Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 39

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Über 500 000 Menschen in Österreich arbeiten bereits außerhalb der Zeiten des "kollektiven Glücks". Es ist daher wohl an der Zeit, sich über eine neue Zeitordnung unserer Gesellschaft den Kopf zu zerbrechen, über eine Zeitordnung, die auf die Dienstleistung, die wir den anderen Mitgliedern unserer Gesellschaft bieten, ausgerichtet ist, denn das ist gleichzeitig die Lebensqualität unserer herrschenden Rolle.

Wir werden selbstverständlich den Sieben-Tage-Rhythmus beibehalten, selbstverständlich die Wochenendregelung über mindestens zwei Tage, vielleicht sogar über drei bei neueren, flexibleren Arbeitszeiten.

Wir werden aber vor allem eines, und zwar in unseren Köpfen, machen müssen: Wir müssen endlich die Betriebszeiten und Öffnungszeiten von den Arbeitszeiten entkoppeln und völlig neue Modelle der Mitarbeiterbeschäftigung finden. Nur ein selbstbestimmter Mitarbeiter kann ein guter Verkäufer sein. Ein zwangsverschickter Mitarbeiter ist als Verkäufer so unfreundlich, daß er den Kunden verjagt und zu keinem Umsatz beiträgt.

Die innerbetriebliche Mitbestimmung, die Aufwertung der Betriebsverfassung, das Vertrauen in diese Regelungsmechanismen zeigen den Weg in die Zukunft. Und darauf, meine Damen und Herren, basiert der Antrag des Liberalen Forums, der beinhaltet, daß es keiner Regelung der Öffnungszeiten, aber sehr wohl eines Schutzes der Mitarbeiter bedarf.

Ich beeile mich aber, hinzuzufügen: Auch die Leistungen der öffentlichen Hand haben sich an deren Kunden zu orientieren, denn die Verkäuferin oder der Verkäufer, der spätabends nach Hause fahren will, ist ein Kunde des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch dort muß man sich an den Kunden orientieren.

Auch die Kinderbetreuungseinrichtungen, eine staatliche Dienstleistung (Abg. Edler: Wer zahlt das?) , haben sich nach den Bedürfnissen der Kunden, der Frauen mit Kindern, und nicht nach irgendwelchen Öffnungszeiten der Gewerkschaft der Kindergärtnerinnen zu orientieren.

Das Problem, Herr Kollege, ist nämlich: Sie beißen sich pausenlos in den eigenen Schwanz, weil Sie eine Reglementierung nach der anderen schaffen und dabei keinen Schritt weiterkommen. (Abg. Riepl : Sie kennen sich nur in einem Hotel aus, aber sonst haben Sie in der Wirtschaft keine Ahnung! – Was Sie da daherreden!) – Erstaunlicherweise ist es so, daß die Intelligenz Ihrer Zwischenrufe nicht mit der Lautstärke harmoniert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Sie, von persönlichen Beleidigungen Abstand zu nehmen.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Die Regierungsparteien gehen den Weg der Reglementierung.

Zunächst einmal das Positive: Der Herr Bundesminister hat es mit sehr viel Mühe geschafft – wozu ich ihm gratuliere –, eine Liberalisierung der Öffnungszeiten zustande zu bringen. Dafür, Herr Bundesminister, mein Kompliment. – Die Frage ist nur, zu welchem Preis Sie es erreicht haben.

Obwohl Sie der Überzeugung sind, daß wir zuviel Bürokratie haben und entbürokratisieren müssen – diese Überzeugung haben Sie richtigerweise mehrfach zum Ausdruck gebracht –, haben Sie den Weg einer neuen Reglementierung, einer neuen Bürokratisierung gewählt.

Jetzt weiß ich nicht, was nun zählt: der absolute Wille zur Entbürokratisierung, den ich von allen Fraktionen dieses Hohen Hauses hier vermerke, oder das Schaffen immer neuer Reglementierungen, die neue Kontrollen und noch mehr Bürokratie erzeugen? Sie müssen doch endlich einmal wissen, was Sie wollen. Wollen Sie Entbürokratisierung? – Dann deregulieren Sie! Oder wollen Sie mehr Bürokratie? – Dann regulieren Sie weiter. – Das ist der Pyrrhussieg, den Sie bei dieser Öffnungszeitendebatte errungen haben.


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