Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 33

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11.53

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Spindelegger, es ist nicht richtig, wenn Sie unsere Aussagen so interpretieren, als ob wir Familienpolitik als reine Sozialpolitik sehen würden. Das stimmt nicht! Auch wir bekennen uns zur Familienpolitik, auch wir bekennen uns zu den 200 Milliarden Schilling, die zum Beispiel für Kinderbetreuungseinrichtungen, das Gesundheitswesen, die Bildung und so weiter ausgegeben werden. Allerdings bekennen wir uns, was das Bargeld betrifft, das die Familien bekommen, zu einer echten sozial gestaffelten Förderung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wie wir wissen, ist Österreich das neuntreichste Land der Welt. Dennoch sind nach Umfragen und neuesten Daten im sogenannten reichen Land Österreich 270 000 Kinder von der Armut gefährdet. Unverständlich sind für mich diese Daten, wenn man weiß, daß Österreich international gesehen eine einzigartig hohe Familienförderung hat, denn eine indirekte Förderung von 10 Prozent des Volkseinkommens wird an die Familien in unserem Land umverteilt.

Meine Damen und Herren! Der Grund für diese Armutsgefährdung wird allerdings klarer, wenn man sich über die Aufteilung der Gelder aus dem Lastenausgleich informiert. Denn 18 Milliarden Schilling gehen an die Familien mit höherem oder hohem Einkommen, und nur 5,6 Milliarden Schilling an die weniger gut verdienenden. Verursacht wird dies durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel die hohen Lohnunterschiede, die fehlende Mindestsicherung, etwa für Arbeitslose, und die niedrige Frauenerwerbsquote, die wiederum auf einen gravierenden, allzubekannten Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen und Teilzeitjobs zurückzuführen ist. Frau Kollegin Mertel – sie ist nicht hier –, ich bin mit Ihnen da voll einer Meinung!

Diese Situation wird durch die zurzeit bestehenden Transferleistungen nur wenig gemildert, da der horizontale Lastenausgleich gegenüber der Bedürftigkeit dominiert. Herr Minister! Das sind Fakten, und ich glaube, diese Probleme müßten ehestens gelöst werden.

Und wie sieht dies in der Praxis aus? – Die Familienförderung geht überproportional stark an bessergestellte Familien. So nimmt ein Drittel der Haushalte mit dem höchsten Einkommen 43 Prozent der Leistungen in Anspruch. Auch die Selbständigen profitieren überproportional von der Familienförderung, nämlich mit 13,5 Prozent. Familien mit Kindern erhielten 15,5 Prozent an Förderung. Diese Differenz zwischen 13,5 Prozent und 15,5 Prozent sollte man überdenken. Am schlechtesten schneidet das unterste Drittel der Gefährdeten mit niedrigem Einkommen ab, welches nur 10 Prozent der gesamten Leistungen erhält.

Meine Damen und Herren! Zurückzuführen ist der hohe Anteil der Förderungen bei den besser verdienenden Haushalten auf zwei Faktoren:

Erstens gibt es in dieser Gruppe überdurchschnittlich viele Familien mit Kindern. Und das ist auch gut so.

Zweitens gehen die Kinder aus diesen Familien auf die Universitäten, wodurch die Leistungen auch länger gezahlt werden. – Womit wir auch schon wieder beim Thema Bildung wären, wo es bis heute noch keine Chancengleichheit gibt, obwohl der Besuch von Bildungseinrichtungen für alle Kinder frei ist.

Darüber hinaus kommen laut Wifo-Studie 49,5 Prozent oder 21 Milliarden Schilling aller Bildungsausgaben jenem Drittel der Haushalte zugute, die das höchste Einkommen haben. Die Mittelschicht profitiert mit 35,2 Prozent oder 16 Milliarden Schilling. Dem ärmsten Drittel kommen lediglich 15,3 Prozent oder 7 Milliarden Schilling zu. Aber auch im Bereich der Hochschulen findet eine massive Umverteilung zu den Gutverdienenden statt. Denn vor allem Studenten und Studentinnen aus den obersten Einkommensschichten sind stark vertreten, sodaß ein Viertel der Hochschulausgaben den obersten 10 Prozent der Einkommensverteilung zuzurechnen ist.

Wir kennen die Studie "Ob arm, reich – für alle gleich", und aus dieser Studie der Gewerkschaft der Privatangestellten geht ganz klar hervor, daß die familienpolitischen Leistungen nicht sozial


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