Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 18

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762/M-BR/97

Nach welchen Grundsätzen beziehungsweise Richtlinien werden ständige Gerichtssachverständige bestellt?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Bundesrat! Die Grundsätze für die allgemeine Beeidigung von Sachverständigen für ihre Tätigkeit vor den Gerichten und ihre Eintragung in die gerichtlichen Sachverständigenlisten sind in dem Bundesgesetz über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetsch aus dem Jahre 1975 geregelt. Danach gibt es eine Reihe von gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung in die Sachverständigenlisten, die sich vor allem mit dem Nachweis der Sachkunde für diese Tätigkeit befassen und auch einen gewissen Bedarf berücksichtigen.

Die Listen werden vom zuständigen Gerichtshofpräsidenten geführt, über schriftlichen Antrag, über den der Gerichtshofpräsident entscheidet nach Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen, nach Einholung von Gutachten, insbesondere einer einschlägigen Sachverständigenvereinigung, in der Regel des Hauptverbands der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen Österreichs, und allgemeinen Ermittlungen, die der Gerichtshofpräsident anzustellen hat, insbesondere auch Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen, denen der Bewerber angehört, und der Kammer, auf die sich das entsprechende Sachgebiet erstreckt.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter: Herr Bundesminister! Wie groß ist der Frauenanteil bei den ständig tätigen Gerichtssachverständigen, wie hoch ist der Anteil der weiblichen Gerichtssachverständigen?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Ich gestehe, daß ich das nach diesem Kriterium noch nicht geprüft habe, aber sicherlich ist meinem Gefühl nach der Männeranteil größer als der Frauenanteil, was aber keine Diskriminierung von seiten der Justiz ist. Es ist eine Frage, wer sich für das Geschäft interessiert. Wer die Voraussetzung erfüllt, wird in der Regel eingetragen, weil wir ja in Wirklichkeit bestrebt sind, möglichst viele Sachverständige einzutragen. Das kam vorhin schon bei der Verfahrensdauer zur Sprache, weil nur ein entsprechend großes Angebot von Sachverständigen sicherstellt, daß der Richter von den ihm mit der letzten Novelle eingeräumten Möglichkeiten, zeitlichen Druck auf den Sachverständigen auszuüben, Gebrauch machen kann. Wenn er auf ein, zwei, drei vorhandene angewiesen ist, die alle bis oben mit Arbeit eingedeckt sind, nützt es ihm nichts, wenn er eine Frist setzt, weil er, wenn die Frist nicht eingehalten wird, erst recht nicht weiß, was er jetzt tun soll, weil es keinen anderen Sachverständigen gibt oder keinen, der nicht befangen ist oder der nicht erst wieder von vorne anfangen müßte, nachdem der andere schon zwei Jahre – denken Sie an Umweltverfahren et cetera – gearbeitet hat.

Also wir wären interessiert, daß sich wer immer und natürlich auch vermehrt Damen in Sachverständigenlisten eintragen.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter: Sie haben selbst angeführt, daß Sie glauben – es ist dies auch sehr wahrscheinlich –, daß der Frauenanteil geringer ist. Könnten Sie sich Maßnahmen seitens Ihres Ministeriums vorstellen, um den Anteil der weiblichen Gerichtssachverständigen zu erhöhen?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Das Publikmachen, daß wir keine Vorurteile haben, wenn sich Damen melden, ist eigentlich das einzige Mittel, denn im wesentlichen


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