Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 82. Sitzung / Seite 21

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geeignet ist und daß die Anonymität auch zur österreichischen Sparkultur gehört. Ich glaube, wir sollten darum kämpfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. – Kollege Van der Bellen, bitte.

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Das österreichische Justizministerium hat sich mehrfach kritisch zur Anonymität von Finanzvermögen in Österreich geäußert, und zwar nicht nur hinsichtlich des Widerspruchs zur EU-Richtlinie betreffend Geldwäsche, sondern namentlich deswegen, weil die Anonymität regelmäßig zu Schwierigkeiten in Erbschafts- und Scheidungsangelegenheiten führt. Teilen Sie diese Ansicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Das mag schon sein, daß es in den von Ihnen zitierten Fällen im persönlichen Bereich zu Konflikten kommen kann. Die Aufhebung der Anonymität ist seit der Einführung der Endbesteuerung für den Fiskus kein Problem, es liegt daher im persönlichen Bereich.

Ich möchte mich nicht gesetzlich in möglicherweise familiäre Probleme einmischen. Es mag schon sein, daß die Anonymität von Sparbüchern ein Startvorteil für jene ist, die unter Umständen zuerst dort sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich halte es einerseits für eine Schimäre, zu behaupten, daß wir ein solch ausgezeichnetes Bankgeheimnis hätten – weiß doch jeder Mitarbeiter einer Bankfiliale, wem welches Konto gehört –, und meine auf der anderen Seite, es ist nicht mit einer europäischen Finanzkultur vereinbar, weiter an der Anonymität festzuhalten.

Meine konkrete Frage: Sind Sie bereit, Nummernkonten in Österreich einzuführen, bei denen nur mehr die Leitung des Bankinstitutes weiß, wem welches Konto gehört, und nicht jeder Mitarbeiter am Schalter?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich kann mir durchaus vorstellen, daß man bestimmte Korrekturen am sogenannten Bankgeheimnis anstrebt. Ob dies allerdings die Lösung ist, möchte ich jetzt von diesem Pult aus nicht sagen. Im Augenblick – das möchte ich noch einmal dezidiert feststellen – besteht keine Absicht seitens des Bundesministeriums und auch nicht von mir, am Bankgeheimnis etwas zu verändern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Dr. Gusenbauer, bitte.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Bundesminister! Es besteht kein Zweifel daran, daß die österreichische Bundesregierung weiterhin daran interessiert ist, die hohe Sparkultur in Österreich aufrechtzuerhalten und auch für die Anonymität zu kämpfen. Was uns aber mit großer Sorge erfüllt, ist, daß sich der steuerliche Ertrag von Kapitalvermögen im europäischen Kontext aufgrund der Existenz von sogenannten Steuerhäfen und Steuerparadiesen sehr schwierig gestaltet.

Welche Maßnahmen plant man in der Europäischen Union, dieser unnötigen Praxis zu Leibe zu rücken, um auch die Steuerertragssicherheit in der Europäischen Union sicherzustellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das ist, wie ich glaube, ein sehr wichtiges Thema, das die gesamte Europäische Union betrifft. Ich sehe das weniger von den Möglichkeiten des Steuerertrages her, sondern ich sehe die Notwendigkeit der Harmonisierung gerade im Kapitalbesteuerungsbereich innerhalb der Europäischen Union


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