Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 37

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men Müdigkeit oder Schwindel. Es ist weltweit bekannt, daß es gar nicht so leicht ist, einen Code, der im Spital anwendbar ist, zu erstellen. Eine fertige Diagnose bei einem stationären Patienten ist nicht so einfach auf das ambulante System übertragbar. In Ambulanzen werden auch sehr wenige Krankenberichte geschrieben, weil das zeitlich kaum möglich ist. Da sehe ich einen großen Bürokratieaufwand auf uns zukommen, wobei letztendlich wieder kein Geld vorhanden sein wird, dieses Mehr zu bezahlen. Das heißt, ich bezweifle, daß wir uns so einfach in dieses Projekt hineinbegeben können. Ich befürchte etwas ganz anderes, nämlich, daß ein Plan erstellt wird, der sehr starr sein wird, aber in Wirklichkeit werden die Leute hin- und hergeschickt werden, weil es dann heißen wird, im Plan sei dieses oder jenes nicht enthalten.

Nächster Punkt: Niederlassungsplan. Wir alle wissen, daß wir in Österreich "Weltmeister" bei stationären Spitalsaufenthalten sind. Jeder Gesundheitspolitiker, der halbwegs etwas davon versteht, sagt: Man muß aus dem Spital ausgliedern. Als Hausarzt habe ich es schon fast aufgegeben zu glauben, daß die Hausärzte in irgendeiner Form mehr gefördert werden. Es ist meiner Meinung nach symptomatisch, daß das Ministerium eine Verordnung herausgibt, wonach praktisch die Behandlung eines Pudels beim Tierarzt mehr wert ist als jene eines Menschen beim Hausarzt. Das ist meiner Ansicht nach absurd, aber es ist leider so.

Es gibt einen Plan des ÖBIG. Dort steht zu lesen: Wir brauchen in Österreich drei niedergelassene Ärzte zusätzlich. Drei Ärzte! Wie wollen Sie da eine Auslagerung aus dem Spital erreichen? – Ganz "witzig" wird es aber, wenn es heißt, in Kärnten brauche man 57 Ärzte zusätzlich. Die Gebietskrankenkasse hat in einer Aussendung öffentlich bekanntgegeben, sie habe nicht einmal Geld für 25 zusätzliche Ärzte. Am Schluß kommt ein Bedarf von 614 Ärzten für acht Bundesländer heraus, und bezüglich der Situation in Wien steht zu lesen: Überschuß von 611 Ärzten.

Folgendes muß ich Ihnen noch schnell erzählen: Es steht zu lesen, in Wien gebe es 14 Psychiater und 45 Orthopäden zuviel. Wenn man jedoch Patienten mit Kreuzweh in ein Ambulatorium schicken will, dann beträgt die Wartezeit für einen Untersuchungstermin selbst im Ambulatorium – das sind unverdächtige Zeugen – 14 Tage bis drei Wochen. Solche Patienten muß ich entweder krankschreiben, oder ich kann sie vielleicht doch selbst behandeln.

Ich glaube sagen zu können, daß die Behauptung, daß in Österreich nur drei zusätzliche niedergelassene Ärzte benötigt werden – wie es Ihr ÖBIG, Frau Bundesministerin, gesagt hat –, wirklich hanebüchen ist. Das wird die gesamte Spitalsreform zum Scheitern bringen.

Ich muß auch mit einem Satz auf eine gewisse Überheblichkeit der Krankenkassen eingehen. Der Rechnungshof sagt: Es gibt zu wenige Psychiater. Daraufhin sagt die Krankenkasse: Es gibt vielleicht in bestimmten Gebieten zu wenige Vertragsärzte, aber in Wirklichkeit gibt es 20 Psychiater zuviel, vor allem in den Ballungszentren gibt es zu viele Psychiater. Die Krankenkasse schreibt dann noch zum Schluß: Wir haben eben eine unterschiedliche Zählweise. – So einfach kann man sich das wirklich nicht machen!

Die Redezeit ist zu schnell abgelaufen, nur noch folgendes: Frau Ministerin! Ihr Vorvorgänger Hesoun als Sozialminister hat gesagt, das System der Selbstverwaltung sei kein sakrosanktes System, man müsse die Beteiligung und Mitsprachemechanismen an den gesellschaftlichen Wandel anpassen. Auch ich bin der Meinung, daß in der Selbstverwaltung mehr Patienten, Behinderte und Ältere mitreden sollten.

In Österreich wird im Gesundheitswesen zuviel verordnet, werden zu viele Pläne von oben diktiert. Beachten Sie, daß die Motivation der Betroffenen meiner Meinung nach im Schwinden begriffen ist. Ich würde das nicht als Wahlkampf bei den Ärzten sehen, daß man sagt: SOS-Medizin, das ist alles nur Gerede!, denn wer genau hinhört, erkennt, daß in diesem Bereich enorme Unzufriedenheit herrscht.

Frau Bundesministerin! Wir haben Konsens: Wir brauchen hohe Qualität für alle, unabhängig vom Einkommen. Ich bin dafür, daß wir wirklich Reformen durchführen und nicht nur das Wort "Reform" ständig strapazieren. Ich bin auch zu jeder Tages- und Nachtzeit zu einer Reform bereit, nämlich zu einer Reform, die diesen Namen wirklich verdient, nicht jedoch für versteckte


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