Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 72

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Zur Beschäftigungspolitik. Da die Beschäftigungspolitik durch die teilweise recht hohe Arbeitslosigkeit viele Menschen in der EU betrifft, war der Wunsch wohl nicht zu umgehen, die Zielbestimmung eines hohen Beschäftigungsniveaus in ein eigenes Beschäftigungskapitel in den Vertrag von Amsterdam aufzunehmen. Ich kann aus eigener Anschauung feststellen, daß das Bewußtsein, daß auch die Europäische Union sich dieses Kapitels verstärkt annehmen muß, etwa seit 1995 überall wesentlich gestiegen ist und anerkannt wird, daß dies ein vorrangiges Ziel sein muß. Noch im Jahre 1995 war die EU trotz des schon vorliegenden Weißbuchs von Jacques Delors überwiegend der Ansicht, daß die Beschäftigungsfragen nur auf nationaler Ebene zu lösen seien.

Ich behaupte nun nicht, daß sich die nationale Ebene nicht mit allen Mitteln und auch auf ihren unteren Ebenen der Länder und Gemeinden einsetzen müßte, um Beschäftigungsprogramme zu schaffen und eine höhere Beschäftigungslage zu erreichen. Andererseits kann die EU nicht durch ihre Wettbewerbsregelung und andere Richtlinien und Maßnahmen die Beschäftigungspolitik auch gebietsweise unter Umständen sogar negativ beeinflussen, ohne andererseits auch in ihre Programme Punkte aufzunehmen, die eine höhere Beschäftigung fördern. Ich meine also, daß auf allen Ebenen und natürlich auch in der EU das Thema Beschäftigungspolitik an vorderster Stelle als Aufgabe genannt und auch in Angriff genommen werden muß. – Ich hätte dazu noch manches zu sagen, aber das Licht blinkt schon.

Zweitens: Sicherheit und freier Personenverkehr. Im Vertrag von Amsterdam werden die Grundprinzipien der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte, der Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit zu noch gemeinsameren Rechtsgrundsätzen aller Mitgliedsstaaten. Es ist schon richtig, daß die EU die Menschenrechte als Gesamtes nicht beschlossen hat, aber letzten Endes hat sie jeder Teilstaat der EU beschlossen. Sosehr ich mir auch wünschen würde, daß die Gesamt-EU diesem Dokument beitreten würde, sehe ich an und für sich wenig Unterschied, wenn es die einzelnen Teilstaaten ohnehin ratifiziert haben und anerkennen. Aber es ist sicherlich ein Schönheitsfehler, daß das noch nicht passiert ist. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das steht drinnen im Vertrag von Amsterdam!)

Auch das Schengener Abkommen, ursprünglich außerhalb der EU stehend, wird allmählich in die 1. Säule übergeführt, auch wenn sich Großbritannien, Irland und Dänemark noch nicht an diesen Maßnahmen beteiligen – aber sie können sich jederzeit beteiligen.

Drittens: institutionelle Reformen in der Europäischen Union. Die Europäische Union ist von ursprünglich sechs Staaten auf 15 angewachsen, und es könnten vielleicht bald 20 oder mehr Mitgliedsstaaten der EU angehören. Der Vertrag von Amsterdam hat viele wichtige Vorhaben in die Zukunft verschoben, es wurde aber bereits jetzt festgelegt, daß das Europäische Parlament nicht über 700 Abgeordnete haben soll, daß die Kommission aus nicht mehr als 20 Kommissaren bestehen soll. Auch eine Vereinheitlichung des Wahlrechts zum Europäischen Parlament muß erst in Angriff genommen werden. Schließlich ist auch die Frage zu klären, wie viele Sprachen wir eines Tages in der EU sprechen können. Sind es einmal 25 oder 30, wo jetzt schon etwa ein Drittel der Bediensteten auf EU-Ebene mit Übersetzungsarbeiten befaßt ist?

All das sind Fragen, die auch in Amsterdam noch offengeblieben sind. Das betrifft natürlich auch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Ich habe jetzt nicht die Zeit, auf Herrn Professor Böhm einzugehen, ich meine nur, daß das Kapitel V Österreich seinen eingeschlagenen Weg auch mit der Neutralität offenläßt. Selbstverständlich werden die Petersberger Aktionen auch von uns anerkannt. Österreich hat durch dieses Kapitel die Möglichkeit, seinen Weg selber zu entscheiden.

Wir müssen uns aber, was die gesamte EU betrifft, auch die Frage stellen, wieweit es von nationaler Seite möglich sein kann, immer zu sagen: Wenn ich nicht gefragt werde, stimme ich diesem oder jenem nicht zu! Das betrifft auch den Ausschuß der Regionen, der hier zitiert wurde. Man ist sich in der EU eigentlich darüber einig, daß es keine dritte Kammer in der EU geben kann, was aber nicht heißen soll, daß die Regionen nicht wichtige Interessen zu vertreten haben. In der Diskussion, Frau Dr. Riess-Passer, fließen doch Anregungen des Ausschusses der Regionen in die europäische Politik ein. Aber bedenken Sie bitte, daß das Burgenland eine


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