15.16

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuseher zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wir haben es mit einem Innenminister zu tun, der ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie hat, ein gestörtes Verhältnis zu den Grundrechten, zur politischen Verantwortung und nicht zuletzt zur Wahrheit. Karl Nehammer heizt seit Wochen die durch die spalterische Rhetorik der Bundesregierung ohnehin schon angespannte Stimmung in diesem Land an, und zwar nahezu täglich.

Er verunglimpft friedliche Bürger, die zu Tausenden auf die Straße gehen, pauschal als Leugner, als Verharmloser, als Verschwörer, als Rechtsextreme und sogar als Nazis. (Abg. Michael Hammer: So friedlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da geht es um Bürger, die in friedlicher Art und Weise ihr verfassungsmäßig verbrieftes Recht auf Versammlungsfreiheit in An­spruch nehmen und ihren berechtigten Protest auf die Straße tragen. Da geht es um Bürger, deren Existenz durch die Maßnahmen dieser Bundesregierung gefährdet sind, die sich berechtigte Sorgen um ihre Grundrechte machen, die die Nase voll von völlig überzogenen staatlichen Repressalien haben.

Was sehen wir, wenn wir uns die Bilder ansehen? – Ich habe mir sehr, sehr viele Videos und Bilder von diesen Kundgebungen angesehen: Wir sehen ein buntes Feld an Teil­nehmern. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich habe eine Gruppe gesehen, die die Inter­nationale gesungen hat – das werden keine der FPÖ nahestehenden Menschen sein. Ich habe dort Regenbogenfahnen gesehen, ich habe dort die israelische Staatsflagge gesehen, ich habe dort viele alte Menschen gesehen, da waren Junge, es waren sehr viele Frauen, auch viele Frauen mit Kindern. Es waren auch nicht wenige Menschen mit Migrationshintergrund dabei. Im Wesentlichen waren das normale Bürger, die einfach die Nase voll haben von Ihrer Politik und davon, wie Sie mit den Menschen umgehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und was machen Sie, Herr Nehammer, mit Ihren Parteifreunden wie zum Beispiel Herrn Mahrer und Herrn Wöginger? – Wenn da vielleicht zehn oder 15 Spinner mitlaufen, wie es bei einer Demonstration mit über 10 000 Menschen sein kann, kann auch der Veranstalter nichts dafür. Sie aber nehmen immer wieder einige wenige Namen heraus, wie zum Beispiel Herrn Küssel, mit einem einzigen Ziel, nämlich die ganze Versammlung und alle, die teilnehmen, in ein falsches Eck zu drängen und anzupatzen. Es muss einem ja nicht gefallen, dass der Herr dort mitgeht. Es muss einem aber auch nicht gefallen, dass sich der Herr vielleicht auch eine Karte für eine Theatervorstellung kauft und sich diese anschaut. Wenn man dann mit ihm dort drinnen sitzt und sich auch das Theater ansieht, macht man ja auch nicht gemeinsame Sache mit diesem Herrn. Es kann auch sein, dass er sich jetzt diese Liveübertragung der Parlamentssitzung anschaut, deswegen ist ja nicht das ganze Parlament schlecht.

Eines muss ich Ihnen von der ÖVP auch sagen: Dieser Herr Küssel wird von Ihnen immer wieder ins Feld geführt. Ich weiß nicht, warum Sie das machen, denn Sie geben diesen Menschen eine Plattform, die sie in Wahrheit gar nicht verdient haben, Sie zitieren diese Menschen immer. Herr Küssel war in den späten Achtzigerjahren auch einmal kurzzeitig ein Mitglied der Jungen Volkspartei (Zwischenruf des Abg. Melchior), der Vorfeldorganisation der ÖVP, und deswegen ist ja bitte nicht die ganze ÖVP schlecht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Er hat auch Seite an Seite mit den Gründungsvätern und Gründungsmüttern der Grünen in der Hainburger Au demonstriert, und deswegen ist ja nicht die ganze Umwelt­bewe­gung schlecht. Also hören wir auf und bleiben ein bisschen sachlich!

In Wahrheit, Herr Innenminister, sind Sie unzufrieden, dass es bei der ersten wirklich sehr, sehr großen Kundgebung, am 16. Jänner, so friedlich abgelaufen ist, dass die Polizei dort einen wirklich guten Job gemacht hat, besonnen und deeskalierend agiert hat. Das sind ja Profis, in Wien gibt es ja immer wieder Kundgebungen. Das hat Ihnen nicht gepasst! Da sind Sie in die Medien gegangen und haben gesagt, Ihnen gefällt das nicht, da gehört härter durchgegriffen, da gehört mehr angezeigt, da gehört mehr ge­straft, Herr Nehammer.

Sie haben somit die Situation verschärft. Sie haben auch Druck auf die Polizistinnen und Polizisten ausgeübt, die in einem moralischen Dilemma sind. Das sind ja normale Bürger in Uniform. Das sind Familienväter, Familienmütter, die wollen ja nicht gegen das eigene Volk vorgehen, vor allem wenn das Ganze friedlich abläuft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie haben sich einen beispiellosen Angriff auf die Versammlungsfreiheit geleistet. Sie haben das verfassungsmäßig verbriefte Grundrecht der Versammlungsfreiheit mit Füßen getreten! Die Versammlungsfreiheit ist auch in der Europäischen Menschenrechts­kon­vention verankert. Was ist denn mit der angeblichen Europapartei ÖVP? Sie haben willkürlich mit fadenscheinigen Begründungen ein Verbot ausgesprochen. Ich bin mir sicher, dass das auch vor dem Verfassungsgerichtshof so nicht halten wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind noch einen Schritt weitergegangen: Da das verboten wurde, wollte die FPÖ einen friedlichen und organisatorisch gut durchdachten Rahmen schaffen und hat als Partei eine eigene Kundgebung angemeldet. Sie haben auch dafür gesorgt, dass die Kundgebung der Freiheitlichen Partei verboten wird. Das ist ein einmaliger Tabubruch in der Geschichte der Zweiten Republik, die Kundgebung einer Parlamentspartei zu verbieten. Was ist denn dann der nächste Schritt? Wollen Sie dann mit ähnlichen Begründungen überhaupt eine Parlamentspartei ganz verbieten, weil Ihnen die Aus­einandersetzung nicht mehr gefällt? Herr Nehammer, Sie spielen hier mit dem Feuer, Sie sind hier zu weit gegangen. So geht es nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe eingangs gesagt, Sie tun sich schwer mit der Wahrheit. Sie bringen immer wieder die Behauptung, die Sie auch heute gebracht haben, Kickl habe zur Teilnahme an der verbotenen Kundgebung aufgerufen. Herbert Kickl hat diese verbotene Kundgebung im Internet virtuell mit Videobotschaften abgehalten. Was hat Herr Kickl am Tag Ihrer Untersagung gemacht? – Er hat ein Facebook-Posting abgesetzt, in dem er gesagt hat:

„Die FPÖ wird so wie auch die anderen Veranstalter nicht in die von Nehammer und Co. aufgestellte Eskalationsfalle tappen. Im Unterschied zu den Vertretern der Bundes­regierung halten wir uns an rechtliche Vorgaben. Das bedeutet, dass morgen keine FPÖ-Kundgebung stattfinden wird.“

„Wir rufen daher alle Regierungskritiker trotz der beunruhigenden Entwicklungen zur Besonnenheit auf. Durch die Untersagung liegt dies leider nicht mehr in unserer Ver­antwortung, die wir gerne übernommen hätten. Der einzige Verantwortliche für den Verlauf der morgigen Proteste, in welcher Form sie auch immer stattfinden werden, heißt nun Karl Nehammer.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.) Das war die Botschaft von Kickl, nachdem er wie auch andere FPÖ-Vertreter und die Veranstalter dazu aufgerufen haben, auch die Maßnahmen einzuhalten, auch den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, auch wenn man das berechtigterweise im Freien als schwachsinnig empfinden kann. Wir haben aber nachweislich dazu aufgerufen, auch den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, den Abstand einzuhalten. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Wenn das die Veranstalter vor Ort auch gemacht hätten und es einen Ordnerdienst ge­geben hätte, hätte das wahrscheinlich weitgehend funktioniert, aber Sie haben das ja alles durch Ihr willkürliches Verbot zusammengehaut. Sie verbreiten hier Fakenews, auch zusammen mit Herrn Mahrer, der sogar so weit geht und sagt: Die Abgeordneten Belakowitsch, Steger und Hafenecker sind schuld an den Ausschreitungen. – Ja bitte, läuft es bei Ihnen noch gut? Ist Ihnen das nicht selbst zu blöd?

Eines sage ich Ihnen auch: Wir Freiheitliche und auch alle anderen Bürger dieses Landes nehmen sich das Recht, den öffentlichen Raum zu betreten. Da fragen wir nicht Herrn Nehammer und schon gar nicht Sie, Herr Mahrer, um Erlaubnis. Das muss auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann gibt es die unglaublichen Fakenews von dem Parlamentssturm. Nehammer hat wörtlich gesagt, es gab den Versuch, das Parlament zu stürmen und zu besetzen. Er hat sogar gesagt, das erinnert ihn frappant an die Zustände und Ereignisse in Washington, D.C., wo das Kapitol gestürmt wurde. (Abg. Kickl: Das ist ein Wahnsinn!) Allein der Vergleich ist ein Witz, denn dort gab es Tote, Herr Nehammer, und hier gab es gar nichts. Abgesehen davon: Das Parlament tagt, wie wir gerade sehen, seit dreieinhalb Jahren hier in der Hofburg. Auf der Parlamentsbaustelle ist seit dreieinhalb Jahren kein Ab­geordneter, kein Mitarbeiter, und da war auch zum Zeitpunkt dieses Spaziergangs niemand drin. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Einen derartigen Vorfall, auch nur einen Versuch zu unternehmen, das Parlament zu stürmen und zu besetzen, hat es nicht gegeben. Dieser Vorfall hat sich nicht zugetragen. Sie haben hier nicht nur die Unwahrheit gesagt, Sie haben hier in Wahrheit eine plumpe Lüge aufgetischt, und das kann es ja nicht sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe jetzt den Misstrauensantrag ein:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Meine Damen und Herren! Dieser Misstrauensantrag ist notwendig! Wir haben ihn auch nicht schriftlich begründet, damit wir niemanden in einen Gewissenskonflikt bringen. Es kann sich jede Fraktion und jeder Abgeordnete aussuchen, aus welchen Gründen Nehammer nicht mehr das Vertrauen dieses Hauses verdient.

Dafür gibt es viele Gründe: Er hat bei der Terrorbekämpfung in Wien versagt, er hat versagt und versagt laufend im BVT. Er hat es sogar geschafft, eine rechtmäßige Ab­schiebung in eine Inszenierung zu verwandeln, einfach nur, um von den eigenen Prob­lemen und vom eigenen Versagen abzulenken. Das war ein klares Täuschungsmanöver, das haben ja sogar auch die Grünen erkannt. Er versagt als Demokrat, indem er die Bevölkerung und auch die Polizei spaltet und in einen Gewissenskonflikt treibt und die Versamm­lungs­freiheit angreift, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Bitte stimmen Sie diesem Misstrauensantrag zu! Dieser Innenminister hat versagt, er muss gehen. Österreich hat sich einen fähigeren Mann oder eine fähigere Frau an dieser Stelle verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

15.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

§ 55 GOG-NR

des Abgeordneten KO Kickl, Amesbauer, Fürst und weiterer Abgeordneter

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage: „Für die Freiheit – gegen Zwang, Willkür und Rechtsbruch“ in der 81. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 04. Februar 2021

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Misstrauensantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steinacker. – Bitte.