Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 140

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Dr. Gredler hat einen Abänderungsantrag vorgetragen, der ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlung miteinbezogen wird.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer mit einer gewünschten Redezeit von 2 Minuten. – Was erstaunt Sie, Herr Abgeordneter, der Aufruf oder die Redezeit? (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Redezeit! 4 Minuten, bitte!) 4 Minuten wollen Sie? – Bitte.

18.15

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter diesem Tagesordnungspunkt ist eine Reihe von höchst unterschiedlichen Materien zusammengefaßt. Unter anderem behandeln wir einen Antrag, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Entwicklungspolitik und Militärausgaben beschäftigt. Ich erachte diesen Antrag insofern als wichtig, als es meiner Auffassung nach in der internationalen Debatte zur Entwicklungszusammenarbeit einen doch immer stärker merkbaren Konsens darüber gibt, welche Prioritäten Entwicklungszusammenarbeit einschließen sollte und was die größten Hindernisse auf dem Weg eines Landes hin zu einer besseren Entwicklung sind.

Wenn man die Texte der Weltbank, ihres neuen strategischen Konzeptes mit den Schlußfolgerungen des Berichtes über die menschliche Entwicklung der Vereinten Nationen und mit den Strategievorschlägen für das 21. Jahrhundert der OECD vergleicht, dann merkt man, daß sich nach vielen Irrwegen der Debatte in den letzten Jahren nun doch ein Konsens abzeichnet. Dieser Konsens geht meiner Auffassung nach in Richtung einer Entwicklung, wo im Vordergrund "good governance" steht, das heißt gute Regierungstätigkeit, wo im Vordergrund die Auseinandersetzung mit der Korruption steht und wo im Vordergrund die Zielsetzung steht, möglichst viele Menschen aus der Armutsfalle herauszuholen, möglichst viele Menschen am wirtschaftlichen Leben zu beteiligen, und zwar durch ganz gezielte soziale und Gesundheitsmaßnahmen. Dabei steht auch die Frage der Demokratieentwicklung als entscheidende Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der Entwicklung im Vordergrund.

Es besteht auch ein Konsens darüber, was ein wesentliches Entwicklungshemmnis neben anderen ist, nämlich der Umstand, daß ein Land in einen Krieg oder in einen Bürgerkrieg involviert ist oder daß die Ausgaben eines nationalen Budgets für Rüstung und Verteidigung überproportional hoch sind.

Wenn wir nun eine Reihe von Staaten betrachten, mit denen auch Österreich Entwicklungszusammenarbeit betreibt, wie zum Beispiel Uganda oder Äthiopien, um nur zwei zu nennen, dann sehen wir, dies sind zwei Länder, die im Kontext dieses Antrages sehr interessant sind. Uganda ist etwa ein Land, das über Jahre hinweg seine Rüstungsausgaben reduziert hat, aber in den letzten Jahren wieder erhöht hat. Es stellt sich die Frage: Geschieht diese Ausweitung des Verteidigungshaushaltes aus legitimen Selbstverteidigungsinteressen, oder sind damit nicht auch strategische, machtpolitische Interessen in der Region kombiniert?

Oder zum zweiten Land, Äthiopien, das sich gerade in einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Eritrea befindet. Auch dort stellen sich die Fragen: Wie ist die Schuldverteilung? Wo liegt die Aggression? Wo liegt die Möglichkeit für eine politische Lösung? Und ist es sinnvoll, in einem Land Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben in der Art, wie wir es machen, wenn in Zukunft wieder ein größerer Teil des Bruttonationalprodukts und des Budgets in Verteidigungs- oder Militärausgaben fließt?

Ich glaube, daß das eine hochsensible Angelegenheit ist, die natürlich Teil des politischen Dialoges mit den betroffenen Partnerregierungen und Partnergesellschaften sein muß. Es ist meiner Auffassung nach auch völlig klar, daß Österreich alleine in diesem Zusammenhang aufgrund des geringen Ausmaßes unserer bilateralen Entwicklungszusammenarbeit wenig bewegen könnte. Wenn sich aber die OECD – und in der OECD sind immerhin die wichtigsten und größten Geberländer der Welt zusammengeschlossen – auf eine Grundlinie einigen könnte, auf ein gemeinsames politisches Verständnis, unter welchen Bedingungen es im Zusammenhang mit Militärausgaben zu politischen Maßnahmen oder zu einer Einschränkung von Entwicklungszusammenarbeit kommt, dann wäre das, wie ich meine, ein sehr deutlicher Fortschritt in die


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