Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 314

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Und sosehr ich auch die Budgetansätze da oder dort bezweifle, weil ich annehme, daß die Wirtschaftsprognosen, die ihnen zugrunde gelegt sind, nicht stimmen, daß es vielleicht da oder dort einen Schätzfehler gibt – wir haben das im sozialen Bereich morgen noch zu erörtern; Kollege Van der Bellen hat uns ja drastisch vor Augen geführt, einmal hätte er geglaubt, daß es plausibel sei, und dann sei es um 30 Milliarden Schilling falsch gewesen –, so glaube ich doch, daß man nicht so weit gegangen ist, den Grundsatz der Budgetwahrheit dahin gehend zu verletzen, daß man noch nicht einmal einen falschen Ansatz für Lauschangriff und Rasterfahndung ins Budget aufgenommen hat, sondern eben gar keinen.

Daher sage ich Ihnen: Wenn Sie nicht in jeder Weise jede Glaubwürdigkeit verlieren wollen, dann werden Sie, wenn Sie diese Budgets so beschließen, wie Sie sie auf Punkt und Beistrich zu beschließen gedenken, 1996 oder 1997 keinen Lauschangriff und keine Rasterfahndung einführen können, sonst haben Sie einen doppelten Glaubwürdigkeitsverlust: den Glaubwürdigkeitsverlust im Bereich der Grundrechte so und so – das dürfte Ihnen gleichgültig sein; eine wertkonservative Position offenbar – und den Glaubwürdigkeitsverlust im Bereich der Budgetwahrheit, also ein weiterer Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Österreich. Denn wenn ein Budget erkennbar absichtsvoll ganze Positionen wegläßt, dann setzen Sie sich dem Verdacht aus, an und für sich unseriös zu sein.

Da wird Ihnen auch nicht helfen, daß Sie hier Ausnahmen beim Lauschangriff und bei der Rasterfahndung in den Raum gestellt haben, nämlich Ausnahmen für die Redaktionsstuben und für die Politiker – diese sind nicht genauer definiert, möglicherweise sind es die Mitglieder dieses Hohen Hauses. Sehr interessant ist diese Ausnahmephilosophie; das erinnert mich an die Ausnahmephilosophie bei den Kolporteuren im übrigen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Offenbar sind Sie der Meinung, wenn wir schon das organisierte Verbrechen bekämpfen wollen, dann müssen wir neue Unternehmensformen für das organisierte Verbrechen reservieren, nämlich die Redaktionsstuben. Was glauben Sie, wie das organisierte Verbrechen auftreten würde, wenn Sie so eine Ausnahme machten? – Es würde bevorzugt Zeitungen gründen in Österreich, man würde genau das machen, was bisher in Tarnfirmen gemacht wurde, die nur eben dann "Zeitungen" wären. Wenn Sie also solche Ausnahmen vorsehen, dann sind Sie nicht einmal mit sich selber schlüssig.

Wenn Sie Politiker ausnehmen wollen, dann frage ich Sie: Warum genießen Politiker in Ihrer Welt einen höheren Grundrechtsschutz als die Bürger? Das ist nicht demokratisch. Ich fordere denselben Grundrechtsschutz für Politiker, wie ihn alle Bürger dieses Landes genießen, und keinen erweiterten Grundrechtsschutz! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da der Grundrechtsschutz, den wir jetzt haben, durchaus nicht der schlechteste ist, allerdings vielleicht auch noch etwas verbessert werden könnte, kann ich nicht tatenlos zusehen, weil ich ihn behalte, während er allen anderen genommen wird – und das nur deswegen, weil ich derzeit ein Mandat habe.

Das ist jetzt – Kollegin Fekter ist nicht da, ich hätte gerne eine Antwort von ihr bekommen – entweder wertkonservativ oder strukturkonservativ oder beides. Ich bin mir nicht ganz sicher. Es ist aber vielleicht auch – weil es der Innenminister ist, um den es geht – eine zusätzliche Facette sozialdemokratischer Visionen, und zwar jener Visionen, die der Bundeskanzler meint, wenn er nach dem Arzt ruft. Ich halte das für sehr bedenklich, hoffe aber, daß die Budgetwahrheit an der Seite der Grundrechte streitet; das würde mich in diesem Fall besonders freuen.

Vor diesem Hintergrund wundert es mich nicht, daß die Ausrüstung der Polizei nach wie vor ein Stiefkind ist, daß erst vor wenigen Wochen die EBT – das ist die Einsatztruppe zur Bekämpfung des Terrorismus – mit EDV ausgerüstet worden ist, und vor diesem Hintergrund läuft die Diskussion über Lauschangriff und Rasterfahndung.

Daher frage ich jetzt den Herrn Bundesminister: Ist das Zitat im Zuge des Interviews im "profil" vom 15. 4. richtig wiedergegeben? (Abg. Anschober: Na geh, das wollte ich sagen!) Ich kann es nicht ganz glauben. Ich zitiere es Ihnen: Auf die Frage, mit welchen Träumen Sie vor einem Jahr in Ihr Amt getreten seien, hätten Sie angeblich wörtlich geantwortet: Ich habe mir damals


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite