Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 216

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Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte es wirklich nicht an meiner eigenen Konstitution und Leistungsfähigkeit mangeln lassen und, dem Beispiel meiner Vorredner folgend, mit der gleichen Ausdauer und Intensität auch um halb drei Uhr früh noch sprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leikam: Bravo!) Ich werde also meine Rede in keinster Weise kürzen und mich nicht zurückhalten – ich habe einige Unterlagen hier –, auch wenn das jetzt fast wie eine gefährliche Drohung ausschaut.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! "Wer Schulden hat, ist nicht frei". – Das erklärte der sozialdemokratische Ministerpräsident von Schweden, Göran Persson, anläßlich der Einigung über ein zweites Sparpaket, anläßlich eines Sparprogramms, das auch in Schweden geschnürt worden ist. Und an die Kritiker dieses Paketes richtete er noch andere Worte, nämlich: "Gesunde Staatsfinanzen sind die Voraussetzung für die Bewahrung der Wohlfahrt." Und darum, sehr geehrte Damen und Herren, geht es auch uns österreichischen Sozialdemokraten.

Wenn hier von Rednern ein Bild des Schreckens gezeichnet wird, so kann ich mich dem nicht anschließen, allerdings füge ich schnell hinzu – das habe ich auch in allen anderen Reden schon getan –, daß kein Familienpolitiker und keine Familienpolitikerin mit Kürzungsmaßnahmen in diesem Ausmaß zufrieden sein kann, daß es niemanden unter ihnen gibt, der nicht Bedenken äußert, aber wir alle wissen, daß es sein muß.

Wenn Frau Motter sagt, wir haben es ohne Wenn und Aber geschluckt, dann muß ich auch hier vehement widersprechen. Frau Haller, die sich seit ihren orthographischen "Leistungen" nicht mehr im Raum befindet, möchte ich nur eines sagen: Der Geburtenrückgang beschleunigt sich nicht, sondern die Geburtenzahlen sind seit 1985 – also auch in der Zeit von 1988 bis 1994, in den sogenannten sozialpolitisch besonders guten Jahren – gleichbleibend. Sie liegen bei – ich weiß zwar auch nicht, wie so eine Zahl zustande kommen kann, aber in der Statistik ist es so ausgewiesen, Herr Präsident Verzetnitsch – 1,45 bis 1,5 Kinder pro Jahr pro Frau. Gleichbleibend seit 1985!

Eines tut mir leid: daß eine Partei wie die freiheitliche Bewegung, die anderen immer Hausaufgaben aufträgt, manchmal sogar gerne Strafaufgaben auftragen möchte, zu einer Taferlklasse verkommen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Frau Madl meint, wir werden zu einer Abstimmungsmaschinerie degradiert (Abg. Mag. Stadler: Wollen Sie heute wieder lustig sein?) , dann muß ich sagen, daß dem Obmann dieser Partei nicht einmal an der Abstimmung etwas liegt, denn er hat seine "Maschinerie" zurückgelassen und ist fortgegangen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Heute wollen Sie wieder besonders lustig sein!)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß der Familienlastenausgleichsfonds in den letzten Jahren Defizite ... (Abg. Haigermoser: Lassen Sie endlich unsere Wad’ln aus! Warum verbeißen Sie sich in unsere Wad’ln?) Meine Damen und Herren! Das, was Sie jetzt hören, ist das abwechselnde Gekläffe des Klubobmann-Stellvertreters und des Herrn Haigermoser. Ich werde jedesmal schweigen, damit Sie das besser zu Ohren bekommen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist wieder sehr lustig!) Je nachdem, was man unter Humor versteht.

Wir wissen, daß der Familienlastenausgleichsfonds in den letzten Jahren Defizite von insgesamt 10 Milliarden Schilling angehäuft hat, die aus allgemeinen Budgetmitteln abgedeckt werden müssen, Herr Klubobmann Khol. Auf diese prekäre Situation haben die Sozialdemokraten in den letzten Jahren hingewiesen und Strukturreformen eingefordert. Nun geht es darum, eine ausgeglichene Bilanz des Fonds zu erreichen, um schließlich Rückzahlungen der Verbindlichkeiten zu ermöglichen – und das mit Hilfe der Strukturpakete 1995 und 1996.

Unser erklärtes Ziel ist es, die Kernleistungen der Familienpolitik mittels der notwendigen, aber durchaus ungeliebten Anpassungsschritte prinzipiell weiterhin auf hohem Niveau abzusichern. Auch das zukünftige Förderungssystem muß weiterhin finanzierbar bleiben, und wir müssen einen Handlungsspielraum gewinnen.


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