Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 66

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Unser Modell, das Transfermodell des Liberalen Forums, hätte drei Vorteile. Es wäre gerechter, da diejenigen, die bereits etwas haben, also vermögend sind, nicht noch etwas dazubekommen. Jene, die wenig haben, bekommen mehr. Trotzdem wäre nach unserem Modell eine Einsparung in Milliardenhöhe möglich gewesen.

Ich habe heute mehrfach von der Regierungsbank geradezu eine Einladung gehört, die in die Richtung ging: Wo sind denn die Vorschläge der Opposition? Man möge doch konstruktiv mitarbeiten. Selbstverständlich sind wir bereit, aber etwas ist Voraussetzung, nämlich die Gesprächbereitschaft, und zwar bereits dann, wenn etwas noch veränderbar ist. Daher habe ich große Bedenken, was diese große Koalition – besonders in dieser neuen Form – betrifft. Sie kehren zurück zu all den sturen, mit Punkt und Beistrich abgesprochenen Dingen, das ist das Ergebnis der Debatte um den koalitionsfreien Raum. Da gibt es noch einige Nebbichsachen, wo man das Parlament geradezu pflanzt, wie Denkmalschutz und so weiter, wo man den koalitionsfreien Raum verkündet. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Frau Dr. Schmidt hat den koalitionsfreien Raum massiv kritisiert!) – Aus einem besonderen Aspekt, Herr Vizekanzler! Ich muß schon sagen, daß die Bereitschaft gegeben sein muß, aus einer Diskussion auch Konsequenzen zu ziehen. Wenn Ihre Bereitschaft da ist, dann wird es in diesem Parlament, selbstverständlich auch von den Oppositionsfraktionen Bereitschaft geben. Das, was wir wollen, ist eben ein lebendigeres und deshalb die inhaltlichen Dinge bestimmendes Parlament.

Deshalb, Herr Vizekanzler, lade ich Sie ein: Greifen Sie den Entwurf, den Vorschlag des Liberalen Forums in Sachen soziale Transferleistungen auf! Sie halten ihn für falsch. Debattieren wir eben darüber, aber noch bevor es entschieden wird. Das wäre mein Wunsch. Da könnten wir Sie tatsächlich auch beim Wort nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ein Punkt scheint mir noch unter demokratiepolitischen Gesichtspunkten sehr wichtig zu sein, nämlich daß diese große Koalition mit den sogenannten Strukturgesetzen wiederum mit der Keule der Zweidrittelmehrheit Verfassungsaushöhlung betreiben will. Selbst der Präsident des Verfassungsgerichtshofes hat in dieser Situation davor gewarnt, daß eine Anhäufung von derartigen Verfassungsbestimmungen letzten Endes verfassungswidrig sei. Ich möchte die große Koalition, die nun wieder – leider, sage ich – im Besitz der Zweidrittelmehrheit ist, davor warnen, hier die Grundsätze ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol .) Auch die Mehrheit kann verfassungszerstörend sein, das weißt du, Kollege Khol, als Verfassungsrechtler ganz genau, und gerade auf das möchte ich dich hinweisen. – Dieses Auswuchern der Verfassungsbestimmungen, nur um den Verfassungsgerichtshof von seiner Gesetzeskontrolle auszuschalten, ist zurückzuweisen, und zwar bei sämtlichen Verfassungsbestimmungen. (Abg. Dr. Khol: Das wäre die Richtung!)

Letzter für die Demokratiepolitik wichtiger Punkt aus der Regierungserklärung: Sie kündigen eine ORF-Reform an, und zwar die Umwandlung des ORF in eine Aktiengesellschaft. (Abg. Dr. Khol: Da freuen wir uns!) Darüber läßt sich durchaus debattieren. Aber gegen etwas, Kollege Khol, werden wir erbitterten Widerstand leisten, und zwar gegen das, was Sie vorhaben: nämlich daß sich im Aufsichtsrat die Regierungsmächtigen tummeln und der ORF de facto den Mächtigen in diesem Land ausgeliefert wird, wenn es nur noch zwei Vertreter der Bundesregierung gibt, den Kanzler und Vizekanzler, sowie neun Palladine der Landesfürsten. Dem werden wir ganz entschiedenen Widerstand entgegensetzen, denn das wäre die Umwandlung des ORF in ein Auftragsinstitut der Mächtigen in diesem Lande.

Der ORF ist demokratiepolitisch ganz wesentlich. Jetzt gibt es wenigstens formal eine gewisse Pluralität im Kuratorium, Mitglieder sind Vertreter der Kunst bis hin zu Vertretern der im Parlament vertretenen politischen Parteien. Zumindest formal, möchte ich sagen, gibt es Pluralität. Ähnlich ist es bei der Hörer- und Sehervertretung. Sie planen nun die Zusammensetzung des bestimmenden Gremiums, des Aufsichtsrates, aus Regierungs- und Landesvertretern, also aus ÖVP und SPÖ. – Das wird nicht gespielt werden! Wir werden alle Instrumente des legalen Widerstandes anwenden, wenn Sie derart auf die mächtigste Medienanstalt dieses Landes zugreifen. Das wäre ein Verlust an Demokratie, Pluralität, Öffentlichkeit und Objektivität, den wir nicht hinnehmen werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite