Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 91

Union und für ihre Bürger bedeuten würde: Zunächst würde die Existenz dieser Regelungen gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, denn sie würden bedeuten, daß andere Bürger der Europäischen Union nur wegen ihrer Volkszugehörigkeit und Sprachzugehörigkeit schweren Diskriminierungen in diesen beiden Ländern durch geltendes Recht, nicht durch historische Reminiszenzen, ausgesetzt wären. Meine Damen und Herren! Ich kann mir nicht vorstellen, daß das im Sinne der Erfinder beziehungsweise der Väter, im Sinne der Völker und im Sinne der Volksvertreter der Europäischen Union wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darüber hinaus wäre auch der Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union, welcher bekanntlich eine der Säulen der Gemeinschaft ist, schwer gefährdet, wenn jeder, der deutscher Sprachzugehörigkeit und deutscher Volkszugehörigkeit ist, egal, wo er lebt, in Liechtenstein – die Liechtensteiner waren und sind genauso betroffen –, in Österreich, in Deutschland oder in anderen Ländern, und vorhat, einen Wohnsitz in der Tschechischen Republik oder in Slowenien zu nehmen, damit rechnen müßte, daß sich Politiker oder Gerichte finden, die unter Hinweis auf die von mir zitierten Regelungen, Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen erklären: Das geht nicht! Ebenso wäre dieser Grundsatz schwer gefährdet, wenn jemand, der zunächst einmal durchgerutscht ist und sich dort angesiedelt hat – was ihm erlaubt ist und nach den Regeln der Europäischen Union erlaubt sein muß –, damit rechnen müßte, daß irgendwann einmal der Spieß umgedreht und er wieder außer Landes gestellt wird.

All das sind Entwicklungen, die die Europäische Union nicht ruhig auf sich zukommen lassen und beobachten kann, und Österreich als Vorsitzmacht in diesen Tagen ist aufgerufen, die Interessen nicht nur Österreichs, nicht nur der Altösterreicher deutscher Zunge, sondern die Interessen der Gesamtunion mit all ihren Bürgern in dieser Richtung wahrzunehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Österreicher sind es, die aufgrund unserer historischen Verbundenheit und aufgrund der geographischen Gegebenheiten genau wissen, worum es geht, die es besser wissen als die Repräsentanten anderer europäischer Staaten und Mitglieder der Europäischen Union. Wir sind verpflichtet, die Interessen aller von Irland bis Dänemark und von Italien bis Griechenland in dem Sinne wahrzunehmen, daß in allen Staaten, die beitreten wollen, dafür gesorgt wird, daß deren Rechtsmaterie von menschenrechtswidrigen Regelungen gereinigt wird und daß die dort lebenden Volksgruppen anerkannt und ordentlich behandelt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die bisherigen Bemühungen, soweit es sie bisher überhaupt ernsthaft gegeben hat, was nicht immer ganz deutlich erkennbar gewesen ist, "bilateral" mit Slowenien und mit der Tschechischen Republik auf gleichzukommen, sind jedenfalls vollkommen erfolglos geblieben. Jetzt aber besteht eine Chance, wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten noch nie gezeigt hat und wie sie wohl auch nie wieder kommen wird: Denn die Vorgaben des Europäischen Rates – ich habe sie zitiert – sind eindeutig. Ebenso eindeutig steht fest, daß beide genannten Staaten diesen Vorgaben nicht entsprechen. Und Österreich hat es in der Hand, nach dem Einstimmigkeitsprinzip durchzusetzen, daß in diesen beiden Staaten die Menschenrechte Platz greifen können und die Minderheiten und Volksgruppen ordentlich umsorgt werden. Wir haben es in der Hand! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß ich nicht der einzige bin, der den Standpunkt vertritt, daß die Beneš-Dekrete und auch die AVNOJ-Bestimmungen menschenrechtswidrig sind. Ich zitiere in diesem Zusammenhang zum Beispiel den ÖVP-Abgeordneten Höchtl, der heute allerdings nicht da ist. Höchtl stellte fest, daß "diese Beneš-Dekrete schon bei der Erlassung menschenrechts- und völkerrechtswidrig" waren. Er bezeichnete sie "als reine Rassengesetze gegen deutschsprachige und ungarischsprachige Bewohner der damaligen Tschechoslowakei, die in einer heutigen europäischen Werte- und Rechtsgemeinschaft keinen Platz haben dürfen". Höchtl trat mit allem Nachdruck für eine Änderung der Rechtslage ein. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!)

Fasslabend ist heute überhaupt nicht da, also nicht nur bei diesem Tagesordnungspunkt. Auch Verteidigungsminister Fasslabend äußerte sich dazu erst vor ein paar Tagen, nämlich am


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