Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 21

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werden, dies vor allem deshalb, weil es im Hinblick auf die damals gerade angelaufenen Regelungsbestrebungen der Europäischen Union auf diesem Gebiet für zweckmäßig erachtet wurde, das Ergebnis dieser gemeinschaftlichen Überlegungen abzuwarten. Die genannten Arbeiten auf der Ebene der Europäischen Union sind noch nicht abgeschlossen. Daher sind die Aussichten, daß der Entwurf eines Umwelthaftungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode dem Parlament als Regierungsvorlage vorgelegt werden kann, sicherlich skeptisch zu beurteilen. Der Entwurf bildet aber eine substantielle Grundlage für andere Reformarbeiten im Bereiche des Gefährdungshaftungsrechtes, und daher war es uns auch möglich, sehr rasch im Rahmen der Aktivitäten betreffend Gentechnik die Überlegungen für ein eigenes Gentechnikhaftungsrecht aufzugreifen. Unsere Vorarbeiten bieten durchaus auch Grundlage für eine Überarbeitung des Atomhaftungsrechtes.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm: Meine Zusatzfrage bezieht sich auf die Gentechnik. Sehen Sie, Herr Bundesminister, nicht eine gewisse Gefahr darin, daß durch die geplante vorgezogene Spezialregelung der Haftung in einem Teilbereich der Gentechnik die umfassende Gesamtregelung nicht noch weiter verzögert wird?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Sicher war das Kalkül des Bundesgesetzgebers, beim Gentechnikgesetz keine isolierte Haftungsbestimmung – ich meine, es war keine Lücke, wie in den Zeitungen behauptet wird – vorzunehmen, das, daß die Gefahr einer Abkoppelung entsteht. Trotzdem glaube ich, daß es in der jetzigen Situation im Hinblick auf die schleppende Entwicklung im Rahmen der Europäischen Union, was das Umwelthaftungsrecht anlangt – dort stehen sich die beiden Pole, die Sie ja kennen, gegenüber –, angebracht erscheint, den auch von der öffentlichen Meinung stark getragenen Bereich Gentechnikhaftung sozusagen als Sprungbrett für eine Neuregelung in diesem Bereich zu benützen, um dann vielleicht doch, europäische Einigung hin oder her, in einem weiteren Schritt anknüpfend an die Gentechnikhaftung auch zu Fortschritten in der Umwelthaftung zu kommen.

Grundsätzlich muß man schon sagen, daß Umwelthaftungsfragen in der Regel sehr tief in die Wettbewerbssituation eingreifen und daß unterschiedliche Regime in den einzelnen Ländern, vor allem Nachbarländern, zu Wettbewerbsvorteilen und damit auch Standortvorteilen führen können, die gerade in der heutigen Zeit von der Wirtschaftspolitik nur sehr schwer in Kauf genommen würden. Ich meine, wir müssen daher weiter versuchen, ein internationales Instrument zu erhalten, um einen gewissen Gleichklang herbeizuführen. Wir hatten die Hoffnung, daß die Europaratskonvention, die Lugano-Konvention, das Instrument ist. Sie kam unter maßgeblicher Beteiligung der österreichischen Unterhändler zustande. Es hat sich allerdings gezeigt, daß das Ergebnis in nur sehr geringem Umfang angenommen wurde, obwohl die Konvention zunächst einmal auf große Zustimmung im Europarat gestoßen ist, und daß nur sehr wenige Länder eine Unterzeichnung vorgenommen haben. Ich glaube, eine Ratifizierung kann man momentan vergessen. Ich meine, unsere Bemühungen müssen weiter auf der internationalen Ebene liegen.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Peter Böhm: Herr Bundesminister! Beabsichtigen Sie eine Neuordnung der Atomhaftpflicht in eine solche Richtung, die unsere Position glaubwürdig erscheinen läßt, daß wir die allzu betreiberfreundlichen Grundsätze der internationalen Haftungskonventionen von Paris und Brüssel beziehungsweise von Wien klar ablehnen?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Auch mit dem Problem der Atomhaftpflicht haben wir uns in den letzten Jahren immer wieder befaßt. Im nationalen Bereich habe ich einmal dem Ministerrat einen umfangreichen Bericht erstattet, um eine Regierungslinie zu versuchen. Wir haben uns aber auch mit der internationalen Entwicklung befaßt.


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