15.24

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesre­gierung! Hohes Haus! Als freiheitlicher Gesundheitssprecher habe ich mir natürlich den Bereich Gesundheit im neuen Regierungsprogramm genau angesehen, und ich muss feststellen, es handelt sich um eine sehr unambitionierte Fortschreibung vieler Dinge, die bereits unter der schwarz-blauen Regierung beschlossen waren, und es beinhaltet leider Gottes sehr viele vage Überschriften und auch Widersprüche.

Wo sind die großen Reformen im Sozialversicherungsbereich, im Gesundheitsbereich, die notwendig wären? Wo ist die klare Zieldefinition in vielen Bereichen? Wo ist die Weiterführung der Sozialversicherungsreform mit der Integration der KFGs und der kleinen Kassen? Wo bleibt die Leistungsharmonisierung für unsere Versicherten?

Stattdessen argumentieren Sie mit einer neuen Pflegeversicherung, von der zwar noch keiner weiß, was sie tatsächlich bringen soll, von der wir aber wissen, dass sie auf je­den Fall die Lohnnebenkosten erhöhen wird, was im ganz klaren Gegensatz zu der versprochenen Entlastung für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen steht.

Auch sonst beinhaltet das Programm sehr viele Gegensätze. Sie schreiben zum Bei­spiel sehr viel davon, dass Sie die Gesundheit am Arbeitsplatz fördern wollen, entzie­hen dem Gesundheitsministerium und dem Gesundheitsminister gleichzeitig jedoch die Kompetenzen in diesem Bereich. Sie schreiben von wohnortnaher Versorgung und wollen trotzdem die Kassenstellen in den Spitälern konzentrieren. Das passt für mich alles nicht zusammen. (Beifall bei der FPÖ.)

Generell sucht man Reformen im Spitalsbereich, eine neue Aufgabenverteilung zwi­schen den verschiedenen Spitälern und ihren Trägern in diesem Regierungsprogramm vergeblich – genauso wie die Begriffe klinische Pharmazie, Pharmakogenetik und viele andere Dinge, die wir konstruktiv im letzten Regierungsprogramm festgeschrieben ha­ben und die eine echte Qualitätsverbesserung im österreichischen Gesundheitswesen bringen würden.

Stattdessen wollen Sie die Zielsteuerungskommissionen stärken, diesen bürokrati­schen Krückstock, mit dem die zerschlagenen Kompetenzen und Finanzierungsstruk­turen im österreichischen Gesundheitswesen zwar kaschiert, aber leider Gottes nicht kuriert werden.

Wie wäre es mit einem mutigen Schritt in Richtung tatsächlicher Finanzierung aus ei­ner Hand gewesen? – Auch dazu haben Sie sich aber in Ihrem Regierungsprogramm nicht durchringen können.

Ich will aber nicht verschweigen, dass es auch positive Punkte im neuen Regierungs­programm gibt. Die Stärkung von Prävention, Beratung und Begleitung und Betreuung von chronisch Kranken erachte ich als sehr positiv, und auch die Aufwertung von nicht­ärztlichen Gesundheitsberufen sehe ich sehr positiv. Allerdings haben Sie das Kunst­stück zusammengebracht, auch in diesem Bereich eine ganz wesentliche Berufsgrup­pe zu übersehen, nämlich die Apotheker, die werden mit keinem Wort erwähnt.

Wo bleibt denn auch die dringend notwendige Novelle des Apothekengesetzes, die für modernere Öffnungszeiten, neue Zustellmöglichkeiten in der Arzneimittelversorgung und eine bessere Versorgung der ländlichen Regionen sorgen sollte? Sehr geehrter Herr Minister – jetzt ist er nicht mehr da –, die fertige Gesetzesnovelle liegt seit Mona­ten im Ministerium auf! Es wäre ein mutiger Schritt gewesen, diese endlich einmal um­zusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das auch medial viel diskutierte Thema Arzneimittelversorgung und -lieferengpässe findet sich genau mit einem einzigen Satz: „Bekämpfung von Parallelexporten“, im Re­gierungsprogramm, offenbar in vollkommener Unkenntnis, dass der Binnenhandel in­nerhalb der EU kein Export ist und dass die österreichischen Patienten von diesem Handel deutlich mehr profitieren, als dass unser System Schaden davon nimmt.

Wo bleiben denn da die konkreten konstruktiven Maßnahmen, wie zum Beispiel die Einschränkung der willkürlichen Kontingentierung der Lieferung von Arzneimitteln nach Österreich durch die pharmazeutische Industrie? Wo bleibt die Belieferungspflicht der pharmazeutischen Industrie an die österreichischen Großhändler, damit hier für versor­gungsrelevante Arzneimittel ausreichende Notfalldepots vorhanden sind? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wo bleibt die Neuregelung des Notfallparagrafen in der Rezeptpflicht­verordnung, damit von Versorgungsengpässen betroffenen Patienten in den Apothe­ken unmittelbar mit verfügbaren Alternativen geholfen werden kann? – Nichts davon ist in diesem Regierungsprogramm vorgesehen.

Dafür schreiben Sie von der großen Stärkung des niedergelassenen Bereichs und der Kassenmedizin. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP und von den Grünen, glauben Sie tatsächlich, dass ein Facharzt für Allgemeinmedizin und Landarztstipendien die vielen Hunderten frei werdenden Kassenarztstellen in den nächsten Jahren besetzen können? (Abg. Gabriela Schwarz: Das sind nicht viele Hun­derte!) Das reicht zur Attraktivierung nicht aus!

Wo sind denn die Vorschläge, um die vielen Tausenden Wahlärzte besser in die öffent­liche Gesundheitsversorgung zu integrieren? – Ich habe davon nichts im Programm gefunden.

Ich komme zum Schluss: Ich kann das vorliegende Regierungsprogramm über weite Teile nur als unambitioniert, unkonkret und teilweise widersprüchlich titulieren. Die ös­terreichische Bevölkerung, die österreichischen Versicherten und Patienten hätten sich eindeutig mehr verdient. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Plakolm. – Bitte.