Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 48

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20 Prozent. All das veranlaßt Sie, Herr Bundesminister, offenbar noch immer nicht, tätig zu werden.

Auch die warnenden Kommentare, die von Wirtschaftsforschern abgegeben werden, veranlassen Sie nicht, tätig zu werden. So hat Ihnen beispielsweise der Chef des Institutes für Höhere Studien, Professor Felderer, vor einigen Wochen dringend ans Herz gelegt, schon jetzt die Pfeiler des Generationenvertrages und damit das Pensionssystem auf eine neue Grundlage zu stellen, weil man langfristig, so meint er, in Österreich von einer stärkeren Nivellierung der staatlichen Pensionen auszugehen haben werde. Das ist eine sehr dramatische Situation: wenn jenen, die jetzt unter 50 sind und die Beiträge für eine sehr komfortable Pension zahlen, der Wirtschaftsforscher bereits jetzt mitteilt, sie würden trotz der hohen Beiträge nicht mehr in den Genuß dieser von ihnen geleisteten Altersversorgung kommen.

Ist all das noch immer kein Grund für Sie, entsprechende grundlegende Reformen in diesem Lande durchzuführen, anstatt zuzuschauen, wie jetzt eine neue Welle von Frühpensionierungen Ihre Prognosen und Erwartungen wieder durcheinanderbringt? – Der Generaldirektor der Österreichischen Bundesbahnen, der offenbar überfordert ist, schickt jeden, der bereit ist, zu gehen, in die Frühpension. So werden vom Staat die Probleme der ÖBB saniert, weil der Generaldirektor dazu nicht in der Lage ist. Ist das Ihr Modell, das Sie uns hier im Parlament einzureden versucht haben?

Sie kommen aus diesem Schlamassel nicht mehr heraus, und ich sage Ihnen hier ganz offen: Sie werden über die grundlegenden Reformen dieses Sozialstaates endlich Antworten geben müssen, anstatt Feuerwehr hinter der Front zu spielen und zu sagen: Wenn es irgendwo brennt, dann lösche ich! Sie tun dies leider meistens mit untauglichen Mitteln. Ein Beispiel dafür ist das Modell, das Sie bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer eingeführt haben, daß es nämlich dann, wenn Beschäftigte über 50 Jahre gekündigt werden, einen Malus gibt. Damit haben Sie nichts anderes bewirkt, als daß man jetzt schon mit 49 gekündigt wird und nicht mehr mit 50, wenn sich der Betrieb von seinen Arbeitskosten entlasten will. Außerdem haben Sie dabei nicht bedacht, daß dadurch die Frauen ganz massiv zum Handkuß kommen, denn Frauen, die ja meist für die gleiche Tätigkeit weniger Einkommen erzielen, zu kündigen, ist billiger, für Frauen macht der Malus weniger aus. – All das sind Dinge, wo ich sage, da haben Sie nicht einmal den Brand, der vorhanden ist, gelöscht, sondern Sie haben das Unglück noch vergrößert, anstatt Lösungen herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist Ihnen, Herr Bundesminister, aber auch der Sozialstaat in seinen Aktivitätsformen ein bißchen außer Kontrolle geraten. Sie selbst philosophieren, Sie werden per Gesetz sicherstellen, daß die Krankenstandsfinanzierung, die Entgeltfortzahlung im Krankenstand auf alle Fälle für ein Jahr gesichert wird. Gleichzeitig sagen Ihnen die Krankenkassen: Lieber Minister, du kannst tun, was du willst, wir senken es jetzt einmal! Die Wiener Gebietskrankenkasse in ihrer Finanzierungsnot reduziert von 78 Wochen auf 26 Wochen. Aber der Herr Minister redet von einer gesetzlichen Regelung, davon, das auf ein Jahr ausdehnen zu wollen – wissend, daß die Kassen, für die er ein Aufsichtsrecht hat, für die er unmittelbar als Minister verantwortlich ist, vor einer riesigen Pleite stehen; – mit mehr als 3,5 Milliarden Schilling ist ein unfinanzierter Bedarf gegeben –, wissend, daß man jetzt die Leistungen für die Arbeitnehmer, die dort versichert sind, kürzt, aber keiner denkt daran – auch Sie nicht, Herr Bundesminister –, da einmal einzugreifen und zu fragen: Warum zahlen wir denn eigentlich im österreichischen Sozialversicherungssystem bei den Krankenkassen 2,2 Milliarden Schilling für Sonderpensionsrechte der dort tätigen Mitarbeiter und Funktionäre? Warum greifen Sie dort nicht ein, anstatt die Leistungen für die fleißigen Leute dieser Republik zu kürzen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum finden Sie keine Antworten auf das Debakel II, das bei den Krankenkassen ab 1. Jänner 1997 droht? Dort ändert sich das Mehrwertsteuersystem. Die Umwandlung einer echten Mehrwertsteuerbefreiung in eine unechte Mehrwertsteuerbefreiung bedeutet nach den Prognoserechnungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, daß die Krankenkassen keine Vorsteuerabzüge mehr geltend machen können, daß sie Vorsteuerabzüge für Gebäudeinvestitionen, die sie lukriert haben, rückwirkend zurückzahlen müssen. Das macht eine Summe von ungefähr 4 Milliarden Schilling an zusätzlichem Finanzierungsbedarf im nächsten Jahr aus.


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