Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 54

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Die Schule sollte sich aber vor allem aus den folgenden Gründen trotzdem engagieren: Sie ist die einzige Institution der Gesellschaft, die alle Jugendlichen erfaßt. Sie ist gewissermaßen das Bindeglied und Übergangsmedium vom Leben in der Familie zum Leben in der Gesellschaft. Sie ist nicht nur eine Einrichtung des Unterrichtens, sondern auch eine der Erziehung, daher dürfen bestimmte Problembereiche nicht ausgespart werden. Sie ist als eine Institution der Gesellschaft und als zweitwichtigster Ort der Sozialisation von Heranwachsenden verpflichtet, mit ihren Mitteln und Möglichkeiten zur Lösung gesellschaftsrelevanter Probleme beizutragen. Schließlich ist die Schule durch das fächerübergreifende Unterrichtsprinzip Gesundheitserziehung zur Prävention verpflichtet. Bei der Persönlichkeitsentwicklung Hilfestellung zu leisten ist direkte Suchtprävention.

Nun zu den Aufgaben und zur Funktion des Lehrers: Es ist nicht sinnvoll, Suchtprävention an einzelne Lehrer, Psychologen oder Sozialarbeiter zu delegieren, weil Delegieren auch ein Abschieben der Verantwortung von vielen auf einige wenige oder einzelne bedeutet. Daher müßten konsequenterweise möglichst alle Lehrer mit Suchtprävention befaßt werden, damit – das ist zugegebenermaßen eine Wunschvorstellung – alle daran beteiligt sind, integrativ suchtpräventive Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu leisten; dies umso mehr, als Suchtprävention keine Spezialerziehung verlangt, sondern "nur" – unter Anführungszeichen – Engagement in der Erziehung.

In diesem Zusammenhang darf ich auf eine Vereinbarung von maßgeblichen Vertretern der Schule und des Landes Tirol vom 3. März dieses Jahres verweisen. Es soll ein Konzept für schulische Suchtprävention erstellt werden, das unter anderem auch in die Lehrerfortbildung einfließen soll. Als wesentliche Ziele werden genannt: gegenseitiger Meinungs- und Erfahrungsaustausch, Meinungsbildung, Reflexion der eigenen pädagogischen Tätigkeit, Motivation für suchtpräventive und/oder gesundheitsfördernde Tätigkeit sowie Erwerb von Grundlagenwissen und Handlungskompetenz.

Da die Lehrerfortbildung im wesentlichen freiwillig ist, müssen alle Angebote so gestaltet werden, daß sie von den Bedürfnissen der Lehrer ausgehen, ihnen entgegenkommen und von ihnen als sinnvolle Tätigkeit akzeptiert werden können. Kurz: In der Lehrerfortbildung muß neben der Vermittlung von Grundkenntnissen die Erhöhung der eigenen psychosozialen Kompetenz im Vordergrund stehen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In Anlehnung an Hermann Hesse möchte ich sagen: Wir dürfen nicht "hinten beginnen", nämlich bei den Regierungsformen und politischen Methoden, sondern wir müssen "vorn anfangen", das heißt beim Bau der Persönlichkeit, wenn wir wieder Frauen und Männer haben wollen, die unsere Zukunft verbürgen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster ist Herr Bundesrat Josef Rauchenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

12.17

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Das geltende österreichische Suchtgiftgesetz 1951 liegt in der Novelle von 1985 vor. Es erfaßt Suchtgifte im Sinne der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 und psychotrope Stoffe im Sinne der Anhänge I und II zur Psychotropenkonvention 1971.

Die in den Anhängen II und IV der Psychotropenkonvention 1971 genannten psychotropen Stoffe und die in den Anhängen I und II des Übereinkommens von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen angeführten "Vorläuferstoffe" fallen hingegen noch nicht unter die Strafbestimmungen des geltenden Suchtgiftgesetzes. Ihre Berücksichtigung ist in der gegenständlichen Gesetzesvorlage, dem künftigen "Suchtmittelgesetz", ebenso wie die Schaffung von rechtlichen Grundlagen für den geplanten Beitritt zu den Konventionen von 1971 und 1988 vorgesehen.


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