22.05

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dem Antrag der Kollegen Mahrer, Bürstmayr, die Änderungen der fremdenrecht­lichen Bestimmungen in Verbindung mit der Eindämmung von Covid-19 noch einmal zu verlängern, werden wir zustimmen.

In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass die österreichische Staatsbürgerschaft eine überaus hohe Bedeutung hat, weil sie ein wichtiges demokratisches Merkmal auf­weist, nämlich das Recht auf Teilhabe am politischen System. Damit verbunden ist das klare und unverbrüchliche Bekenntnis zur Republik und zu ihrer Verfassung. Die Identi­tät, die Loyalität zur Republik, zur Verfassung, zur Demokratie und das Bekenntnis zur Gleichstellung von Mann und Frau sind nur einige zentrale Faktoren bei einer erfolgrei­chen Integration zukünftiger österreichischer Staatsbürger, wobei bei jeder Staatsbür­gerschaft die Rechte und Pflichten im Vordergrund stehen.

Meine Damen und Herren, nun ein kleiner Exkurs: Die Trennung von Kirche und Staat hat diese Zweite Republik zu einer Erfolgsstory gemacht – auch und gerade auch um die Fehler aus der Ersten Republik nicht zu wiederholen. Namentlich waren es Kreisky und Kardinal König, die vor 50 Jahren das Gemeinsame über das Trennende stellten. Doch aktuell drängt sich für mich die Frage auf: Wollen wir in eine Präära der 1970er-Jahre zurück? Ich frage deshalb, weil die Gebetsstunde am 8. Dezember im Parlament, dem Hort der Demokratie, zu Recht einen Sturm der Entrüstung und Empörung quer durch die Bevölkerung auslöste.

Auch die Katholische Jugend und die Jungschar haben das Gebetsformat öffentlich kriti­siert. Vor Kurzem berichtete „Der Standard“ von einem „Sektenspuk im Parlament“. – Abwegig ist das nicht, meine Damen und Herren, schließlich haben sich im türkisen Dunstkreis Personen versammelt, die der Loretto-Bewegung angehören, beziehungs­weise Mitglieder und Sympathisanten von Opus Dei, deren langer Arm sogar bis in das Bundeskanzleramt reicht.

Wir sprechen in diesem Zusammenhang von erzkatholischen Hardlinern, ja von Funda­mentalisten. Diese Leute wollen die Verknüpfung von Politik und Religion, um von ihrer Religionszugehörigkeit einen Machtanspruch und eine übergeordnete Stellung abzu­leiten.

Meine Damen und Herren, im Ständestaat wurde Religion schändlich für parteipolitische Zwecke missbraucht. Sie wurde instrumentalisiert. Der sozialdemokratische Blutzoll ist nicht vergessen, und es wird Sie auch nicht überraschen, wenn wir da sehr genau hin­schauen und sensibel sind. Die SPÖ hat nicht jahrzehntelang dafür gekämpft, die Tren­nung von Kirche und Staat herbeizuführen, um dann mitansehen zu müssen, wie diese obskure Loretto-Bewegung ins Hohe Haus eingeladen wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Margreiter und Shetty.)

Meine Damen und Herren, das Parlament – das ist uns besonders wichtig – ist die In­signie des Staates und ihrer gewählten Volksvertreter, und nicht irgendwelcher Sekten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist allen in Österreich lebenden Menschen völlig unbenommen – und das ist selbst­verständlich –, ihre religiösen Gepflogenheiten zu zelebrieren. Jeder Mensch soll frei und für sich selbst die Entscheidung treffen, ob er sich dem Glauben zuwendet oder auch nicht. Für mich ist Religion Privatsache. Ich möchte nicht, dass religiöse Anschau­ungen irgendwann wieder Einfluss auf die österreichische Verfassung oder auf die Ge­setzgebung nehmen. Eine Gebetsstunde im Parlament ist in einer säkularen Demokratie daher fehl am Platz – genauso wie eine Parlamentssitzung oder eine Ausschussbera­tung in einer Kirche, Synagoge oder Moschee. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!)

Schon vor der letzten Nationalratswahl sorgte der Auftritt der Evangelikalen mit Herrn Kurz, der als Retter gefeiert wurde, in der Wiener Stadthalle für Irritation, für Entrüstung und für Empörung. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sehr kritisch sieht diese illustre Gebetsrunde auch der angesehene Verfassungsjurist Mayer. Auch er ist davon überzeugt, dass das, was Sie veranstaltet haben, nicht zufällig passiert ist. Das wurde ganz bewusst als Signal ausgesendet.

Meine Damen und Herren, es war der erst kürzlich wieder verhaltensauffällige ehemalige Nationalratspräsident Khol, der unter Schwarz-Blau I darüber philosophierte, Gott in der Verfassung zu verankern, und somit in dieser kleinen, aber durchaus militanten Gruppe der ÖVP Stimmung machte. Die realpolitische Antwort darauf kann nur sein, die Laizität in der Verfassung zu verankern.

Die Antwort auf den politischen Islam ist eine starke Demokratie; die Antwort ist ein kon­sequenter Staatsschutz; die Antwort ist aber auch der Ausbau von Grund- und Freiheits­rechten. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Ein politisch geprägter Katholi­zismus aber ist mit Sicherheit nicht die Antwort. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abge­ordneten von FPÖ, Grünen und NEOS sowie stehend dargebrachter Beifall des Abg. Martin Graf. – Abg. Martin Graf: Ich hätte gar nicht geglaubt, dass die SPÖ noch so einen ... politischen Kern hat!)

22.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.