Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 40

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ist und was wirklich nicht rühmlich für Österreich ist, nicht an die Öffentlichkeit kommen soll. Denn: In einem Satz zusammengefaßt ist das Ergebnis des damaligen Besuchs des Komitees so auszulegen – und das steht wortwörtlich in diesem CPT-Bericht von 1990, wohlgemerkt: vom Europarat festgestellt! –, daß für Häftlinge in Österreich ein ernstes Risiko besteht, während der polizeilichen Anhaltung mißhandelt zu werden. Mit diesem Satz kann man diesen Bericht, der doch recht umfangreich ist, am allerbesten zusammenfassen.

Im Juli letzten Jahres sind wir auch hier beisammen gewesen und haben bei einer dringlichen Anfrage, wo es um diesen Blankounterschriftenskandal im Polizeigefangenenhaus Wien gegangen ist, das alles, was Frau Dr. Schmidt vor mir gesagt hat, schon einmal sehr umfangreich erörtert. Der Bundesminister für Inneres war ja damals irgendwie besonders betroffen. Damals hatte ich den Eindruck, da ist wirklich was passiert, da sind auch wirklich Maßnahmen gesetzt worden. Meinen Informationen zufolge, die ich bekomme, und aufgrund von Mitteilungen von Menschen, die ab und zu noch Zugang zur Schubhaft und zum Polizeigefangenenhaus in Wien haben, hat sich jedoch nicht allzu viel – fast bin ich geneigt, zu sagen, gar nichts – geändert.

Auch wenn Folter ein Wort ist, das unserem österreichischen Wortschatz so fremd zu sein scheint, weil Folter ist ja was ganz drastisches, Folter ist ja etwas, das kommt frühestens vor, meint man, wenn man den Bosporus überschritten hat, aber doch nicht in Europa. Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird man eines besseren belehrt, wenn man diesen CPT-Bericht aus dem Jahr 1990 liest. Nicht nur das ernste Risiko, mißhandelt zu werden, ist hier festgehalten.

Im Bericht von 1990 – und ich habe, wie schon einmal gesagt, den Verdacht, daß sich der CPT-Bericht, der aufgrund eines Besuchs im September 1994 entstanden ist – immerhin haben wir jetzt schon Februar 1996 – nicht wesentlich davon unterscheidet – steht auch drinnen, daß Österreich empfohlen wird, doch endlich für Angehaltene das Recht auf die Wahl des Arztes einzuführen. Weiters wird bestätigt, daß das CPT den Eindruck gewonnen hat, daß Ärzte in Polizeigefangenenhäusern sich darauf beschränken, den Kopf bei der Tür hineinzustecken und zu fragen, ob die Häftlinge in Ordnung seien. Das wurde alles 1990 hier festgeschrieben.

Meine Damen und Herren! Seit Mai 1995 liegt der neue Bericht, der der Öffentlichkeit vorenthalten wird, im Innenministerium vor. Warum wohl?, frage ich mich. Warum wohl? Hat sich bei all diesen Kritikpunkten in dem Bericht aus 1990 vielleicht gezeigt, daß Österreich kein Resümee aus der eigenen Selbstbindung als Mitglied dieses Komitees gezogen hat und daß das, was aber auch im Bericht aus 1990 steht, zu dem der damalige Justizminister – Dr. Michalek war es noch nicht, es war noch sein Vorgänger, der die Stellungnahme beim Bericht von 1990 gegeben hat, Dr. Foregger – und der damalige Innenminister, beide übereinstimmend gesagt haben, daß es nicht alleine das individuelle Fehlverhalten einzelner Beamter ist, sondern daß der CPT-Bericht Hinweise auf strukturelle Probleme enthält. Mir fehlt bis heute der Hinweis, daß man die eigene Wahrnehmung von damals sozusagen umgesetzt und ernstgenommen hat. Das, was berichtet wird, von den wenigen, die Zugang zur Schubhaft haben, ist wirklich nicht europareif in dem Sinne, daß man sagt, das hat mit Folter nichts zu tun, weil Folter gehört zur Dritten Welt. So wird das ja in Österreich verstanden. – Folter passiert Tag für Tag in Österreich, in österreichischen Gefangenenhäusern, sowohl in Justizanstalten als auch in Polizeigefangenenhäusern. Und dafür gibt es Verantwortliche!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dafür gibt es Verantwortliche in der Exekutive, nämlich die, die zuständig dafür wären, zu schauen, was die einzelnen Beamten tun, und die zuständig dafür sind, daß diese strukturellen Probleme nicht nur aufgezeigt werden – eben durch das CPT-Komitee –, sondern daß auch dann entsprechende Schlüsse daraus gezogen und umgesetzt werden. Wenn es darum geht – ich möchte jetzt nicht alles wiederholen, was Frau Dr. Schmidt gesagt hat –, daß es in Österreich die Praxis ist, einen Menschen, der hier bei uns Zuflucht sucht und um Asyl bittet, vorbeugend in Schubhaft zu nehmen, und daß man schaut, ob er sich aus dem Wohlbefinden eines österreichischen Gefangenenhauses noch immer dazu hinreißen läßt, womöglich auch noch auf seinen Asylantrag zu bestehen, wenn er überhaupt Gelegenheit bekommt, davon zu erfahren, wie das funktioniert, dann, meine Damen und Herren, befinden wir uns mitten im Aufgabengebiet des Europäischen Übereinkommens


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