15.57

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin bestürzt. Keiner der Regierungsvertreter hat heute zu dem großen Problem der Menschen, Wohnen, Stellung genommen. (Abg. Michael Hammer: Es kommen ja noch 20!) – Regierungsvertreter, nicht die Abgeordneten! (Abg. Michael Hammer: Gut!) Die Regierungsvertreter! (Ruf bei der SPÖ: Zuhören!) Wir besprechen ja das Regierungsprogramm – und Wohnen ist ein Menschenrecht.

Ein Kapitel im Regierungsprogramm widmet sich dem Wohnen. Ich habe mir das auch sehr genau durchgesehen und habe festgestellt, dass die wirklichen Probleme der Menschen darin nicht angesprochen werden. Die Mieten sind zu hoch, die Eigentums­wohnungen sind zu teuer, Befristungen von unter fünf Jahren sind in der Zwischenzeit die Regel und nicht die Ausnahme – jede zweite Wohnung österreichweit wird befristet vermietet. Das heißt, die Menschen müssen sehr oft aus ihren überteuerten Wohnun­gen ausziehen und sind dort gar nicht wirklich angekommen. Sie sind Heimatlose im eigenen Land. Da drückt die Österreicherinnen und Österreicher der Schuh, und das ist ein sehr schwerwiegendes Problem. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt die ausufernde Spekulation. Wir verzeichnen Rekorde an ausländischen Investitionen. Laut Oesterreichischer Nationalbank zahlen die Mieterinnen und Mieter wegen dieser Wohnungsspekulation jeden fünften Mieteuro zu viel. Das sind vordring­liche Probleme der Österreicherinnen und Österreicher, und die neue Regierung hat nichts ins Regierungsprogramm geschrieben, um das zu ändern. Mehr noch: Dieses Regierungsprogramm ist aus wohnpolitischer Sicht das schwächste Programm in der Zweiten Republik.

Die Einführung des Bestellerprinzips bei den Maklern soll kommen. Da hat die ÖVP im Wahlkampf einen 180-Grad-Schwenk vorgenommen und die SPÖ-Forderung aufge­nommen. Ich verstehe eigentlich nicht, warum die ÖVP und auch die Grünen sich nicht dazu durchgerungen haben, hier im Hohen Haus dem Antrag der SPÖ zuzustimmen. Die Menschen, die jetzt noch diese sogenannten 2 000 Euro zu viel bezahlt haben und noch zahlen werden, können sich bei der ÖVP, aber auch bei den Grünen dafür be­danken.

Es ist schon so, wie es in sehr vielen Qualitätsmedien geschrieben wird: Das Wohn­kapitel des Regierungsprogramms besteht vor allem aus Überschriften. So fordert die Regierung höhere ökologische Standards bei der Vergabe von Wohnbauförderungs­mitteln durch die Länder. Da ist Ihnen aber entgangen, dass heuer bis Jahresende die EU-Gebäuderichtlinie in Kraft tritt. Bei uns in Österreich ist es die OIB-Richtlinie, und die schreibt bei den thermischen Standards den Niedrigstenergiehausstandard vor; besser ist nur mehr das Passivhaus. Ich bezweifle, dass Sie meinen, da noch höhere Standards zu erreichen.

Ich fasse zusammen: Die Maßnahmen im Kapitel „Wohnen“ im Regierungsprogramm werden Wohnen in Österreich teurer machen. Dem Treiben der Spekulanten und der Bildung einer Immobilienblase wird vorsätzlich tatenlos zugesehen. Das Programm sorgt dafür, dass die Profiteure von gestern auch die Profiteure vom morgen sein wer­den. Die Österreicherinnen und Österreicher werden den Gürtel enger schnallen müs­sen, um die garantiert weiter steigenden Wohnungspreise und Wohnungsmieten be­zahlen zu können. Die Verantwortung dafür tragen die ÖVP und die Grünen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.01

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte.