Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 40

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Ich möchte auch die hartnäckige Behauptung im Ausschuß, wie schlimm doch die Amsterdamer Verhältnisse seien, entkräften. Bei genauerer Betrachtung kehrt sich dieses Gerücht ins Gegenteil um. Die pragmatische Handhabung in den Niederlanden, den Verkauf und den Besitz von Cannabisprodukten bis zu einer kleinen Menge zu dulden, hat dort zu einem Rückgang des Konsums von sogenannten harten Drogen geführt. Die Statistik weist aus, daß in Holland 1,6 Promille der Bevölkerung von Heroin und anderen Opiaten abhängig sind, gegenüber 2,7 Promille in den anderen EU-Staaten.

Meine Damen und Herren! Wie man weiß, tritt das Liberale Forum seit seinem Bestehen für die kontrollierte Freigabe von weichen Drogen ein. In einer Gesellschaft, die Alkohol- und Nikotingenuß nicht nur legitimiert, sondern auch schick findet, ist es schlichtweg Heuchelei, eine erwiesenermaßen ungefährliche Substanz zu kriminalisieren und die Cannabispflanze unter die Suchtgifte zu reihen, wie in § 2 Abs. 4 nachzulesen ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich sage, das ist unsinnig, kontraproduktiv und aufgrund von UN-Übereinkommen auch gar nicht notwendig. Wir sehen daher im Bekämpfen des Staates einer kontrollierten Abgabe von Cannabissubstanzen kein Hintanhalten der Beschaffungskriminalität. Im Gegenteil. Wir befürchten weiterhin die Gefahr des Abrutschens des Erstkonsumenten in den Bereich der härteren Drogen, da durch den Markt und die Brutalität – das gebe ich zu – der gewissenlosen Dealer weiche und harte Drogen nicht getrennt sind.

Die oft vorgebrachte Argumentation, Cannabis sei als Einstiegsdroge zu bewerten, ist hingegen nur insofern richtig, als durch das derzeit praktizierte Abdrängen des Verkaufs von Haschisch und Marihuana in den illegalen Markt die Nähe zu anderen gefährlichen Drogen herbeigeführt wird. Eine Trennung der Märkte würde daher auch zu einer Reduzierung der Zahl der von schweren Drogen Abhängigen führen, was wieder das Beispiel Holland zeigt.

Einer ähnlichen Auffassung haben sich unter anderem auch Polizeipräsidenten zahlreicher deutscher Bundesländer angeschlossen, die für die Abkehr vom bisherigen, Jahrzehnte hindurch gegangenen falschen Weg in der Drogenpolitik plädieren.

Im Hinblick auf die gesellschaftspolitische Notwendigkeit eines differenzierten, menschenwürdigen Umgangs mit Drogen, Sucht und Suchtkrankheit bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Motter, Dr. Schmidt und Partner/innen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, gesetzliche Maßnahmen vorzubereiten, die eine Entkriminalisierung von Erwerb, Besitz, Konsum sowie Ein- und Ausfuhr von Cannabisprodukten für den eigenen Gebrauch gewährleisten."

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Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich zu dieser Materie noch festhalten, daß die liberale Fraktion auch in Zukunft die Notwendigkeit des Schutzes, insbesondere junger Menschen, vor jeder Art von Abhängigkeit und Sucht unterstützt. Herr Kollege Ofner, ich gebe Ihnen durchaus recht, wenn Sie sagen, daß Therapie und Sicherheit bei jungen Menschen Vorrang haben. Ich bin Mutter und bin froh, daß meine Kinder über diesen Weg sind (Abg. Dr. Ofner: Ich bin auch schon Großvater!), aber ich werde auch Enkel bekommen und befasse mich deshalb auch mit diesem Problem.

Was den Konsum sogenannter weicher Drogen betrifft, schließt die aus liberaler Sicht zentrale Würdigung der Freiheit jedes Menschen auch die Freiheit des Konsums gesundheitsbedenk


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