Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 51

offensichtlich diese Leitlinien nicht haben, und daß es die nicht gibt, wird ja nicht nur von der Opposition beklagt, sondern vor allem von den Kulturschaffenden selber.

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Ich halte es für völlig falsch, wenn Politiker glauben, eine Kunst-Diskussion führen zu müssen, wie es auch Kollege Cap wiederholt getan hat. Das ist nicht Aufgabe der Politiker und Politikerinnen, sondern Aufgabe der KulturpolitikerInnen ist es, über Kulturpolitik zu reden und nicht über Kunst, weil sonst wären wir nämlich alle gleich in der Weise, daß wir sagen: Wir haben nicht zu entscheiden, was Kunst ist, aber ... Und dieses Aber steht den Politikerinnen und Politikern nicht zu.

Haben wir doch den Mut, auch wenn man weiß, aus welchen Ecken man dann der Überheblichkeit geziehen wird, zu sagen, daß über das, was Kunst ist, Fachleute reden sollen und eine echte Kunstdiskussion gefälligst den Experten vorbehalten sein soll und nicht den Politikerinnen und Politikern. Kein Mensch glaubt, darüber urteilen zu können, ob ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt oder nicht, außer die Ärzte selber. Und bei der Kunst glauben wir, daß alle mitreden können. Wir sollten mitreden über Kulturpolitik, aber zu beurteilen, was Kunst ist, ist nicht Sache der Politiker. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich mache nur aufmerksam: Wir haben hier einen technischen Defekt bei der Uhr am Pult. Aber ich stelle von oben die Zeit ein und kontrolliere sie. Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, Sie haben 20 Minuten Redezeit gehabt.

Frau Abgeordnete Dr. Brinek, Sie haben das Wort. – Bitte.

11.31

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich kann einige der Ausführungen, die ich geplant habe, weglassen, weil sie schon getätigt wurden; ich werde mehr oder weniger dort anschließen, wo Frau Dr. Schmidt geschlossen hat: Gibt es Experten, oder dürfen sich alle zur Kunst äußern? Ich möchte mich dieser Frage annähern über die 3 "K"s: Künstler, Kenner, Kunden.

Künstler: Künstler und Aufregung. Die FPÖ hat die Kunstdebatte eigentlich gestern schon eröffnet. – Thema verfehlt, aber was soll’s? Sie hat übrigens den heurigen Sommer unter das Generaldiktat "Sommertheater muß sein" gestellt. Sie hat einen Biennale-Katalog herausgeholt, den alten natürlich. Landesrat Schimanek hat die Veranstaltungsverordnung genommen, weil er offenbar nicht gewußt hat, was der Biennale-Katalog ist. Sie haben bei "N" nachgeschaut und Nitsch gefunden und, weil daneben der Buchstabe "M" ist, auch gleich bei Mühl nachgeblättert.

Damit sind wir beim Jahr 1997: Ich meine, daß eine schriftliche Anfrage, wenn sie wortidentisch ein Jahr später wieder eingebracht wird, um nichts besser ist, genauso, wie eine Katalog-Rezeption, eine Diskussion zum Katalog nicht besser wird, wenn ich sie ein Jahr später wiederhole, auch wenn ich ein ganzes Jahr an mißlungenen Repetier- und Memorierversuchen gearbeitet habe und daran hätte sehen können, ich soll es bleiben lassen.

Also: Über Kunst, meine ich, sollte ein bißchen anders gesprochen werden. (Abg. Dr. Graf: Über Kunst so viel zu sagen ohne einen Inhalt ...!) Hören Sie zu, dann werden Sie einen Inhalt erkennen, oder es liegt an Ihrer Kompetenz!

Ich denke, zu Mühl und Nitsch läßt sich ein Satz sagen, der das vorhin Gemeinte zusammenfaßt. Ein Kulturkritiker hat für viele andere gesagt: Während das Werk des einen Berechtigung zum Repertoire hat, nämlich Nitsch, so ist das andere über weite Strecken ohnedies schon zu den Gerichtsakten gewandert. – Stichwort: Mühl. Ob das der Herr Mühl-Berater, EU-Abgeordneter Sichrovsky, auch so einschätzt als Kulturexperte, das weiß ich natürlich nicht. Es wäre auch einmal interessant, seine Stellungnahme dazu zu hören.

Zweiter Punkt: Kenner. Künstler fallen nicht vom Himmel, Kunstkenner auch nicht. Ich habe den Eindruck, und da schließe ich mich an die Vorrednerin an, daß wir über technische Expertisen, über forschungspolitische Ergebnisse, über andere Errungenschaften mit sehr viel Respekt und


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