Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 21

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die Gewinner dieser Familiensteuerreform fest, nämlich Österreichs Familien. Über die Finanzierung werden wir uns einigen, weil wir uns darüber einigen müssen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Koller, bitte.

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Wir von der FPÖ wollen keine chinesischen Verhältnisse. (Allgemeine Heiterkeit.) Herr Minister! Wenn Sie Ihr Versprechen aus der "Pressestunde" einlösen, dann frage ich Sie, ob das nicht zu Lasten der Mehrkinderfamilien geht und gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrter Herr Abgeordneter! Meine Position und die Position meiner Fraktion ist, daß Mehrkinderfamilien keinesfalls schlechtergestellt werden sollen durch diese Familiensteuerreform. Daran halten wir fest, und ich meine, daß uns die Tatsache, daß insbesondere Mehrkinderfamilien in diesem Land armutsgefährdet sind, unterstützt.

Laut jüngsten Daten ist es so, daß das Risiko einer Familie mit drei Kindern, an die Armutsgrenze zu rutschen, fünfmal größer ist als das Risiko eines kinderlosen Paares. (Abg. Tegischer: Aber bei Ihnen nicht!) Bei mir nicht, Frau Kollegin! Ich danke für diesen Zwischenruf zur Information des Plenums. Aber meine Familie ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit vielen Familien, die tatsächlich materielle Probleme haben, und denen wollen wir helfen, um die geht es. Es geht nicht um meine Familie. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Schuster, bitte.

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mitte Oktober des Vorjahres hat der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, die die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für Kinder regeln, aufgehoben. Seither gibt es von allen politischen Parteien Vorschläge, wie das Erkenntnis ausgelegt werden könnte. Das Liberale Forum hat diesbezüglich ein Modell vorgestellt, nämlich daß Kinder reine Privatsache sind beziehungsweise Familien mit Studenten ab 19 Jahren keine Familienbeihilfe erhalten sollen.

Herr Bundesminister! Entspräche dieses Modell des Liberalen Forums auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Ganz sicher nicht, sehr verehrter Herr Abgeordneter Schuster, und zwar deswegen nicht, weil Österreichs Familienpolitik und auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes davon ausgehen, daß es einen fairen Ausgleich zwischen jenen, die kinderlos bleiben, und jenen, die Kinder haben, die Verpflichtungen im Zuge der Erziehung haben, die Unterhaltsleistungen erbringen müssen, die auch Geld kosten, geben muß. Dieser sogenannte horizontale Ausgleich zwischen den Kinderlosen und den Eltern, dieser Lastenausgleich, ist unabhängig von der Einkommenshöhe erforderlich – verfassungsrechtlich und auch familienpolitisch.

Das Modell des Liberalen Forums hingegen geht davon aus, die Familienförderung erst dann greifen zu lassen, wenn sich Familien aus eigener Kraft nicht mehr helfen können, also sozial so schwach werden, daß der Staat hilfebringend einspringen muß. Das ist ein gänzlich anderer Denkansatz, der von mir nicht mitgetragen wird und der auch mit Österreichs traditioneller Familienpolitik nicht in Einklang zu bringen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Kollege Öllinger, bitte.


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