Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 57

"Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie den Passus "in allen Bereichen des täglichen Lebens" ernst nehmen, dann frage ich Sie, warum das im vorliegenden Ärztegesetz nicht umgesetzt wird. Es fehlt nämlich im § 56 Abs. 1 die Verpflichtung, die Ordination so zu gestalten, daß sie für behinderte Personen zugänglich ist, soferne dies ohne große Schwierigkeiten und verhältnismäßig hohe Kosten möglich ist.

Eine weitere Änderung in diesem so großen, guten Gesetz sei mir auch noch anzuregen erlaubt. Warum wird nur vom Ärztegesetz geredet? – Ich bin der Meinung, daß im Sinne der legistischen Richtlinien des Bundeskanzleramtes Formulierungen so gewählt sein sollten, daß sie Frauen und Männer gleichermaßen betreffen, was im § 201 des vorliegenden Gesetzentwurfes nicht verwirklicht wurde. Wir fordern daher eine Titeländerung, wie sie aus den Abänderungen im Antrag der Liberalen ersichtlich ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Abschließend möchte ich noch festhalten, daß ich die Entscheidung, daß nicht die sofortige Anzeigepflicht für Ärztinnen und Ärzte besteht, begrüße. Wir wissen, daß die bisherigen Anzeigen an die Strafverfolgungsbehörde oft ein folgenschwerer Schritt waren, vor dem die Ärzte oftmals zurückschreckten. Wir wissen aber auch, daß Eltern, weil sie eine Anzeige fürchteten, schwer mißhandelte Kinder oft nicht zum Arzt oder in das Spital brachten. Davon ausgeschlossen – und das möchte ich ganz klar betonen – sei der sexuelle Mißbrauch, bei dem es ohnehin zur Anzeige kommen muß. Frau Kollegin Povysil – sie ist jetzt nicht da –, ich kann Sie nicht verstehen, denn daß in diesem Fall zuerst die Jugendwohlfahrt informiert werden kann, halte ich für durchaus sinnvoll. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Maier.)

Mit der Melde- statt der Anzeigepflicht werden wir in Zukunft, so glaube ich, den Horror Kindesmißhandlung mehr als bisher verfolgen können. Ich glaube auch, daß die Lawine der behördlichen Tätigkeiten, von der mißhandelte Kinder bisher überrollt wurden, dadurch hintangehalten werden kann. Und ich gebe meiner Hoffnung Ausdruck, daß wir damit die Krisen, die in den Familien durch die Mißhandlung gegeben sind, in Zukunft besser bewältigen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.39

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich vorerst ganz kurz auf die Argumente der Opposition eingehe. Zur Kollegin Motter: Man kann zum Werbeverbot stehen, wie man will, man kann dafür oder dagegen sein. Ich persönlich halte die Zeit noch nicht für reif, dieses Werbeverbot, wie es derzeit normiert ist, aufzugeben. Ich sehe als Konsumentenschützer Probleme bei den Patienten und bei den Verbrauchern.

Ganz kurz vielleicht auch noch zu den Kolleginnen und Kollegen der FPÖ: Es ist schon klar, und es stellt sich immer deutlicher heraus, daß die Freiheitliche Partei keiner Vorlage mehr zustimmen wird. Daher hat es mich gar nicht gewundert, daß Kollege Pumberger erklärt hat, es gebe dafür keine Zustimmung. Es hat mich auch nicht verwundert, daß er die Pflichtmitgliedschaft angegriffen und von der Aufblähung der Kammern gesprochen hat.

Kollege Pumberger! Eines sei hier mit aller Deutlichkeit vermerkt: Wir bekennen uns zur Pflichtmitgliedschaft, und ich kann von unserer Warte aus, der Warte eines Arbeiterkämmerers, sagen: Wir werden anerkannt! Das ist eine bewiesene Tatsache, denn über 80 Prozent der


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