Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 17

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist ein Punkt, der noch nicht voll ausdiskutiert ist. Wir können uns eine solche Kontrolle durch das Europäische Parlament durchaus vorstellen. Wir wollen aber auch den Europäischen Gerichtshof noch stärker einbauen. Dieser Punkt, die Frage der dritten Säule – also Zusammenarbeit von Polizei und Justiz, da sind natürlich immer Grundrechte betroffen –, wird übrigens einer der wichtigsten überhaupt in der Regierungskonferenz sein, weil er die einzige Chance darstellt, den Kampf gegen das organisierte Verbrechertum erfolgreich aufzunehmen. Daher ist es sehr wichtig, daß in diesem Bereich das Europäische Parlament und vor allem der Gerichtshof als letzte Instanz nicht ausgeschaltet werden. Da sind natürlich massive gegenläufige Interessen vorhanden, und daher kann ich noch keinen abschließenden Bericht geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Madl, bitte.

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Vizekanzler! In der Aktuellen Stunde gestern konnten Sie meine Frage nicht mehr beantworten, deshalb stelle ich sie heute noch einmal: Welche Konsequenzen werden Sie ziehen, wenn in den sogenannten Maastricht II- Vertrag ein weiteres Konvergenzkriterium zur Aufnahme und Teilnahme an der Währungsunion, nämlich das der Vollbeschäftigung, welches nicht nur Österreich, sondern mittlerweile auch mehrere Länder der EU fordern, nicht aufgenommen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich konnte gestern aufgrund der Spielregeln und der Zeitvorgabe nicht mehr antworten. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Nicht, weil ich nicht hätte antworten können, sondern weil ich nicht durfte. Aber ich tue es gerne.

Kein Mitgliedsland verlangt bei dieser Regierungskonferenz eine Veränderung der Kriterien. Was wir verlangen, ist ein Beschäftigungskapitel. Das ist etwas ganz anderes. Ich verstehe das Anliegen, daß beispielsweise manche sagen, man sollte bei der Währungsunion auch der wirtschaftlichen Situation eines Landes größtes Augenmerk schenken. Aber wie wollen Sie das im Sinne einer Einhaltung von Kriterien, die berechenbar sind, formulieren? Das ist der Punkt.

Abgesehen davon brächte das für uns überhaupt keinen Vorteil, denn Sie müssen sich folgendes vorstellen: Der Durchschnitt der EU-Arbeitslosigkeit liegt weit über dem österreichischen Status. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Wir liegen noch wirklich gut. Bei uns gibt es Gott sei Dank noch eine relativ stabile Beschäftigungslage.

Ich glaube, daß der Ansatz, den wir gewählt haben, richtig ist, nämlich daß dort, wo nationales Engagement gefragt ist, die Mitgliedsländer agieren sollen und müssen, sowie wir es tun. Daß auf europäischer Ebene – etwa durch die Einführung einer europäischen Währung – Beschäftigungschancen gesichert bleiben, das ist auch für uns ganz wichtig.

Ich sage auch – weil die Frage dahintersteht –, daß wir Österreicher mehr als 30 Jahre lang mit der festen Anbindung des Schilling an die Deutsche Mark hervorragend gefahren sind. Wenn nun die Deutschen der Europäischen Währungsunion beitreten und die deutsche Währung in Hinkunft Euro heißt, dann frage ich: Mit welchem Argument sollen wir uns abkoppeln? Es ist doch klug, bei dieser Bindung an die deutsche und damit an die europäische Währung zu bleiben. Wir gewinnen im Gegensatz zu anderen großen Ländern sogar noch zusätzlich etwas, nämlich Sitz und Stimme in der Europäischen Zentralbank. (Abg. Böhacker: Die Märchenstunde ist vorbei!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Dr. König, bitte.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Vizekanzler! In den Leitlinien der Bundesregierung für die Verhandlungen der Regierungskonferenz spricht sich die Bundesregierung


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