Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 59

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16.56

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich wollte kurz zu einigen Debattenbeiträgen Stellung nehmen, die mich direkt betroffen haben.

Die erste Frage hinsichtlich der Kontakte, der Informationen, hinsichtlich dessen, was bekannt war. Es ist vollkommen richtig – das habe ich aber auch in meiner ersten Wortmeldung gesagt –, dass viele immer wieder gefragt haben, wie es um die Regierungsbildung steht, wie die Lage ist, ob ohnedies wieder Sozialdemokraten und Christdemokraten gemeinsam regieren werden. Ich habe, nachdem wir ja bitte bis vor drei Wochen ein fix und fertiges Koalitionsabkommen ausverhandelt hatten, auch in diesem Sinne informiert. Es ist vollkommen richtig, dass immer wieder Sorge und Besorgnis geäußert wurde, damit es auch zu einem positiven Abschluss kommt. (Abg. Leikam: In welcher Richtung?) Aber das ist ein anderer Punkt.

Das wurde auch in der Präsidentschaftskanzlei so gesehen. Ich habe mir sehr genau angesehen, was der Herr Bundespräsident diesbezüglich ausgesendet hat und welcher Inhalt in den Kontakten mit Chirac, Aznar, Blair, Prodi und so weiter zum Ausdruck gebracht wurde. Das bestand aus allgemeiner Sorge; es gab keinerlei Ankündigung einer konkreten Sanktion. Ich habe ein Übriges getan und habe immer wieder versucht, Kollegen auch telefonisch anzusprechen.

Ich habe die damalige Frau Staatssekretärin Ende jener Woche – das war, glaube ich, am 27. oder 28. Jänner – gebeten, sie solle – das war keine geheime Reise, so etwas gibt es überhaupt nicht, sondern eine ganz normale, offiziell angemeldete Reise – Kontakt mit Spanien aufnehmen. Sie solle auch mit den Portugiesen Kontakt aufnehmen, um herauszufinden, wie die Reaktion auf den belgischen Wunsch sein werde, wie diese ausfallen werde.

Es wäre ja fahrlässig gewesen, hätten wir nicht sofort in diesem Sinne agiert und reagiert. Ich habe auch danach mit fast allen europäischen Premierministern, Vize-Premierministern oder Außenministern geredet, und es ist auch durchaus in mancher Beziehung eine Differenzierung eingetreten.

Daher auch die Frage, die hier gestellt wurde: Wie kann man aus dieser jetzigen Situation herauskommen? – Meine Antwort ist: durch Information, durch sachkundige Aufklärung und durch moderates Agieren. Es hat niemand etwas davon, wenn wir jetzt Öl ins Feuer gießen, wenn wir jetzt auf einmal sagen, auf die Verträge pochend, da haben wir die Möglichkeit, ein Veto einzulegen, niemand kann uns übergehen. – Das wäre absolut kontraproduktiv; wurde auch nicht gesagt, wurde vom Bundeskanzler, von der Außenministerin völlig klar gestellt. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Bitte, ich bin ja nicht mit allen Erklärungen glücklich, aber diese habe ich zufällig selbst gehört. Da muss man wirklich ein akribisches negatives Grundgefühl haben, wenn man das als die Ankündigung eines Vetos interpretiert. Ich bitte darum, man möge nicht alles von vornherein mit der schlimmstmöglichen Interpretation versehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was kann man also tun? – Mir hat es eigentlich sehr gefallen, als Peter Schieder – immerhin langjähriger Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses, Fraktionsführer im Europarat – die Hand gesehen hat, die ich versuche auszustrecken, und auch selbst seine Hand ausstreckt. Es geht dabei wirklich um Österreich. Es geht nicht um Rot, um Grün, um Blau, um Schwarz: Es geht um die Casa Austria, es geht um unsere Heimat. Es geht darum, dass wir klar zum Ausdruck bringen – wie dies übrigens der Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes Fritz Verzetnitsch hervorragend gemacht hat –, dass diese Vorgangsweise nicht korrekt gewesen ist, dass wir gemeinsam fest dastehen müssen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden dies auf allen Ebenen tun, wo wir nur können, etwa mit jenen, die zu Österreich einen Bezug haben. Das sind von mir aus auch Ordensträger – ja warum denn nicht? Sie haben mit Österreich entweder in wirtschaftlicher, kultureller oder politischer Hinsicht eine bestimmte persönliche Beziehung, und jetzt bitten wir sie, für uns einzustehen. Wir bitten aber auch die Parlamentarier, ihre Möglichkeiten zu nützen, wo immer sie sind, denn Europa sind nicht nur die


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