Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 39

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Wir wissen genau, daß der jahrzehntelange Versuch der Eliminierung des Drogenangebotes und des Drogenkonsums aus unserem Kulturkreis gescheitert ist, und leider werden wir auch in Zukunft mit Drogenbenutzern leben müssen. Diesbezüglich, Herr Kollege Guggenberger, sind wir einer Meinung. Es ist nur die Frage, wo wir diese unserer Meinung nach kranken Menschen in unserer Gesellschaft ansiedeln wollen, ob am äußersten Rand der Verelendung und der Krankheit oder am Ort der Kriminalität und der Prostitution, oder ob wir die Drogensucht ins Zentrum unserer gesundheits- und sozialpolitischen Aufmerksamkeit rücken wollen. Wir Liberalen wählen diesen Weg. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Eine Drogenpolitik, die Sucht ausschließlich mit den Mitteln des Strafrechts bekämpfen will und die eine völlige Abstinenz von Drogen für die Gewährung von staatlicher Hilfe voraussetzt, ist zum Scheitern verurteilt.

Meine Damen und Herren! Die schreckliche Bilanz von 120 bis 250 – die Zahlen schwanken einigermaßen – Drogentoten in unserem Land sollte uns wachrütteln. Diese Menschen sterben zumeist nicht an der Droge selbst, sondern aufgrund der verunreinigten Instrumente, die sie benützen, oder an den begleitenden Krankheiten.

Drogenprobleme beruhen weiters auch auf der Illegalität des Drogenkonsums. Die Kriminalisierung steht der Drogenhilfe und der Therapie im Wege und weist zudem der Polizei und der Justiz eine Aufgabe zu, die sie nicht lösen können. Herr Kollege Ofner, als ehemaliger Justizminister wissen Sie das ganz genau (Beifall beim Liberalen Forum ), und Sie haben seinerzeit auch eine andere Linie vertreten. (Abg. Dr. Ofner: Ja, Klara, aber sie war falsch! Ich habe eine ähnliche Linie vertreten wie die, die heute propagiert wird, aber ich habe erkennen müssen, daß sie falsch ist!) Das ist Ihre Meinung. Ich vertrete meine Linie immer noch, Herr Kollege Ofner.

Wir Liberalen begrüßen den Ansatz "Therapie statt Strafe" (Abg. Dr. Haider: Seit wann? Du hast schon ganz anders geredet!) – das stimmt nicht! –, der auch in der Regierungsvorlage vorgesehen war, aber durch den Abänderungsantrag, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wieder verwässert wurde. Daß hier ein Abgehen von den ursprünglich liberalen Ansätzen erfolgt ist, ist nicht nur meine Einschätzung, Herr Kollege Guggenberger, oder jene der Opposition, sondern es wurde vom Herrn Justizminister im Gesundheitsausschuß diese Meinung öffentlich geteilt.

In dieser Abänderung ist ein Scheitern des Ansatzes zugunsten eines Therapieausbaus bereits festgelegt. Wie sonst soll der § 12 Abs. 2 zu verstehen sein, in dem ausdrücklich herausgestrichen wird, daß die Kosten in der Therapie möglichst gering zu halten sind? Die Ausschußfeststellung kann nur als Kniefall der Gesundheitspolitik vor dem Finanzminister und den Finanzreferenten der Länder betrachtet werden, heißt es doch darin, der weitere Ausbau des Therapieangebotes werde nur nach Maßgabe der vorhandenen Budgetmittel erfolgen können. (Ruf bei den Freiheitlichen: Null!) – Genau, das ist richtig.

Schenkt man Medienberichten Glauben, wonach die Behörden bereits überlegen, wie die Therapiekosten zu decken sind, muß man sagen, es ist unverantwortlich, von einer "Errungenschaft" in Form von "Therapie statt Strafe" zu reden.

Zudem habe ich in vielen Gesprächen mit Therapeuten, Ärzten und Betroffenen noch nie gehört, daß in vielen Bereichen übertherapiert wird. Im Gegenteil. Alle, die sich bereits einmal um einen Therapieplatz für einen Drogenkranken bemüht haben, haben die Erfahrung gemacht, daß es fast unmöglich ist, in näherer Zukunft einen solchen Platz zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch heute, so wie bereits im Ausschuß, aus unserer Sicht auf den Konsum dieser Stoffe, insbesondere auf den Stoff, der aus der Cannabispflanze gewonnen wird, hinweisen. Ich tue das gerne, und ich fürchte mich nicht vor den Nachrednern, die das alles widerlegen werden. Auch sie haben bis jetzt kein Rezept gefunden, das uns in der Drogenpolitik weiterbringt. Wir wollen es eben anders versuchen. Wir sind überzeugt, daß wir hier ein Umdenken und eine Neubewertung, sprich: eine Eliminierung aus dem Strafrecht, brauchen, denn die Gefährlichkeit dieser Stoffe beruht nicht auf ihren Substanzen, sondern liegt vielmehr in der Kriminalisierung und dadurch illegalen Verbreitung.


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