirtschaftskammer, von euch Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, immer gute Ratschläge kriegen. Sagt dann jedenfalls dazu, dass die Hack­ler als Steuerzahler vor allen Dingen eure Pension mit 36 Prozent subventionieren, weil ihr selber gerade 64 Prozent davon bezahlt! Sagt das auch einmal ganz laut, wer in Wirklichkeit eure Pensionen finanziert! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Bauern – das lassen wir jetzt so sitzen, wie es ist –: 16 Prozent verdienen sie sich selbst und 84 Prozent zahlt der österreichische Steuerzahler.

Dann gibt es natürlich auch noch so Kommissionen – Sie haben sie heute schon er­wähnt –, die sozusagen als Persilschein verwendet werden und Gutachten machen, bei­spielsweise die Alterssicherungskommission. Da gibt es ein paar Damen und Herren, die man andauernd im Fernsehen sieht und die einfach ganz vehement darauf aus sind, dass die Menschen weniger Pension kriegen. Ihr Vorschlag ist immer der gleiche: Ab­schläge einführen und Pensionen kürzen.

Kolleginnen und Kollegen, ich sage das auch deshalb, weil der Herr und die Dame, die das immer ganz besonders aufs Tapet bringen, keine Durchschnittspensionisten sind. Wisst ihr das? – Der Herr Sektionschef in Ruhe hat nicht 2 000 Euro Pension, Kollegin­nen und Kollegen, er bekommt wahrscheinlich um die 8 000 Euro, und die Politikerin, die schon sehr, sehr lange in der Politik ist, ist noch im alten System und kriegt eine Politikerpension zur ASVG-Pension (Abg. Gödl: Wie hoch ist deine Pension?!) – und die richten uns immer aus, was wir tatsächlich zu tun haben! Das ist verwerflich und das lassen wir hier auch nicht auf uns sitzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz zum Schluss noch zu den Grünen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage euch: Wo ist euer soziales Gewissen? Wo ist eurer Gerechtigkeitssinn? Markus Koza – wo ist er? –, was ist mit dir passiert? Was ist mit dir los? Ich kenne dich als gestandenen So­zialpolitiker. Wir sind im ÖGB-Vorstand jahrelang zusammengesessen, du hast uns im­mer Aufträge mitgegeben (Abg. Stögmüller: Ist er immer noch! ... Sozialpolitiker!): Schaut auf die Frauen, macht etwas, tut irgendetwas! Schaut, dass ein bisschen etwas weitergeht! – Jetzt hättest du die Möglichkeit, und nichts passiert! Da passiert in Wirk­lichkeit Humbug. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ihr lasst euch als Grüne so etwas von über den Tisch ziehen (Zwischenruf des Abg. Stögmüller) und merkt überhaupt nicht, wie die ÖVP mit euch Schlitten fährt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird heute noch Gelegenheit geben, zu zeigen, wo ihr tatsächlich steht. Es wird sich zeigen: Sind euch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas wert oder sind euch die Arbeitnehmer wurscht? Für uns als Sozialdemokraten und Gewerkschafter ist klar: Menschen, die 45 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt haben, dürfen nicht bestraft werden. Darum sagen wir, liebe Mitglieder der Bundesregierung: Hände weg von den Pensionen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Präsidiale wird im Teesalon um etwa 17 Uhr starten. Die Dauer der Präsidiale ist nicht abschätzbar.

Ich unterbreche die Sitzung wie angekündigt jetzt nach Ende dieser Debatte.