Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 73

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troffenheit zubilligen als allen anderen. (Abg. Dr. Pittermann: Ja!) Ich meine ja genau das, ich will ja eigentlich bewusst darauf eingehen. Man muss den Opfern jedes Maß an Betroffenheit zugestehen. Aber umgekehrt bitte ich auch darum, dass man zu verstehen versucht, dass andere, Jüngere oder auch klar Abgegrenzte in diesem Bereich – und das nehme ich schon auch für mich und meine Gemeinschaft in Anspruch – darauf Wert legen, dass man die Treffergenauigkeit und die Unterscheidung wählt. Das Jahr 2000 ist eben nicht das Jahr 1933 oder 1938. (Abg. Dr. Pittermann: Wehret den Anfängen!)

Natürlich: Wehret den Anfängen! Aber wenn ich den Anfängen wehren will, dann muss ich auch die historischen Unterschiede sehen, dann muss ich genau unterscheiden: Was ist ein Faschist? Was ist ein Neonazi? Was ist rechtsextrem? Was ist Terrorszene, gewaltbereite Szene? (Abg. Binder: Das wissen Sie genau!) Und das müssen wir, will ich meinen, am Ende einer solchen Debatte im Sinne einer guten, demokratischen Diskussion hier im Haus – und die Diskussion soll hier und nicht draußen auf der Straße stattfinden! –, im Sinne einer Treffergenauigkeit unterscheiden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagt das eurem Herrn Arbeiter!)

Ich habe eigentlich gelernt – das hat mich auch sehr gestört bei vielen Pressekontakten der letzten Tage und Wochen –: Es wird eben nicht unterschieden zwischen Populismus und Rechtsradikalismus. Es wird nicht unterschieden, ob man bei der Frage der Erweiterung jetzt von vornherein sagt, ja, alles ist großartig, oder ob jemand eine klare Anti-Erweiterungshaltung einnimmt. Ich finde, es ist schon sehr wichtig, dass wir im Sinne eines richtigen, guten und notwendigen Diskurses uns selbst verordnen, da genau und präzise zu sein.

Das heißt überhaupt nicht, dass ich etwas verharmlosen will. Jeder soll uns dann auf Grundlage dieser gemeinsamen Deklaration oder auf Grund dessen, was wir sagen und was wir Ihnen morgen als Programm vorstellen – die Texte werden wir Ihnen heute Abend noch zur Verfügung stellen –, beim Wort nehmen; und nicht nur beim Wort, sondern auch bei der verwirklichten Tat. Aber man soll jetzt nicht so tun, als ob es belanglos sei, wenn jemand einmal einen Fehler gemacht und sich dann dafür entschuldigt hat, und das ununterbrochen immer weiter ziehen, als ob nichts geschehen wäre. Mir scheint auch die Bereitschaft, sich zu ändern, auf eine neue Situation anders zu reagieren, wichtig zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube daher, dass wir bei aller Emotion – und da sind die Nerven natürlich manchmal wie die Saiten eines Instruments gespannt; das weiß ich, ich spüre das auch bei mir; es ist ja nicht so, dass das an irgendjemandem spurlos vorübergehen kann – doch den Gedanken aufgreifen sollten, der ja aus diesem Hause hier gekommen ist, wie man eine gemeinsame Strategie entwickeln kann. Ich werde die Frau Außenministerin bitten, dass sie in absehbarer Zeit, in sehr kurzer Zeit – im Außenpolitischen Ausschuss vielleicht – darüber informiert, was wir tun werden, und wir werden auch um Anregungen bitten, was wir gemeinsam tun können.

Ich bitte auch, dass man vielleicht versucht, mit den Organisatoren der Demonstrationen gemeinsam zu einem Dialog zu kommen, wie man die Diskussion von der Straße weg – auch wenn es friedlich ist – in ein Ambiente hereinholt, wo man das in konstruktive, positive Energie ummünzen kann. (Abg. Dr. Ofner: Ins Burgtheater!) Wenn uns das gelingt, dann wäre, so meine ich, tatsächlich etwas gewonnen, dann könnten wir – natürlich bei aller politischen Unterschiedlichkeit – die Krise, in der wir uns befinden, die nicht geleugnet werden darf, als Chance begreifen, dass da etwas Neues entsteht.

So ganz uninteressant wäre das ja nicht, jetzt ein neues Verhältnis zu finden: Wie könnte eine moderne Verfassung aussehen? Was wäre mit einem "runden Tisch", wo alle daran mitarbeiten, einen neuen Verfassungskonsens zu finden, um nicht mehr dieses Stückwerk einer heute völlig zersplitterten Verfassungslandschaft zu haben, die keiner mehr kennt und auf die daher eigentlich auch niemand mehr stolz sein kann? Die Anregung kommt von einem Robert Menasse, einem Konrad Paul Liessmann. Das sind schon interessante Gedanken.

Wenn das so ist, dann könnte man ja vielleicht wirklich einmal sehen, dass wir bereit sein, weit über alle "Schrebergärten" hinauszublicken, dieses Kompetenzwirrwarr zu ordnen und eine moderne staatliche Verwaltung mit einer klaren Kompetenzzuordnung zu entwickeln. Dann


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