Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 23

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wissen, daß das keine autonome Vollzugsfestsetzung durch Gesundheits- und Justizministerium sein wird, sondern daß da auch eine Einbindung des Parlaments erfolgen wird.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Danke.

Hoher Bundesrat! Wir kommen zum Aufruf der 10. Anfrage, 764/M, an den Herrn Bundesminister für Justiz durch Frau Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich). Ich darf die Frau Bundesrätin um die Verlesung ihrer Anfrage ersuchen.

Bundesrätin Hedda Kainz: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte Sie fragen:

764/M-BR/97

Welche Auswirkungen erwarten Sie von der geplanten Einführung von weiteren Maßnahmen der Diversion, insbesondere unter Berücksichtigung der bisher gemachten Erfahrungen mit dem Außergerichtlichen Tatausgleich für Erwachsene?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Bundesrätin! Von der geplanten Einführung weiterer Möglichkeiten der Diversion im Strafrecht erwarte ich mir vor allem die verstärkte Einbeziehung der durch Straftaten verletzten Personen, also der Opfer, in das Strafverfahren und überdies die Betonung des Aspektes der ideellen und materiellen Wiedergutmachung beim strafrechtlichen Rechtsgüterschutz.

Darüber hinaus erwarte ich mir eine Vereinfachung der Verfahren bei der Bearbeitung im unteren Kriminalitätsbereich und damit eine Entlastung gewisser Teile der Justiz, deren Ressourcen infolgedessen vermehrt gegen schwerere Formen der Kriminalität – insbesondere gegen organisierte Kriminalität – eingesetzt werden können. Bei Massendelikten im Bagatellbereich – wie etwa bei Ladendiebstahl oder Verkehrsunfällen mit leichten Verletzungsfolgen –, die heute in bezug auf ihren sozialen Störwert einen vielleicht unverhältnismäßigen Aufwand der Strafverfolgungsbehörden hervorrufen, soll versucht werden, sich durch ein primär von den Staatsanwaltschaften wahrzunehmendes Bußgeldsystem ein gerichtliches Tätigwerden zu ersparen.

Weiters erwarte ich mir die Vermeidung unnötiger Stigmatisierung und Entsozialisierung bisher unbescholtener Straftäter, ohne daß auf Normbestätigung und präventive Erfordernisse verzichtet würde.

Ich erwarte mir auch, daß die Strafverfolgungsbehörden auf den individuellen Fall abgestimmte Maßnahmen ergreifen, mit denen erfolgreicher eingewirkt werden kann, wie etwa Auflagen über Verkehrserziehungskurse, Antiaggressionstrainings, gemeinnützige Leistungen et cetera.

Ich möchte auch sagen, daß ich mir von den erweiterten diversionellen Möglichkeiten jedenfalls keinen negativen Einfluß auf die Kriminalitätsentwicklung erwarte. Im Gegenteil, wissenschaftliche Untersuchungen belegen in weiten Bereichen eine Austauschbarkeit der Sanktionen bei gleichbleibender Kriminalitätsentwicklung. Höhere Strafen führen, wie Sie wissen, nicht unbedingt zu einer Rückfallminderung, mildere aber auch nicht zu einer vermehrten Delinquenz.

Ich glaube, daß ein zielgerichtetes Ansetzen derart, wie es in der Diversion vorgesehen ist, sogar eine verbesserte Situation hinsichtlich der Rückfallstätigkeit und -geneigtheit mit sich bringen wird.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz: Herr Bundesminister! Können Sie schon abschätzen, welche Auswirkungen im finanziellen Bereich sich gegenüber dem konventionellen Strafvollzug daraus ergeben werden?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite