RN/137

12. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den GREVIO-Bericht der ersten thematischen Evaluierungsrunde, die Stellungnahme Österreichs sowie die offiziellen Empfehlungen des Europarates vom 5. Juni 2025, vorgelegt von der Bundesregierung (III­221/264 d.B.)

Präsident Peter Haubner: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung. 

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. 

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete. 

RN/138

17.53

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ja, was sagt der Grevio-Bericht aus? – Österreich hat im Gewaltschutz wichtige Grundlagen geschaffen: Betretungsverbote, Annäherungsverbote, Stärkung der Opferrechte; die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und Gewaltschutzeinrichtungen ist gewachsen. In einigen Krankenhäusern gibt es bereits spezialisierte Strukturen für Betroffene sexualisierter Gewalt. So weit, so gut. 

Der aktuelle Grevio-Bericht deckt aber auch schwerwiegende Kritikpunkte auf und legt sie auf den Tisch, und vieles davon ist nicht neu: Es fehlen einheitliche Standards, es fehlt eine klare und wirksame Gesamtstrategie, der Schutz vor Gewalt hängt noch immer davon ab, in welchem Bundesland Betroffene leben. Grevio kritisiert – wie auch wir in den letzten Jahren – die mangelnde Koordination zwischen den Ressorts, dass Daten nicht ausreichend und nicht systematisch erhoben werden; es gibt keine gemeinsame Datenbasis für Polizei, Justiz und Sozialbehörden, und ohne valide Daten können keine wirksamen Entscheidungen getroffen werden.

Deutlich wird auch eine große Lücke im Gesundheitssektor, denn der Bericht spricht von gravierenden Defiziten in der forensischen Versorgung. Viele Krankenhäuser haben keine einheitlichen Abläufe für die Spurensicherung; spezialisierte Gewaltambulanzen fehlen noch immer in den meisten Bundesländern, und das bedeutet: Opfer sexualisierter Gewalt erhalten nicht überall dieselbe Chance auf medizinische Versorgung und auf gerichtsfeste Dokumentation. 

Sehr geehrte Damen und Herren, diese Lücke hat weitreichende Folgen, denn ohne gesicherte Spuren scheitern Verfahren, ohne klare Abläufe verlieren Opfer Zeit, ohne spezialisierte Versorgung sinkt das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Der Bericht zeigt ganz klar, dass es hier um mehr geht als um Strukturfragen: Es geht um Gerechtigkeit, es geht darum, ob Täter konsequent verfolgt werden können. 

Die Kriminalstatistik unterstreicht diesen Handlungsbedarf: mehr als 1 300 Vergewaltigungsanzeigen im vergangenen Jahr, jeden Tag vier Opfer, und viele Fälle bleiben ungemeldet.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer Gewalt gegen Frauen bekämpfen will, darf diese Lücke nicht dulden. Es braucht klare Vorgaben, es braucht einen klaren Zeitplan, es braucht die Verpflichtung, alle Krankenhäuser mit forensischen Kits auszustatten und Gewaltambulanzen flächendeckend, bundesweit bereitzustellen. Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein: 

RN/138.1

Entschließungsantrag 

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend „Ausbau der Gewaltambulanzen und Sicherstellung forensischer Versorgung in Krankenhäusern“ 

Der Nationalrat wolle beschließen: 

„Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, einen verbindlichen Zeitplan für den flächendeckenden Ausbau von Gewaltambulanzen zu erstellen und umzusetzen sowie sicherzustellen, dass alle Krankenhäuser mit gerichtsmedizinischen Untersuchungskits ausgestattet und die dafür erforderlichen Mittel bereitgestellt werden.“


Frau Minister, Sie sind jetzt am Zug. Erfüllen Sie das Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz endlich mit Leben, einem fixierten Zeitplan und entsprechenden Maßnahmen und stellen Sie die professionelle Versorgung für Opfer sexualisierter Gewalt bundesweit sicher! (Beifall bei der FPÖ.)

17.57

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/138.2

Ausbau der Gewaltambulanzen und Sicherstellung forensischer Versorgung in Krankenhäusern (149/UEA)

Präsident Peter Haubner: Der von Frau Kollegin Ecker eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung. 

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 5 Minuten ein, Frau Abgeordnete. 

RN/139

17.57

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit 1. August 2014 ist in Österreich die Istanbulkonvention in Kraft – das ist das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung, Beseitigung und Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mädchen: ein klares Bekenntnis, ein klarer Vertrag, geschlechtsbedingte Gewalt in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen und häusliche Gewalt einzudämmen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Dass das nicht der Fall ist, sehen wir leider auch an Debatten in anderen Ländern; Lettland zum Beispiel hat vor Kurzem beschlossen, aus der Istanbulkonvention auszutreten, was aber auf höchster politischer Ebene zum Glück verhindert worden ist.

Die Umsetzung des Vertrags wird von einem Expert:innenkomitee auch regelmäßig überprüft; in Österreich hat diese Überprüfung 2023 bereits zum zweiten Mal stattgefunden, und einige von uns Abgeordneten waren auch dabei, um den Austausch mit diesen Expert:innen zu suchen.

Das Ergebnis ist der eben vorliegende Grevio-Bericht, den wir auch im letzten Gleichbehandlungsausschuss sehr ausführlich mit der Frauenministerin, mit der Justizministerin und mit Mag. Karin Gölly als Vertreterin der Gewaltschutzzentren diskutiert haben. – Vielen Dank auch dafür! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski [Grüne].)

Wir haben das Thema Gewaltschutz erst vor Kurzem hier im Hohen Haus in einer Debatte zu einem Dringlichen Antrag thematisiert, und ich möchte es noch einmal wiederholen: Wir wissen, dass jede dritte Frau in Österreich mindestens einmal in ihrem Leben Opfer sexueller oder physischer Gewalt wird, und vielen Frauen bereiten viele Orte Unbehagen: Es sind die dunklen Seitenstraßen, es sind die Partymeilen, es sind aber genauso die Parkhäuser, wo wir uns unsicher fühlen.

Der Ort, an dem Frauen aber am häufigsten geschlagen und im schlimmsten Fall ermordet werden, ist nach wie vor das eigene Zuhause; die vermeintlich sicheren vier Wände sind für Frauen der gefährlichste Ort in Österreich, sehr geehrte Damen und Herren. Das ist ein konkreter Handlungsauftrag auch für uns. 

Das sehen wir auch an der Anzahl an Annäherungs- und Betretungsverboten: Alleine im letzten Jahr wurden in Österreich 14 600 Annäherungs- und Betretungsverbote ausgesprochen und bis 1. September musste die Polizei schon mehr als 9 500 Mal entsprechende Verbote aussprechen. Die dramatische Spitze des Eisbergs sind die 14 Femizide, die in Österreich heuer schon passiert sind. 14 Frauen wurden ermordet, schlicht und einfach aus einem Grund: weil sie Frauen sind. Das ist eine traurige und dramatische Bilanz, die sich leider in die Häufung an Femiziden in den letzten Jahren einreiht.

Alles in allem ist das auch für uns als Politik ein klarer Handlungsauftrag, Maßnahmen zu setzen und die Forderungen der Istanbulkonvention vollumfänglich umzusetzen. Vieles davon haben wir in den letzten Jahren – vieles auch gemeinsam – auf den Weg gebracht, und der Grevio-Bericht zeigt das auch und würdigt die Arbeit in diesem Bereich. Der Grevio-Bericht fordert uns aber auch auf, langfristig weiter umfassende Maßnahmen zu setzen, beispielsweise einen Aktionsplan zu erarbeiten, der nachhaltig gegen Gewalt an Frauen wirkt.

Wir haben es vorhin schon besprochen: Genau dieser Nationale Aktionsplan wird in den kommenden Tagen präsentiert werden, wie es die Bundesministerin in ihrem Redebeitrag in der Debatte zum Dringlichen Antrag angekündigt hat. Wir nehmen diese Forderung auf und werden diesen Nationalen Aktionsplan vollumfänglich auf allen Ebenen und hoffentlich mit der Unterstützung aller Fraktionen, aber auf jeden Fall aller Ressorts auf den Weg bringen und ihn dann letztlich auch umsetzen. Darum geht es: dass wir die Maßnahmen, die wir in diesem Plan festhalten, letztlich auch umsetzen und auf den Weg bringen. Vielen Dank auch für die rasche und konsequente Initiative! (Beifall bei der SPÖ.)

Und besonders wichtig: Wir haben von Anfang an auch die Expertise der Personen, die im Gewaltschutzbereich tätig sind, mit aufgenommen. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Punkt, den wir da vorgenommen haben.

Auch der Forderung nach der sicheren Finanzierung der unterschiedlichen Schutzeinrichtungen im Gewaltschutzbereich über die Gewaltschutzzentren hinaus sind wir nachgekommen. Wir haben – ich habe es vorhin schon gesagt – im Doppelbudget 2025/26 alle bestehenden Gewaltschutzmaßnahmen abgesichert und die Basisfinanzierung der Frauen- und Mädchenberatungsstellen um keinen einzigen Cent gekürzt. Auch da werden wir entsprechend der Aufgabe, die uns vorliegt, handeln.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Gewaltschutzbereich ist vieles zu tun. Nächste Woche wird im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen das Thema wieder ausreichend Aufmerksamkeit bekommen und diskutiert werden. Für uns ist aber wichtig, nicht nur 16 Tage im Jahr darüber zu diskutieren, sondern 365 Tage gegen Gewalt an Frauen zu arbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Oberhofer [NEOS].)

18.02

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß. – Ich stelle die Redezeit auf 4 Minuten ein, Frau Abgeordnete. 

RN/140

18.03

Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Grevio hat den zweiten Bericht gelegt, es sind bereits wieder zwei Jahre vergangen. Ich habe es heute schon einmal gesagt: In diesen letzten zwei Jahren und alleine im letzten Dreivierteljahr, seitdem diese Regierung im Amt ist, ist sehr viel geschehen. Eines möchte ich hier aber besonders erwähnen: Der Grevio-Bericht lobt Österreich explizit für die Errungenschaften im Gewaltschutz. 

Ich darf einige Beispiele nennen: 

Was die Bekämpfung von Genitalverstümmelung angeht, haben wir über Parteigrenzen hinweg viel weitergebracht, dennoch müssen wir in Zukunft genauer hinschauen. Aber: Grevio nimmt das wahr und lobt das.

Die Gewaltschutzzentren, die ausfinanziert sind, die es in allen Bundesländern gibt und die erste Anlaufstelle für Opfer von jeglicher Art von Gewalt sind, werden auch explizit lobend erwähnt.

Genderbudgeting ist bei uns über alle Ressorts hinweg verankert, wir schauen bei jedem Budget gut hin, und dafür bin ich wirklich dankbar.

Wir haben das Frauenbudget in den letzten Jahren verdreifacht und ganz viel davon geht in den Gewaltschutz – das ist gut so. Wir haben heute auf die Dringliche hin auch schon darüber diskutiert, dass es da noch viel zu tun gibt und dass wir das gemeinsam und konsequent weiterverfolgen müssen.

Wir haben die verpflichtende Täterarbeit eingeführt. Täter müssen sich verpflichtend einem Kurs unterziehen, es wird mit ihnen gesprochen. Wenn sie nicht freiwillig zu diesem Kurs gehen, dann werden sie zu diesem Kurs geholt.

Das Betretungsverbot wurde um ein Annäherungsverbot erweitert, auch da wurden Erfolge erzielt.

Thema digitale Gewalt – Hatespeech darf ich da erwähnen –: Durch die digitale Grundbildung schauen wir, was Gewalt angeht, nicht nur in den analogen Raum, sondern auch in den digitalen Raum. Das wird in Zukunft vermutlich noch wichtiger sein, als es jetzt schon ist.

Was der Grevio-Bericht auch lobt, ist, dass wir ganz klar Daten und Fakten zu Frauenmorden erhoben haben (Abg. Pracher-Hilander [FPÖ]: Nein, haben wir nicht!), um besser dagegen vorgehen zu können. 

Die Beweislage wurde heute schon mehrfach diskutiert. Wir brauchen gerichtsfeste Beweise und deswegen bin ich auch dankbar, dass wir als Bund jetzt die Gewaltambulanzen vorab einmal in Graz und Wien mitfinanzieren. Natürlich haben wir vor, das noch über ganz Österreich auszubreiten, jetzt geht es schon telemedizinisch. Wir brauchen eben noch mehr Forensikerinnen und Forensiker, das ist leider ein Mangelfach.

Was sind unsere Vorhaben? Grevio hat natürlich nicht nur gelobt, sondern Grevio hat auch Mängel aufgedeckt.

Von meiner Kollegin Sabine Schatz wurde schon der Nationale Aktionsplan gegen Gewalt, der demnächst vorgestellt wird, erwähnt. – Ein großes Danke an unsere Frauenministerin!

LEA – Let’s Empower Austria – wird auch einen großen Beitrag leisten, das Budget dafür wird nächstes Jahr sogar erhöht. Da geht es nämlich um Befähigung, um Bildung und um Selbstbestimmung. Weiterbildung ist auch für alle Berufsgruppen, die im Gewaltschutz tätig sind, ein ganz wichtiges Tool, um immer vorne dabei zu sein, wenn es um Beweisfindung geht, wenn es um die Verbesserung von Gesetzen und zum Beispiel um eine höhere Verurteilungsrate geht. 

Ein weiteres Thema, das ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist ehrkulturelle Gewalt. Wenn wir uns die Zahlen anschauen – auch das war heute schon in Diskussion –, wissen wir natürlich, dass wir in Relation zu den Einwohnern sehr viel importierte Gewalt haben. Klar, wenn ich die Grenze überschreite, kann ich nicht an der Grenze den Schalter umlegen, denn ich bin ja mit gewissen Werten in einem anderen Land aufgewachsen. Wenn ich aber in dieses Land komme, muss ich unsere Werte annehmen und mich an die Gesetze halten. Deswegen sage ich: Wir müssen auch bei importierter Gewalt genau hinschauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir nehmen die Empfehlungen von Grevio also sehr ernst, wir arbeiten konsequent gemeinsam weiter, über Parteigrenzen hinweg, ohne ideologische Scheuklappen.

Wir investieren in Opferschutz, in Täterarbeit, in Prävention. Wir wollen verbesserte Datenqualität und einheitliche Standards. Ich möchte auch nicht verhehlen, dass wir sehr dankbar für die Zusammenarbeit mit den Bundesländern und mit den NGOs sind, denn nur gemeinsam werden wir die Gewalt gegen Frauen bekämpfen können. Deshalb noch einmal mein Appell: Auch Zivilcourage ist wichtig. Hinschauen und handeln und nicht wegschauen! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski [Grüne] und Oberhofer [NEOS].)

18.08

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein.

RN/141

18.08

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir kommen zum Grevio-Bericht: Ja, Österreich hat wirklich Fortschritte gemacht. Wir können also auch einmal stolz auf uns sein. Wir haben ein Problem erkannt, wir haben viele Probleme erkannt und wir haben angefangen, einen Schritt nach dem anderen zu setzen. Auch die Vorgängerregierung hat das gemacht und dafür vielen Dank! Wir sind allerdings noch nicht am Ende angelangt.

Was haben wir in dieser Gesetzgebungsperiode schon erledigt? – Das ausgeweitete Annäherungsverbot, höhere Strafen bei Gewalt- und Sexualdelikten, mehr Ausbildungsplätze für Gerichtsmediziner und -medizinerinnen, mehr Krisenzentren und Gewaltambulanzen sind in Planung, neue Maßnahmen gegen Hass im Netz, mehr Bewusstseinsarbeit – Stichwort Kampagne zum Thema K.-o.-Tropfen – und verstärkte Präventionsarbeit mit Jugendlichen.

Diese Fortschritte werden im Bericht auch ausdrücklich gewürdigt, aber wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen. In einem Land, in dem durchschnittlich drei Frauen pro Monat ermordet werden, können wir nicht einfach mit dem Status quo zufrieden sein. Wir müssen besser werden. Wir brauchen eine bessere Vernetzung der Gewaltambulanzen und Hilfseinrichtungen. Wir brauchen verpflichtende Schulungen auch für jene, die über Schutz und Gefährdung entscheiden: Justiz, Polizei. Wir brauchen mehr Bewusstseinsbildung unter Männern und Burschen, weil das Alter der Täter immer weiter sinkt, und wir brauchen einfach bessere Aufklärung und Information.

Das haben wir uns aber auch vorgenommen und wir werden da wirklich eines nach dem anderen abarbeiten und Schritt für Schritt weitergehen, denn kein Opfer darf das Gefühl haben, alleingelassen zu sein. Kein Opfer darf das Gefühl haben, nicht ernst genommen zu werden. Kein Opfer darf das Gefühl haben: Hätten die doch das und das erledigt, dann wäre ich jetzt nicht in dieser Situation!, und das muss unser Anspruch sein. (Beifall bei den NEOS.)

Das war der Grevio-Bericht. 

Ich möchte hier auch noch ein paar Worte zu einem Antrag verlieren, der von der FPÖ eingebracht werden wird. Was will die FPÖ da? – Sie will soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten, also sie möchte konkret den Migrationshintergrund von Tätern als zusätzliche Erhebungsvariable im polizeilichen, staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Datensystemen haben, implementieren.

Strafrecht arbeitet mit ganz klaren Kriterien, das ist die Staatsbürgerschaft, das ist das Alter, das ist das Geschlecht, aber Migrationshintergrund – also, auf die Idee muss man mal kommen! Wie ist denn da irgendwie auch nur ansatzweise die Vorstellung, wenn meine Oma aus der Slowakei gekommen ist, ich aber in Wien geboren wurde: Ist das dann ein Migrationshintergrund oder nicht? In meinem Fall – meine Mama ist Deutsche, mein Papa ist Österreicher, ich habe die Doppelstaatsbürgerschaft –: Habe ich einen Migrationshintergrund? Wo fängt man an? Wo hört man auf? Also, das ist komplett hanebüchen, und vor allem eines: rassistisch. Das ist nämlich genau das, was ihr im Blick habt, und es bringt keinen Erkenntnisgewinn. (Beifall bei den NEOS.)

Migrationshintergrund ist kein Rechtsbegriff, meine sehr verehrten Damen und Herren, und es führt zu nichts anderem als zu ethnischen Listen, und das hatten wir schon mal in diesem Land, und das sollten wir vermeiden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Strasser [ÖVP].)

18.12

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Ich stelle die Redezeit auf 5 Minuten ein, Frau Abgeordnete.

RN/142

18.12

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Falls Sie sich zu dieser Debatte gerade erst zugeschalten haben: Wir debattieren den sogenannten Grevio-Bericht. Worum geht es da? – Eine unabhängige Expert:innenkommission des Europarats prüft und bewertet, welche Maßnahmen Staaten im Kampf gegen Gewalt an Frauen, im Kampf gegen häusliche Gewalt setzen, in dem Bestreben, Frauen, Kinder, Mädchen insgesamt bestmöglich vor Gewalt zu schützen. Die Kommission hat den Zeitraum 2018 bis 2024 geprüft, und damit faktisch die gesamte gemeinsame Regierungsperiode von ÖVP und Grünen, aber logischerweise noch nicht die Arbeit der aktuellen Regierung, das kommt erst. 

Der Bericht, den wir jetzt debattieren, attestiert der ÖVP- und Grünen-Bundesregierung einen sehr starken politischen Willen im Gewaltschutz, in der Gewaltprävention, im Opferschutz und verweist auf sehr viele Maßnahmen, die wir gemeinsam umgesetzt haben, die teils schon sehr, sehr überfällig waren, auf die Expertinnen, Experten sehr lange gedrängt hatten und die wir in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam erfolgreich umgesetzt haben. Ich mag die Gelegenheit nutzen, mich bei den Kolleginnen und Kollegen der ÖVP dafür zu bedanken, dass uns da in der letzten Legislaturperiode doch einiges Gutes gelungen ist. – Danke dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was haben wir da konkret gemacht? Welche Maßnahmen heben die Expertinnen, Experten besonders hervor? – Es gibt ja dieses geflügelte Wort: Politische Priorität zeigt sich bekanntlich unter anderem und vor allem auch in Zahlen, sprich in Budgets. Folglich betonen die Expertinnen und Experten die signifikanten Budgeterhöhungen, die es in diesem Bereich gegeben hat. Ich glaube, Kollegin Bogner-Strauß hat es vorhin schon erwähnt: Alleine im Frauenministerium haben wir in der letzten Legislaturperiode die Mittel dafür verdreieinhalbfacht, das war eine Budgeterhöhung, die es in dieser Form davor noch nie gab, und das war, glaube ich, ein wichtiger Startpunkt für alles, was danach noch gekommen ist, denn das war noch nicht alles.

Wir haben auch in anderen Ministerien so budgetiert, dass die Arbeit von Gewaltschutzzentren, von Familienberatungsstellen, von Frauen- und Mädchenberatungsstellen, auch von der Männerberatungsstelle oder von der so wichtigen Helpline gegen Gewalt an Frauen auf solide Beine gestellt werden konnte, auch das war wichtig.

Vorher gab es ja unter der türkis-blauen Regierung eine budgetpolitische Geisterbahnfahrt in diesen Bereichen. Da wurden Budgets, die ohnehin sehr mager dotiert waren, leider noch gekürzt. Wir haben das umgedreht. Ich mag hier auch die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die tagtäglich in all diesen Beratungseinrichtungen wichtige Arbeit leisten, da sind für von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen und ihnen wirklich mit Rat und Tat und Schutz und Hilfe zur Seite stehen. – Vielen, vielen Dank für Ihre wichtige Arbeit! (Beifall bei den Grünen.)

Was wir in diesem Bericht noch sehen und was besonders positiv hervorgehoben wird, sind die zahlreichen Maßnahmen, die von der ehemaligen Justizministerin Alma Zadić umgesetzt worden sind. Besonders hervorgehoben wird beispielsweise das Gesetzespaket gegen Hass im Netz, aber auch der verbesserte Opferschutz in Gerichtsverfahren und vor allem auch der weitere Ausbau, die Verankerung der Gewaltambulanzen. Darauf wird die Kollegin dann selber noch näher eingehen. Und auch das scheint mir sehr wichtig zu sein: Als besonders wichtig benennen die Expertinnen und Experten jene Maßnahmen, die im Gesundheits- und Sozialministerium von Johannes Rauch umgesetzt worden sind.

Ich erinnere da exemplarisch an die aus meiner Sicht sehr gelungene, sehr wichtige Sensibilisierungskampagne Mann spricht’s an, die an die Zivilcourage von Männern appelliert und sie dazu ermutigt, einzuschreiten, wenn sie irgendwo sehen, dass Gewalt gegen Frauen, gegen Mädchen ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang besonders wichtig war auch das gewaltpräventive Projekt Stop – Stadtteile ohne Partnergewalt. In den vergangenen fünf Jahren ist es gelungen, dieses wichtige Projekt österreichweit auszurollen, und ich denke, es ist wichtig, darauf zu schauen, dass es fortgeführt wird.

Eine Sache, die hier in diesem Haus im Jahr 2020 auch sehr kritisch diskutiert worden ist, war der Paradigmenwechsel, den die türkis-grüne Bundesregierung in der Gewaltprävention eingeläutet hat, nämlich die Einführung der sogenannten verpflichtenden Gewaltpräventionsberatung für Täter, die aufgrund von einem Betretungs- oder Annäherungsverbot durch die Polizei weggewiesen und mit einer verpflichtenden Beratung belegt worden sind.

Wir haben gesehen, und das haben uns die Beratungsstellen in vielen Gesprächen bestätigt, dass diese Maßnahme tatsächlich eine besonders wichtige war, weil sie verhindert oder die Wahrscheinlichkeit verringert, dass jemand, der bereits Gewalt ausgeübt hat, nochmals gewalttätig wird. Also ja, die Expertinnen und Experten sehen ganz viel Gelungenes, aber – ich glaube, das hat auch Kollegin Bogner-Strauß gesagt – es gibt gleichzeitig 39 Verbesserungsvorschläge, die da formuliert worden sind, Verbesserungen, die die neue Bundesregierung jetzt auch umsetzen muss.

Zwei davon möchte ich abschließend hervorheben: Einerseits nochmals die Betonung auf die schnelle, rasche Ausrollung der Gewaltambulanzen und – weil es, glaube ich, von den anderen Vorredner:innen nicht erwähnt worden ist – wir müssen uns sehr viel schneller und sehr viel intensiver mit den Gefahren gewaltvoller Onlinepornografie auseinandersetzen, denn sie ist nachweislich ein Nährboden für sexualisierte Gewalt. Ich komme zum Schluss.

Frau Ministerin, gerade im Gewaltschutz, in der Gewaltprävention ist es im Hohen Haus ja durchaus eine gute Tradition, dass es überparteiliche Anstrengungen, Bemühungen und Konsens gibt, und Sie können sich darauf verlassen, dass wir Grüne da auch weiterhin verlässlich unseren Teil beitragen werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

18.18

Präsident Peter Haubner: Ich begrüße Frau Bundesministerin Holzleitner wieder und erteile ihr das Wort. – Bitte, Frau Bundesminister.

RN/143

18.18

Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung Eva-Maria Holzleitner, BSc: Herzlichen Dank, Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Österreich hat 2011 die Ratifizierung der Istanbulkonvention vorgenommen und es wurde schon gesagt: Damit sollen Frauen bestmöglich vor Gewalt geschützt werden. Dafür steht dieses Vertragswerk: Zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das muss immer politische Priorität sein, muss politische Priorität haben, und genau das wird auch geprüft seitens Grevio, einem Gremium von Expertinnen und Experten: ob die Länder, die die Istanbulkonvention ratifiziert haben, diese Priorisierung auch vornehmen. 

Österreich hat nun auch die zweite Evaluierungsrunde hinter sich gebracht. Die Verbesserungen wurden schon von Ihnen, werte Abgeordnete, erwähnt. Das muss man auch hervorheben, und es ist ja auch gut, dass es da tatsächlich Verbesserungen gegeben hat, gesetzlich und darüber hinaus.

Gleichzeitig gibt es aber weiterhin Verbesserungspotenziale. Die Datenverarbeitung wurde genannt. Und ich denke, dass es da auch wichtig ist – weil sich auch im Regierungsprogramm ein Punkt dazu findet –, sich anzusehen, wie ein Femizid wissenschaftlich definiert wird. Das wird notwendig sein, dass es in Zukunft internationale Vergleichbarkeit geben kann. Damit setzt sich beispielsweise auch eine Arbeitsgruppe bei Grevio, also in diesem Expertinnen- und Expertengremium auseinander. 

Die Zusammenarbeit zwischen Opferschutzeinrichtungen und Behörden soll verbessert werden, auch das ist eine Empfehlung. Die Umsetzungen dieser Empfehlungen sind logischerweise notwendig, um auch effektiven Schutz zu bieten und den Betroffenen entsprechend auch Zugang zu ermöglichen und Gerechtigkeit zukommen zu lassen.

Dass Handlungsbedarf besteht, hat uns vor allem die Medienberichterstattung der letzten Tage wieder vor Augen geführt: mutmaßliche Femizide, Gewalttaten an Frauen aus den unterschiedlichsten Kontexten. Erwähnen möchte ich hier den dramatischen Bericht aus Oberösterreich, wo eine Frau im Rollstuhl mit einem Übergriff, mit Gewalt konfrontiert war. Das zeigt, dass die Facetten von Gewalt sehr vielseitig sind und wir deshalb immer genau hinschauen müssen. 

Die Istanbulkonvention bietet uns hier nicht nur einen Rahmen an, sondern sie stellt einen klaren Auftrag dar: dass wir auch von politischer Seite Gewaltschutz niemals als individuelles Problem abtun dürfen, sondern dass da ganz klar ein strukturelles Problem vorliegt und eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung notwendig ist, um Betroffene zu schützen, um Täter konsequent zu verfolgen und gleichzeitig auch die gesellschaftlichen Ursachen von Gewalt zu bekämpfen. Eine Empfehlung setzen wir gerade direkt um: nämlich die Ausarbeitung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen, bei der wirklich alle Ministerien in dieser Bundesregierung beteiligt sind und bei der wir über Ressortgrenzen hinweg auch wirklich gut zusammenarbeiten, im Erstellungsprozess auch zusammengearbeitet haben, bewusst mit Expertinnen und Experten, mit der Zivilgesellschaft und mit den Bundesländern, weil auch die Vernetzung, die Zusammenarbeit, den Austausch eine Empfehlung ist. Im Erstellungsprozess des Nationalen Aktionsplans haben wir das gemeinsam genau so auch gelebt und damit eine klare Empfehlung bereits in Umsetzung gebracht. Wenn wir an einem Strang ziehen, kann auch nachhaltig tatsächlich mehr Schutz garantiert werden. 

Der Grevio-Bericht zeigt unter anderem – und ja, auch das muss lobend hervorgehoben werden –, dass bereits einige Punkte umgesetzt worden sind und insbesondere in der Justiz gute Fortschritte gemacht worden sind. Ja, Justizministerin Alma Zadić hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet. Das wurde auch von Justizministerin Anna Sporrer, der es bewusst wichtig war, am Gleichbehandlungsausschuss teilzunehmen und dort Rede und Antwort zu stehen, erwähnt. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, weil es wichtig ist, dass im Gewaltschutz tatsächlich über die Parteigrenzen hinweg gut zusammengearbeitet wird – und das ist definitiv auch in Zukunft weiterhin über die koalitionären Grenzen notwendig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Deckenbacher [ÖVP].)

Das Upskirting-Verbot wurde erwähnt, das ist beispielsweise auch eine Errungenschaft der letzten Legislaturperiode. Wir haben aber auch in den letzten Monaten bereits gute Dinge auf den Weg gebracht, das Dickpic-Verbot wurde erwähnt. Ich möchte hier dennoch noch einmal die wesentlichen Weichenstellungen im Bereich des Waffengesetzes erwähnen, weil es da notwendig ist, hinzuschauen. Waffengewalt ist im Kontext mit Gewalt an Frauen nicht zu negieren. Es kommt viel zu oft vor – ja, in den eigenen vier Wänden, aber auch im öffentlichen Raum, weshalb ein scharfes Waffengesetz ein wichtiger, guter erster Schritt war. 

Genauso haben auch wirklich positive Entwicklungen in den Regionen stattgefunden. Ein Beispiel möchte ich hier erwähnen, weil vorhin bei der Dringlichen Debatte immer wieder der öffentliche Raum angesprochen worden ist: die Waffenverbotszone am Yppenplatz. Auch das sind ganz konkrete Maßnahmen, die wirken und die notwendig sind, um Gewalt in den eigenen vier Wänden, aber auch im öffentlichen Raum zurückzudrängen – klare politische Entscheidungen auf allen Ebenen, auch für den öffentlichen Raum, um wirksam zu schützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurden die Gewaltambulanzen angesprochen: Im Regierungsprogramm haben wir die Ausrollung klar vereinbart. Abgeordnete Bogner-Strauß hat schon erwähnt, dass Forensikerinnen und Forensiker natürlich ein gewisses Nadelöhr darstellen. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt warten, bis die entsprechende Anzahl auch tatsächlich vorhanden ist. In der Steiermark wird gerade ein telemedizinisches Angebot ausgebaut, damit man sagen kann: Auch andere Krankenhäuser neben Graz können im Notfall wirklich unterstützen, dort kann auch geholfen werden. Es gibt online eine Toolbox zum Thema Opferschutz, damit Gesundheitspersonal sich Wissen aneignen kann und man auch klar sieht, was zu tun ist, wenn man mit Gewalt konfrontiert ist. Ich denke, das sind wichtige Zwischenschritte, bis dann tatsächlich die Gewaltambulanzen auch in allen Bundesländern ausgerollt sind, so wie es im Regierungsprogramm klar vereinbart ist. Wir arbeiten definitiv daran zusammen, dass das rasch passiert und nicht auf die lange Bank geschoben wird. 

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines erwähnen, weil wir, wenn wir über Grevio und die Istanbulkonvention sprechen, natürlich auch die europäische Komponente mitdenken müssen: Es ist dramatisch und sehr enttäuschend, dass in Lettland erst kürzlich die Debatte darüber geführt worden ist, dass man aus der Istanbulkonvention austreten möchte. Das Parlament hat den Beschluss gefasst. Der Präsident hat sein Veto eingelegt. Es haben Demonstrationen für den Schutz und für die Sicherheit von Frauen stattgefunden. 10 000 Menschen sind auf die Straße gegangen und haben sich für Gewaltschutz eingesetzt. Das ist ein Beispiel, damit man sieht, dass nicht alle Regierungen in Europa Gewaltschutz als eine der obersten Prioritäten ansehen – und das ist gerade deswegen enttäuschend, weil auch Abgeordnete dieses Parlaments vor genau zwei Jahren im Rahmen einer Reise der bilateralen parlamentarischen Gruppe in Lettland vor Ort waren und wir uns dort mit Abgeordneten ausgetauscht haben und von dem Prozedere berichtet haben, wenn ein Land durch Grevio kontrolliert wird und dabei ein guter Austausch und nicht irgendein ideologischer Prozess stattfindet, sondern ganz klar der Schutz von Frauen im Vordergrund steht.

Rund zwei Jahre später wäre dieser Schritt beinahe rückgängig gemacht worden, und das zeigt auch, dass Gewaltschutz nicht an den nationalen Grenzen enden darf, sondern wir einen Auftrag haben, Kolleginnen und Kollegen aus Europa und international immer wieder darauf hinzuweisen und uns gemeinsam dafür einzusetzen, dass jede Frau, jeder Mensch international das Recht auf Schutz hat und wir hier als Österreich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, aber auch mit Konventionen wie der Istanbulkonvention als positives Beispiel vorangehen können. Auch das, denke ich, ist wesentlich: europäische Solidarität im Sinne der Frauen, im Sinne der Opfer zu signalisieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines ist schließlich ganz klar, und auch das kann ich nur nochmals wiederholen: Jede Frau hat das Recht auf ein sicheres Leben, jede Frau hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt. Es ist eine politische Aufgabe, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen und es nicht als individuelles Problem zu behandeln und die Frauen zu beschämen. Das ist ein politischer Auftrag, dem wir alle nachkommen müssen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Grünen.)

18.27

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ricarda Berger. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

RN/144

18.27

Abgeordnete Ricarda Berger (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren, aber vor allem liebe Frauen in diesem Land! Der Grevio-Bericht ist kein nüchternes Expertendokument, er ist im Endeffekt ein Protokoll des politischen Versagens der letzten Jahre – ein Dokument, das ganz klar zeigt, wohin falsch verstandene Toleranz, ideologisches Schönreden und die politische Kapitulation seit 2015 leider Gottes geführt haben. Wir sprechen da überhaupt nicht von irgendwelchen abstrakten Entwicklungen, wir sprechen da ganz klar über reale Gewalttaten: über Frauen, die bedroht, verletzt und in manchen Fällen brutalst ermordet wurden. 

Eines muss ich ganz offen und ehrlich sagen: Diese Eskalationen sind nicht zufällig entstanden. Sie sind das Ergebnis einer Politik, die Warnungen ignoriert hat, die Probleme weggelächelt hat und die lieber moralische Phrasen gedroschen hat, anstatt Verantwortung zu übernehmen. (Zwischenruf des Abg. Oxonitsch [SPÖ].) Seit 2015 hat sich eine Haltung hier breitgemacht, die leider Gottes gefährlicher nicht sein könnte: eine Toleranz, die Täter schont – man sieht das auch ganz klar am Fall Anna –; eine Toleranz, die Grenzen verwischt; eine Toleranz, die Frauen schutzlos zurücklässt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen sagen hier sehr klar und auch unmissverständlich: Wer aus politischer Bequemlichkeit, aus ideologischer Verblendung oder aus Angst vor Schlagzeilen verschweigt, wo Gewalt entsteht, der trägt Mitschuld daran, dass diese Gewalt weiter eskaliert. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir verlangen, dass endlich ausgesprochen wird, was jeder Polizeibericht, jede Einsatzstatistik und jeder Gewaltschutzexperte seit Jahren bestätigt: Gescheiterte Integration ist ein Sicherheitsproblem, mangelnder Respekt gegenüber unseren Werten ist ein Sicherheitsproblem und politisches Wegschauen ist das größte Sicherheitsproblem von allen. (Beifall bei der FPÖ.) 

Wer zu uns kommt, muss unsere Gesetze respektieren – nicht irgendwann, nicht vielleicht und nicht im Rahmen irgendwelcher kultureller Eigenheiten, sondern sofort und ausnahmslos. Wir sagen ganz, ganz klar: Gleichberechtigung ist nicht verhandelbar, sie ist die Grundlage unserer Gesellschaft; und wer Gewalt ausübt oder unsere Grundordnung ablehnt, für den gibt es keine falsche Rücksichtnahme, keine Ausreden und nein, auch keine politische Schutzdecke.

Frauenschutz bedeutet nämlich ganz klar: klare Grenzen zu ziehen, gefährliche Entwicklungen zu benennen und politische Fehler endlich zu korrigieren. Ich glaube – und davon bin ich zutiefst überzeugt –, die Frauen in diesem Land haben sich das verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Grevio-Bericht liefert Empfehlungen, aber ohne Mut und Konsequenzen und ohne ehrliche Analyse bleiben die Empfehlungen leider nur Empfehlungen. Wer Frauen schützen will, muss sich trauen, die Fehler, die seit 2015 entstanden sind, offen anzusprechen. Wir Freiheitlichen tun das ungeschönt und wir werden es auch weiter tun – laut, klar und ohne Rücksicht auf jene, die dieses Problem verursacht haben, denn wir sagen auch ganz klar: Die Wahrheit ist zumutbar. (Beifall bei der FPÖ.)

18.31

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 4 Minuten ein, Frau Abgeordnete.

RN/145

18.31

Abgeordnete Mag.a Verena Nussbaum (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Uns liegt der Bericht des Expert:innengremiums, der Grevio-Kommission, vor. 2023 wurde eine umfassende Evaluation der österreichischen Gewaltschutzmaßnahmen vorgenommen, zu denen wir uns ja durch Unterzeichnung der Istanbulkonvention verpflichtet haben. Der Bericht – wir haben es heute schon einige Male gehört – begrüßt ausdrücklich zahlreiche Schritte, die wir in den letzten Jahren gegen Gewalt an Frauen gesetzt haben. Besonders hervorheben möchte ich die Errichtung der Gewaltambulanzen in Graz und Wien und auch, dass bereits weitere Standorte vorgesehen sind. Wichtig ist, dass Frauen, die Gewalterfahrungen gemacht haben, rasch, kostenlos und niederschwellig medizinische Unterstützung bekommen. 

Weiters wurde auch die Ausweitung des Betretungs- und Annäherungsverbotes positiv vermerkt, wodurch von Gewalt betroffene Frauen besser vor den Tätern geschützt werden. Der Bericht hebt auch hervor, dass Österreich Frauen vor neuen Formen der Gewalt im digitalen Raum schützt.

Da wird jetzt allerdings nach der Evaluierung ein weiterer Schritt wichtig sein, nämlich – was wir heute schon im Zuge des Dringlichen Antrages diskutiert haben – die Verankerung des Konsensprinzips: Nur Ja heißt Ja; das bedeutet, die Zustimmung in Bezug auf sexuelle Handlungen nochmals unmissverständlich klarzustellen, und das wird im Strafrecht für Frauen deutlich gestärkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere Bundesregierung hat aber auch schon einen weiteren Schritt gesetzt, nämlich was die digitale Verbreitung sogenannter Dickpics betrifft. Das ist sicher auch eine sehr positive Sache, dass dies nunmehr unter Strafe gestellt wird, da vor allem Frauen vom Erhalt unerwünschter Penisbilder oder Bilder sonstiger Genitalien betroffen waren. Aber auch die Fachstelle zum digitalen Kinderschutz – Safer Internet – wurde eingesetzt, die ganz wichtig ist, dass man bereits bei Jugendlichen damit beginnt, dass diese im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen im Internet ein Bewusstsein darüber ausbilden und sie sich dadurch wehren können.

Wir haben heute aber auch schon gehört: Grevio hat uns nicht nur gelobt, sondern es gibt auch klare Handlungsaufträge. Darum freut es mich, dass wir die Anzahl der Gewaltschutzzentren und Schutzunterkünfte, die ja leider noch nicht in allen Bundesländern ausreichend vorhanden sind, erhöhen, dass die jetzige Bundesregierung beschlossen hat, bis 2027 insgesamt 12 Millionen Euro in den Ausbau von Schutzunterkünften zu investieren.

Zum Schluss noch ein wichtiger, leider tragischer Punkt: Trotz der bereits gesetzten Maßnahmen bleibt die Zahl der Femizide – wir haben es heute schon gehört: bisher in diesem Jahr 14 – und der von Gewalt betroffenen Frauen nach wie vor viel zu hoch in Österreich. Um dem entgegenzuwirken, hat die Grevio-Kommission schon gesagt, wir brauchen einen umfassenden Aktionsplan. Darum freut es mich, dass unsere Bundesministerin Evi Holzleitner diesen Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit als Ministerin angegangen ist und ihn anlässlich der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen in den nächsten Tagen präsentieren wird, um bestehende Lücken im Gewaltschutz schließen zu können, denn wir wissen: Jede Frau hat ein Recht auf ein Leben ohne Angst und ohne Gewalt. 

Ich möchte auch noch betonen: Schutz vor Gewalt ist kein Privileg, es ist ein Grundrecht. Wir in der Politik und der Rechtsstaat müssen dieses Recht für jede Frau durchsetzen, ohne Ausrede und ohne Ausnahme. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Deckenbacher [ÖVP].)

18.35

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Margreth Falkner. Redezeitwunsch: 3 Minuten.

RN/146

18.35

Abgeordnete Margreth Falkner (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich war vor einigen Tagen beim 40-Jahr-Jubiläum von Frauen helfen Frauen in Tirol. 36 000 Frauen, die dort Hilfe gesucht haben, 36 000 Leben, die ein Stück Sicherheit gefunden haben. Diese Zahl mag sich auf den ersten Blick nicht dramatisch anhören, aber sie ist es, wenn wir wissen, dass hinter jeder dieser Frauen eine traurige Geschichte steht. Sie ist es auch deshalb, weil wir wissen, dass viele Frauen diesen Schritt gar nicht wagen. Von vielen dieser Frauen haben die Mitarbeiterinnen den Namen gar nicht erfahren – nicht, weil sie anonym bleiben wollten, sondern weil die Angst größer war als jedes Wort.

Diese namenlosen Frauen begleiten mich heute in diese Debatte, denn sie zeigen, warum dieser Bericht nicht nur trockene Materie ist, sondern ein ganz klarer Auftrag: Wir sehen im Grevio-Bericht, dass Österreich in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte gemacht hat. Ich finde, das dürfen wir auch laut sagen und wir haben das heute auch schon gehört. Wir haben das Frauenbudget in wenigen Jahren verdreifacht. Das bedeutet ganz konkret mehr Beratung, mehr Personal, mehr Sicherheit für Frauen. Wir haben das Gewaltschutzgesetz gestärkt und das Annäherungsverbot neu eingeführt, das heute jeden Tag Frauen schützt, die bedroht werden.

Wir haben digitale Gewalt endlich ernst genommen. Mit dem Hass-im-Netz-Paket gibt es seit 2021 klare Wege, wie Frauen sich gegen Cyberstalking, Upskirting und auch Onlinebelästigung wehren können. Es gibt flächendeckend Gewaltschutzzentren, diese haben im letzten Jahr über 20 000 Opfer unterstützt – schneller, professioneller und verlässlicher als je zuvor. Diese Fortschritte retten Leben – jeden Tag. Sie geben Frauen das zurück, was ihnen genommen wurde: nämlich Kontrolle, Sicherheit und auch Würde.

Der Bericht zeigt aber auch ganz deutlich jene Bereiche, wo wir noch nicht dort sind, wo wir sein müssen. Noch immer werden bei uns im Schnitt drei Frauen pro Monat getötet. Noch immer wenden sich viel zu wenige Frauen an Hilfsstellen und nur 5 Prozent der Frauen, die getötet wurden, haben Hilfe gesucht. Noch immer fehlen verpflichtende Ausbildungen für jene, die täglich Entscheidungen für die Sicherheit von Frauen treffen.

Doch das bedeutet nicht, dass wir gescheitert wären, es bedeutet, dass wir ein gutes Fundament gelegt haben und jetzt müssen wir darauf aufbauen. Österreich hat gezeigt, dass wir handeln können. Wir haben gezeigt, dass wir dazulernen. Wir modernisieren Gesetze, erhöhen Budgets, stärken die Prävention, und wir sind bereit, auch neue Wege zu gehen. Jetzt geht es darum, dieses Tempo auch zu halten. Es geht darum, Gewalt dort zu verhindern, wo sie entsteht, Kinder früher zu schützen, Männer früher zu erreichen und Schulen einzubinden – und zwar bevor etwas passiert und nicht erst danach. Am Ende geht es aber nicht um Zahlen, so wichtig sie auch sind – es geht um diese Frauen, deren Namen wir nie erfahren haben und um all jene, die heute noch Angst haben. Deshalb bin ich wieder am Anfang.

Wir kennen die Namen vieler dieser Frauen nicht, aber wir können dafür sorgen, dass ihre Geschichten nicht im Dunkeln bleiben, dass ihre Angst nicht das letzte Wort hat und dass jede Frau in diesem Land weiß, dass es Hilfe gibt, dass es Schutz gibt und dass sie nicht alleine ist. 

Da wir alle noch unter dem Eindruck des gestrigen Fußballspiels stehen: Zeigen wir der Gewalt die rote Karte, immer, alle und das nicht nur 16 Tage im Jahr! (Beifall bei der ÖVP.)

18.39

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Alma Zadić. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete. 

RN/147

18.40

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich finde es wirklich sehr gut, dass wir diesen Grevio-Bericht haben, aus dem einfachen Grund, weil dieser Grevio-Bericht einerseits aufzeigt, was wir in der Vergangenheit alles erreicht und geschafft haben, was wir im Vergleich zur Periode davor verbessert haben. Er zeigt aber andererseits auch, dass wir uns auf diesem Erreichten nicht ausruhen dürfen, er zeigt auch, dass wir weitermachen müssen. Genau da ist der Vorteil, dass wir der Istanbulkonvention beigetreten sind, genau das ist auch das Gute an diesem Grevio-Bericht, dass er uns alle auffordert, politisch etwas zu tun.

Ich möchte ein Thema herausgreifen, das mir wirklich ein besonderes Anliegen ist, und das sind die Gewaltambulanzen. Die Gewaltambulanzen sind mir deswegen so ein Anliegen, weil es immer und immer wieder im Grevio-Bericht heißt, unsere Verurteilungsquote sei viel zu niedrig. Das stimmt quer durch, sowohl wenn es um häusliche Gewalt geht, um Gewalt im sozialen Nahraum, oder eben, wir haben heute schon darüber gesprochen, wenn es um sexualisierte Gewalt geht. Überall dort ist die Verurteilungsquote einfach viel zu niedrig. Der Grund ist, dass Beweise fehlen. Es fehlen schlicht und ergreifend Beweise bei Gericht, weil sehr oft, beispielsweise bei häuslicher Gewalt, Aussage gegen Aussage steht. Genau deswegen braucht es flächendeckende Gewaltambulanzen, damit man niederschwellig einfach dorthin gehen und diese Gewaltspuren auch gerichtsfest machen kann. Ich sage auch deswegen niederschwellig und flächendeckend, weil diese Gewaltspuren gerade bei Kindern sehr schnell verschwinden. Daher ist ein unmittelbarer Zugang zu einer Gewaltambulanz – möglichst anonym, möglichst rasch – von immenser und entscheidender Bedeutung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir daher nichts sehnlicher, als dass wir es schaffen, das flächendeckend umzusetzen. Ich würde mir auch wirklich wünschen, dass genug Budget dafür da ist, denn im letzten Innenausschuss hat der Herr Innenminister gesagt, dass kein Budget für die Gewaltambulanzen budgetiert wurde. Also ich hoffe wirklich sehr, dass es sich trotzdem ausgeht. Ich weiß, Sie sind dahinter, ich weiß, die Justizministerin ist dahinter. Wir haben damals vier Ministerien gebraucht, damit sich das finanziell ausgeht. Ich würde mir wirklich wünschen, dass das auch fortgeführt wird, insbesondere auch die Verträge. Die derzeitigen Verträge für die Gewaltambulanzen laufen ja aus, sowohl in Wien als auch in Graz. Da braucht es eine Verlängerung, und für den flächendeckenden Ausbau braucht es auch noch weitere Ressourcen. 

Der zweite Punkt, der heute auch angesprochen wurde, betrifft Forensiker, Gerichtsmediziner. Wir müssen einfach in diesem Bereich investieren. Ich bin froh, dass Sie als Frauenministerin auch gleich Wissenschaftsministerin sind, denn ich glaube, es ist auch wichtig, dass die Wissenschaft den Fokus auf die Gerichtsmedizin legt. Wir – als Österreich, als Wien – waren früher einmal führend in diesem Bereich und sind es leider schon lange nicht mehr. Um Morde, Femizide aufzudecken, braucht es gute Gerichtsmediziner, also würde ich mir sehr wünschen, dass wir in diese Richtung auch investieren. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.43 

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katayun Pracher-Hilander. – Ich stelle die Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete. 

RN/148

18.44

Abgeordnete Mag. Katayun Pracher-Hilander (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Zuseher! Der Grevio-Bericht gibt uns einen Überblick zum Thema Gewalt an Frauen, das wissen wir jetzt, und zeigt, wie Symbolpolitik aussieht. Aus dem Bericht geht nämlich hervor, Frau Ministerin, dass die Vorgängerregierung eine Studie in Auftrag gegeben hat, die zum Ergebnis gekommen ist, dass es vier Hochrisikofaktoren für Gewalt oder Femizide gibt: psychische Erkrankung der Täter, frühe Vorkommnisse häuslicher Gewalt, finanzielle Belastung und etwas, das Frau Brandstötter jetzt interessieren würde, wenn sie da wäre (Zwischenrufe bei NEOS und Grünen), nämlich patriarchalische Denkweise. 

Diese patriarchalische Denkweise ist empirisch gesehen eine Kulturvariable, und der Bericht selbst kritisiert daher zu Recht die Regierung, dass diese Kulturvariable ausgeblendet wurde und in einer Folgestudie lediglich auf den Punkt psychische Erkrankung der Täter eingegangen wurde. Das steht im Bericht, wenn man lesen kann. (Abg. Brandstötter [NEOS]: Ja, genau, ... !) Diese Denk- und Vorgehensweise, die aber von Ihrer Seite kommt, spricht für eine volksverachtende Politik, zumal sich aus dem Grevio-Bericht, der besagten Studie 2023 und einer Publikation des Bundesministeriums für Inneres 2024 folgende Fakten zusammentragen und festhalten lassen, die einen kulturbedingten Zusammenhang zwischen Herkunftsland und Gewalt an Frauen nahelegen, nämlich: erstens besagter Hochrisikofaktor patriarchalische Denkweise; zweitens, dass die Stichwaffe zur Modewaffe geworden ist; drittens, dass im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2020 40,3 Prozent der Täter Migrationshintergrund hatten; viertens, dass der Anteil der Täter und Opfer mit ausländischer Staatsangehörigkeit – wir haben das schon gehört – mit 10 Prozentpunkten überproportional hoch repräsentiert ist; und fünftens, dass ausländische Täter dreimal mehr Angehörige von Drittstaaten sind, als Angehörige eines anderen EU-Mitgliedstaates – das ist eine Kulturvariable – und sechstens, dass die statistische Entwicklung der Femizide mit 2016 sprunghaft angestiegen ist und sich seitdem hartnäckig auf einem hohen Niveau befindet. 

Frau Herr! Wenn Sie sich jetzt heute da herstellen und wortwörtlich sagen, es ist uns egal, wo ein Sexualstraftäter herkommt (Zwischenrufe bei der SPÖ) und Frau Brandstötter – wie sie halt so das immer macht – mit mehrfach unqualifizierten Aussagen behauptet (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Was soll das?), Kultur wäre unwichtig, wäre rassistisch, dann sage ich Ihnen etwas, Frau Brandstötter: Auf Seite 18 des Grevio-Berichtes wird darauf verwiesen (Zwischenruf der Abg. Brandstötter [NEOS]. – Abg. Gewessler [Grüne]: Gibt es jetzt gute und schlechte Vergewaltiger?), dass Femizidtäter patriarchalische Ansichten teilen und dass das als Grundlage für weitere Maßnahmen herangezogen werden sollte. 

Weiters auf Seite 28: Der Grevio-Bericht besagt, diese, diese und diese Fakten sind Mindestanforderungen, spricht aber nicht davon, dass man die Kulturvariable nicht miterheben kann. 

Drittens: Seite 30, 31 spricht der Grevio-Bericht von kulturell bedingten Verhaltensmustern, die verändert gehören. Das sind alles Kulturvariablen. Der Bericht und die Autorin kritisieren, dass die Bundesregierung das ausgeblendet. Wenn Sie sich auch die Quellen dazu ansehen würden, dann hätten Sie dieses Wissen erlangt und hätten heute nicht so einen Schwachsinn, so einen wahnsinnigen Mist von sich gegeben (Rufe: Ho, ho, ho!), der wirklich ein Schlag ins Gesicht aller Opfer ist (Zwischenrufe bei Grünen und NEOS), die durch ausländische Hände getötet wurden. Es hätte einige dieser Opfer nicht geben müssen, hätten Sie 2015 nicht: Halli!, Hallo!, Herzlich willkommen!, geschrien und hätten nicht bis heute systematisch weggesehen oder – wie heute – gesagt: Es ist uns egal, wo die Sexualstraftäter herkommen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)

So, und jetzt sage ich Ihnen etwas, Frau Brandstötter: Sie sind keine empirisch geschulte Person, also vielleicht überlegen Sie sich in Zukunft, ob Sie sich zu Wort melden. (Ruf: Was soll das? – Zwischenrufe der Abgeordneten Brandstötter [NEOS] und Schallmeiner [Grüne].) Eines noch: Wenn Kulturvariablen rassistisch wären, dann gäbe es kulturvergleichende Studien nicht – Punkt, aus, Ende! (Zwischenrufe bei Grünen und NEOS.

Zweitens haben Sie behauptet, dass der Migrationshintergrund kein Rechtsbegriff wäre. Das ist nicht richtig, denn die Staatsangehörigkeit und der Geburtsort der Eltern sind in der Anlage zum Sozialhilfe-Statistikgesetz festgehalten und somit ist Migrationshintergrund nur anders betitelt ein Rechtsbegriff. (Abg. Duzdar [SPÖ]: ... Migrationshintergrund ...! ) – Ja, ich bin Perserin und Finnin, hurra! (Abg. Duzdar [SPÖ]: Das ist keine andere Kultur, oder wie ...? – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Da die Kulturvariable eine wichtige Variable ist und der Migrationshintergrund daher miterhoben werden muss – das steht jetzt quasi so im Bericht, nur anders formuliert (Abg. Gewessler [Grüne]: Vielleicht steht es doch nicht im Bericht?), ist festzuhalten, dass eine Erhebung von Kulturvariablen, insbesondere in diesem Kontext, wichtig ist, weil wir fachlich und sachlich Daten nicht richtig interpretieren können, wenn wir eine Variable, die zur Ursachenerforschung wichtige Beiträge leisten kann, ausblenden. Das sagt eigentlich der Bericht, nur mit anderen Worten. (Ruf: Ach so!) 

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

RN/148.1

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Katayun Pracher-Hilander, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Wahrung aller datenschutzrechtlichen Vorgaben, die soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten auszuweiten und insbesondere den Migrationshintergrund von Tätern als zusätzliche Erhebungsvariable in polizeiliche, staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Datensysteme aufzunehmen.“


Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.50

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/148.2

Soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten (150/UEA)

RN/149

Präsident Peter Haubner: Frau Kollegin! Frau Abgeordnete, ich ersuche Sie, das Wort „Schwachsinn“ zurückzuziehen, denn sonst - - (Abg. Pracher-Hilander [FPÖ]: Ja, mache ich!) – Okay. Danke vielmals.

Der von der Frau Abgeordneten eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

RN/150

18.51

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Die Kollegin Frau Pracher-Hilander hat behauptet, ich hätte in meiner Rede verneint, dass Kultur ein relevanter Aspekt ist, der zu beachten ist, wenn es um Täter geht.

Das ist unrichtig. Ich habe nichts dergleichen behauptet. Ich habe lediglich gesagt, dass ihr Antrag zutiefst rassistisch ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Übrigen sollten Sie sich mit dem Begriff Kulturvariable auseinandersetzen. Mein Eindruck ist, dass Sie nicht wissen, worum es sich dabei handelt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.Abg. Deimek [FPÖ]: Das sagt ihr ja auch zum Landwirtschaftsbericht! Der ist jetzt auch rassistisch! Der Landwirtschaftsbericht ist jetzt auch rassistisch!)

18.51

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mario Lindner. – Ich stelle die Redezeit auf 4 Minuten ein, Herr Abgeordneter.

RN/151

18.51

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht noch ein Satz zur Debatte über die Dringliche und zu meiner Vorvorrednerin: Gewalt beginnt immer auch mit Sprache. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Da wurden gerade im öffentlichen Bereich, aber vor allem auch im Bereich des Internets wirklich rote Linien überschritten. Ich glaube, gerade hier drinnen müssen wir alles daran setzen, dass diese roten Linien nicht überschritten werden dürfen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich bin sehr froh, dass es diese Bundesregierung gibt, ich bin sehr froh, dass es eine Frauenministerin gibt, eine Justizministerin gibt, die den Gewaltschutz sehr, sehr ernst nehmen. Der vorliegende Bericht zeigt auch, wo Österreich beim Gewaltschutz Fortschritte gemacht hat, aber viel, viel wichtiger, wie viel in einzelnen Bereichen noch zu tun ist. Gerade deshalb bin ich froh, eine Frauenministerin wie Eva-Maria Holzleitner, eine Justizministerin wie Anna Sporrer zu haben, ich bin froh, dass es Ministerinnen gibt, die mit voller Kraft für die volle Umsetzung der Istanbulkonvention arbeiten.

Dass der Nationale Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen noch im November vorgestellt wird, zeigt, wie ernst diese Regierung dieses Thema nimmt; auch, dass der Nationale Aktionsplan gegen Hate Crime umgesetzt wird, zeigt das. Jeder Mensch, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber vor allem jede Frau, hat das Recht auf ein sicheres und ein selbstbestimmtes Leben, ohne Diskriminierung, ohne Hass und vor allem ohne Gewalt.

Als Sprecher für Gleichbehandlung und Diversität ist es mir aber auch wichtig, darauf hinzuweisen, wie wichtig die Handlungsempfehlungen des Europarates auch für andere Politikbereiche sind. Fortbildung für Justiz und Polizei, Ausbau von Schutzunterkünften in Krisenzentren, langfristige Finanzierung spezialisierter Hilfseinrichtungen – das braucht Österreich im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Genau diese Felder werden aber auch für marginalisierte Gruppen, die Opfer von Hatecrime werden, von enormer Bedeutung sein. Unser Ziel bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Nur Ja heißt Ja, und nur, was für beide okay ist, ist für beide okay. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter [NEOS].)

18.54

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Romana Deckenbacher. – Ich stelle die Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete.

RN/152

18.54

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sie hat viele Gesichter, und jede dritte Frau erlebt sie in ihrem Leben mindestens einmal. Sie kann in sichtbarer und unsichtbarer Form in Erscheinung treten, ihre Folgen sind unter anderem Schlafstörungen, Panikattacken, Prellungen, Hämatome. Ja, und sie kann auch tödlich sein. Die Rede ist von Gewalt. 

Der vorliegende Grevio-Bericht bewertet die österreichische Gewaltschutzpolitik durch ein unabhängiges Expertinnen- und Expertengremium des Europarates und überprüft, wie Österreich die Istanbulkonvention umgesetzt hat. Er zeigt klar: Ja, wir haben dabei schon große Fortschritte gemacht. In den letzten Jahren wurden bedeutende Maßnahmen umgesetzt und diese werden auch in der jetzigen Bundesregierung fortgesetzt: zum Beispiel die Ausweitung des Betretungsverbots und des Annäherungsverbots im Gewaltschutzgesetz 2019, mehr Budget für Opferschutzeinrichtungen, verstärkte Präventionsarbeit auch an den Schulen, das Hass-im-Netz-Paket, der Stille Notruf DEC112, aber auch die bundesweite Informationskampagne über K.o.-Tropfen und die Strafbarkeit von Dickpics.

Es gibt natürlich weiterhin Handlungsbedarf. Der Grevio-Bericht zeigt zum Beispiel auch, dass nur 5 Prozent der Opfer von Femiziden sich an Hilfsdienste gewandt haben. Das ist für uns alle ein ganz klarer Auftrag, Hilfsangebote sichtbarer zu machen und darüber zu informieren. Der Bericht spricht auch von der Notwendigkeit von verpflichtenden Schulungen vor allem von unmittelbar betroffenen Berufsgruppen, wenn es um das Thema Gewalt geht, wie zum Beispiel in der Justiz, in den Bildungseinrichtungen, aber auch in den Gesundheits- und Pflegebereichen.

Als Best-Practice-Beispiel möchte ich an dieser Stelle unsere Polizei erwähnen. Die Initiativen wie Gemeinsam sicher oder Coffee with Cops oder die Wiener Grätzlpolizei, in Österreich auch Sicherheitsbeauftragte genannt, tragen dazu bei, dass es einen Sicherheitsdialog zwischen der Bevölkerung und der Polizei gibt und dass dieser auch nachhaltig gestärkt wird. – Ein Danke an unsere Polizei!

Ich möchte auch an dieser Stelle betonen, dass Gewalt uns alle angeht. Auch Männer und Burschen müssen aktiv eingebunden werden, in Prävention, in Bewusstseinsbildung und hinsichtlich der Übernahme von Verantwortung. (Beifall der Abg. Schatz [SPÖ].)

Ein starkes Zeichen setzt das Projekt Heroes aus der Steiermark. Junge Männer werden dabei zu positiven Vorbildern ausgebildet und halten Workshops in Schulen. Sie setzen sich gegen patriarchale Strukturen, gegen Ehrzwänge und gegen jede Form der Unterdrückung ein. Solche Projekte brauchen wir in ganz Österreich, Frau Ministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

In wenigen Tagen beginnt die Kampagne Orange the World, 16 Tage, in denen weltweit ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen gesetzt wird. Ich möchte hier eines ganz klar betonen: Unser Einsatz endet nicht nach 16 Tagen, denn Gewalt passiert leider jeden Tag und in Wien ist alle 2 Minuten eine Frau von Gewalt betroffen. Darum braucht es 365 Tage Aufmerksamkeit, 365 Tage Einsatz, Verantwortung und Unterstützung, denn Schweigen heißt Wegsehen, und das schützt die Täter. Reden heißt Hinsehen, und das nützt den Betroffenen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.58

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nicole Sunitsch. – Ich stelle Ihre Redezeit auf 3 Minuten ein, Frau Abgeordnete.

RN/153

18.58

Abgeordnete Nicole Sunitsch (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseher vor den Bildschirmen! Wenn wir heute über den aktuellen Grevio-Bericht sprechen, dann reden wir nicht nur über schöne Worte, sondern über konkrete Lücken beim Schutz von Frauen vor Gewalt in der Familie, in Beziehungen und im eigenen Zuhause.

Ich sage ganz klar, Gewalt an Frauen ist inakzeptabel. In der Realität sieht es aber anders aus, die Maßnahmen der Regierung reichen nicht aus. Zu oft fehlen die Konsequenz, der Schutz und auch rechtzeitiges Handeln.

Ich bin Justizwachebeamtin und kenne viele Fälle, bei denen Gewaltschutz nicht rechtzeitig gegriffen hat. Hinter jeder Aktenzahl steht ein Mensch, eine Frau, die Hilfe gebraucht hätte – früher und verlässlicher. Es braucht nicht noch mehr Hochglanzkampagnen, sondern Maßnahmen, die im Einsatz, im Gerichtsaal und im Alltag der Frauen wirklich wirken. 

Ich sage ganz klar: Opferschutz vor Täterschutz. Das beginnt bei der Polizei, die weniger Bürokratie und ausreichend Personal für Wegweisungen und Betretungsverbote braucht. Es geht bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten weiter, bei den Verfahren, die bei Gewalt in der Familie zügig geführt werden müssen, und es reicht bis zu den Frauenhäusern und Opferschutzeinrichtungen, die verlässliche Unterstützung benötigen.

Wir Freiheitliche nehmen diesen Bericht ernst, und wenn internationale Experten daran festhalten, dass es Lücken beim Gewaltschutz, bei der Datenerhebung und auch bei der Koordinierung gibt, dann braucht es nicht die nächste Taskforce, sondern endlich mehr Konsequenz im Vollzug. 

Wer es ehrlich meint, muss auch problematische Entwicklungen beim Namen nennen. Gewalt gegen Frauen gibt es in allen gesellschaftlichen Schichten, das ist unbestritten, aber aus der Praxis wissen wir auch, dass importierte Gewalt, patriarchale Ehrenkulturen und fehlende Integration ein reales Problem sind. Wer in Österreich schwere Gewalt gegen Frauen verübt und nicht die österreichische Staatsbürgerschaft hat, hat hier nichts verloren. Solche Täter sind konsequent abzuschieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Gewaltschutz heißt für uns Freiheitliche konkret: schnelle Wegweisungen, konsequente Kontrolle von Betretungs- und Annäherungsverboten, keine leichtfertigen außergerichtlichen Lösungen bei schweren Gewaltformen, Unterstützung von Frauenhäusern und Opferschutzeinrichtungen sowie eine klare Linie und klare Kante bei Gewalttätern, Abschiebungen und Strafen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Die Frauen in unserem Land brauchen keine weiteren Ankündigungen, sondern sie brauchen Sicherheit: Sicherheit in der eigenen Wohnung, am Weg zur Arbeit, in der Beziehung und auf den Straßen. Am Ende zählt, ob Frauen sich sicher fühlen. Daran zeigt sich, ob die Politik ihre Arbeit gemacht hat oder nicht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.01

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Yannick Shetty.

RN/154

19.01

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich jetzt zum Ende dieser Debatte noch einmal zu Wort, weil wir, meine Fraktion, schockiert über einen Antrag der FPÖ, der jetzt in den letzten Minuten kurzfristig hier eingebracht wurde, sind, weil wir der Meinung sind, dass dieser Antrag eine Zäsur in der Debatte ist und das vielleicht nicht allen – vor allem nicht den Menschen, die diese Sitzung zu dieser späten Stunde verfolgen oder morgen darüber lesen – so bewusst ist. 

Ich möchte zitieren, was die Partei in ihrem Antrag verlangt – ich zitiere aus dem Antragstext –: Sie verlangen, „die soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten auszuweiten und [...] den Migrationshintergrund von Tätern als zusätzliche Erhebungsvariable in polizeiliche, staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Datensysteme aufzunehmen“. – Das, was hier in fein säuberlichem Bürokratendeutsch niedergeschrieben ist, ist nichts anderes als blanker Rassismus, und ich möchte Ihnen jetzt erklären, warum. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Der Herr Shetty sagt, dass es Rassismus ist!) Herr Kassegger, hören Sie kurz zu (Abg. Kassegger [FPÖ]: Sie haben kein Interesse daran, Probleme zu lösen!), vielleicht können Sie dem ja folgen, was wir damit meinen.

Wir alle hier, wir 183 Abgeordneten, wir haben eine Gemeinsamkeit – zumindest eine –: Wir sind österreichische Staatsbürgerinnen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Abgeordnete! Das sind zwei Gemeinsamkeiten!) und Staatsbürger. Wir sind österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und Abgeordnete! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Und Abgeordnete! Damit sind wir schon fertig!), aber unter uns sind Abgeordnete, die darüber hinaus beziehungsweise davon unabhängig einen Migrationshintergrund haben. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja!) An diesem Beispiel, wenn Sie meinem Gedankenspiel folgen, möchte ich erklären, warum wir diesen Antrag für blanken Rassismus halten. 

Wenn Herr Klubobmann Kucher eine Straftat begehen würde, dann wollen Sie, dass das normale Strafrecht gilt, aber wenn Abgeordneter Zorba mit türkischem Migrationshintergrund eine Straftat begehen würde, wollen Sie ihn ins Migrantenregister geben. Wenn Herr Abgeordneter Scherak eine Straftat begehen würde, dann soll für ihn das normale Strafrecht gelten, aber wenn Abgeordnete Yildirim mit türkischen Wurzeln eine Straftat begehen würde, soll sie ins Migrantenregister kommen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Totaler Blödsinn!) Und wenn Abgeordnetenkollegin Klubobfrau Gewessler eine Straftat begehen würde, dann gilt für sie – oh Wunder! – das normale Strafrecht, wenn ich eine Straftat begehen würde nach Ihren Vorstellungen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Gilt auch das normale Straf- -!), mit indischem Migrationshintergrund (Abg. Kassegger [FPÖ]: Nein, gilt auch das normale! Gilt auch das normale!), dann komme ich, Herr Kassegger, in Ihr Migrantenregister. Was, wenn nicht blanker Rassismus, ist das? (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Nein! Es gilt auch das normale! ... ein Blödsinn! Es gilt auch das normale!)

Liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher mit türkischen, mit bosnischen (Abg. Kassegger [FPÖ]: ... absurd!), mit serbischen, mit polnischen Wurzeln, liebe Österreicherinnen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... dass die ... Ihnen das eh nicht glauben!), liebe Österreicher mit Freunden mit Migrationshintergrund (Abg. Kassegger [FPÖ]: Für die gilt alle das österreichische Recht! Für alle gleich!), Sie sollten wissen – spätestens mit Anträgen wie diesen (Zwischenruf des Abg. Kassegger [FPÖ]) –: Diese Partei will nicht die Probleme bei Migration und Integration lösen, sie will Bürger in reinrassige Österreicher und falsche Österreicher teilen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Totaler Unfug!) Bedenken Sie das, wenn Sie über diese Partei sprechen. (Beifall bei NEOS, ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Das stimmt einfach nicht!)

19.04 

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. 

RN/155

Abstimmung

RN/155.1

Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, den vorliegenden Bericht III­-221 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. 

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein zustimmendes Zeichen. – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen. 

RN/155.2

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Gewaltambulanzen und Sicherstellung forensischer Versorgung in Krankenhäusern“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

RN/155.3

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pracher-Hilander, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Soziodemografische Datenerhebung bei Gewaltdelikten“. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne].)

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Zwischenruf des Abg. Shetty [NEOS].)