Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 178

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Herr Abgeordneter Kier! Ihren Antrag können wir aus verschiedensten Gründen nicht annehmen. Wir lehnen ihn ab, weil wir der Meinung sind – und das ist unser Grundprinzip –, daß Familienförderung ein Begriff ist, Sozialpolitik aber ein anderer. Für die Grundsicherung der Existenz und die Armutsbekämpfung gibt es aus unserer Sicht im Bereich der Sozialpolitik viele Möglichkeiten, und diese sind auch dort zu verfolgen.

Die Familienpolitik und im besonderen der horizontale Lastenausgleich sollen eine Unterstützung darstellen, wobei der Familienlastenausgleich als Ausgleich zwischen jenen Familien, die Kinder haben, und jenen, die keine Kinder haben, geschaffen wurde. Es wäre unsinnig, in Zeiten wie diesen von diesem Prinzip abzugehen. Ich glaube, man wird sehr intensiv darüber nachdenken müssen, ob der soziale Frieden in Hinkunft bei der demographischen Entwicklung, die wir zurzeit haben, zwischen Jung und Alt erhalten bleiben kann.

Man wird sich überlegen müssen, welche Möglichkeiten wir haben, tatsächlich einen Lastenausgleich weiterhin nicht nur zu verfolgen, sondern auch eine Anerkennung für jene Familien und vor allem für jene Frauen zu finden, die sich der Familienarbeit, sei es überhaupt oder vorübergehend, widmen. – In diesem Bereich haben wir schon einige positive Schritte in diese Richtung gesetzt.

Wir haben uns immer dagegen ausgesprochen, daß Familien sozusagen Almosenempfänger des Staates sind. Die Familienförderung ist für uns eine ganz klar anspruchsberechtigte Förderung, die sich auf die Familien mit Kindern konzentriert und auch entsprechend nach dem Alter beziehungsweise nach der Anzahl der Kinder gestaffelt ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir können uns nicht vorstellen, daß, wie in Ihrem Antrag vorgesehen, die Familie Bittsteller beim Staat wird, indem man um die Familienbeihilfe ansuchen muß. (Abg. Dr. Mertel: Man muß jetzt auch ansuchen!) Es ist hier aber explizit ausgeführt, daß man einen Nachweis über die Einkommensverhältnisse erbringen müßte. – Ich stelle mir das ungeheuer schwierig vor. Das wäre ein großer, mit sehr hohem Zeitaufwand und hohen Kosten verbundener bürokratischer Aufwand.

Letztendlich – diese Argumentation ist überhaupt besonders einfach – kann es sich bei diesem Antrag um keine familienfreundlichen Maßnahmen handeln, wenn von Einsparungen in der Höhe von 5 bis 7 Milliarden Schilling zugunsten des Finanzministers die Rede ist. Dazu muß ich sagen: In Zeiten wie diesen, in denen ich mir hier vom Rednerpult aus von den verschiedenen Parteien – auch von Ihrer! – immer anhören muß, daß die Familien immer ärmer werden, fehlt mir wirklich jedes Verständnis dafür, daß ihnen noch etwas von den Transferleistungen weggenommen werden soll! Daher lehnen wir auch Ihren Antrag ab.

Ich möchte Sie auf noch etwas aufmerksam machen: Die Wifo-Studie wird natürlich gebogen und gezogen. Ich habe den Eindruck, daß vieles davon mißverstanden wird. Die Studie zeigt natürlich auf, daß die Familiengelder aus dem FLAF nur zu 18 Prozent in das untere Einkommensdrittel fallen. – Aber dort gibt es auch nur 17 Prozent der Kinder! (Abg. Dr. Kier: Ja warum denn?) Ein Großteil der Mittel geht hingegen an die oberen 45 Prozent, denn dort sind auch 68 Prozent der Kinder. (Abg. Dr. Mertel : Die Reichen können sich die Kinder eben leisten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier! Frau Mertel! Ich glaube, daß heute eine gute Familienbeihilfe oder ähnliches nicht allein ausschlaggebend dafür ist, ob man sich zu Kindern bekennt. (Abg. Dr. Mertel : Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden!) Gerade wir Frauen wissen, daß es viel mehr Hemmnisse gibt, Kinder zu haben. Man muß für die Versorgung von Kindern auf den Beruf verzichten. (Abg. Dr. Mertel : Es fehlen Kinderbetreuungseinrichtungen!)

In Sachen Kinderbetreuungseinrichtungen könnte ich Ihnen jetzt aus Niederösterreich etwas erzählen. Ich hebe mir das aber gerne für einen späteren Zeitpunkt auf, zu dem ich ein bißchen mehr Zeit habe. Im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung wurde von der öffentlichen Meinung beziehungsweise von der veröffentlichten Meinung die Diskussion zum Teil fehlgeleitet, statt darüber zu reden, wo es Möglichkeiten gäbe, effizienter und besser den Familien und Frauen zu helfen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


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