Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 80

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13.24

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Damen und Herren auf der Zuschauergalerie werden sich auch ihren Teil denken. Aber es ist mit den Zwischenrufen immer so, wie es auch gestern war (Abg. Neudeck: Was war gestern für ein Zwischenruf, Kollege?): Der jeweilige Redner oder die Rednerin provoziert auch Zwischenrufe oder dauernde Zwischenrufe. Es muss sich jeder Redner immer selbst vor Augen halten, wie seine Rede in diesem Haus aufgenommen wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Dietachmayr meint, das war gestern nicht ...!)

Kollege Donabauer hat in seinem Beitrag zitiert: Grundsatz der Sozialversicherung ist die Solidarität. Ich gebe ihm da vollkommen Recht. Ihre Fraktion, Herr Kollege, könnte auch heute Solidarität zeigen, indem sie unserem Antrag zur Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühr die Zustimmung erteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Ambulanzgebühr – wir werden dieses Thema noch sehr oft in diesem Haus behandeln müssen, nämlich so lange, bis sich hier eine Mehrheit findet, die die Ambulanzgebühr wieder abschaffen wird –, sie ist nicht nur unsozial, weil sie vorwiegend Einkommensschwächere trifft, sondern sie ist auch nicht vernünftig administrierbar und richtet in den Ambulanzen ein heilloses Chaos zu Lasten der Hilfesuchenden an. (Abg. Ellmauer: Nur in Wien!) Sie ist eine unsoziale Krankensteuer – wie viele Tausende immer wieder betonen –, sie bedeutet eine versteckte Beitragserhöhung allein zu Lasten der Arbeitnehmer, weil die Arbeitgeber diesbezüglich aus ihrer Verantwortung entlassen werden.

Die Ambulanzgebühr ist, wie sich herausgestellt hat, unsinnig und zu teuer, weil die Verwaltungskosten einen Großteil der Einnahmen verschlingen. Darüber hinaus stellt sie eine Strafzahlung für jene Patienten dar, die keine andere Möglichkeit haben, als eine Ambulanz aufzusuchen. Am Wochenende, speziell in der Nacht und in vielen ländlichen Gegenden stehen entsprechende Fachärzte nicht zur Verfügung. Sie ist aber auch eine Diskriminierung für Schwerkranke und chronisch Kranke. Sie verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Ausnah-men willkürlich gewählt wurden.

Die erklärten Ziele, wie sie von den Regierungsparteien immer wieder argumentiert wurden – Kosten einzusparen und die Patienten zu niedergelassenen Ärzten umzulenken –, werden nicht einmal ansatzweise erreicht, wie das auch schon verschiedene Studien und Zahlen beweisen. Die Ambulanzgebühr ist schließlich kein Ersatz für notwendige Maßnahmen zu einer gerechten und sozialen Finanzierung des Gesundheitssystems!

Ich verstehe daher auch die Aktion des Gewerkschaftsbundes in Oberösterreich – und ich habe gehört, dass auch andere mittun (Abg. Donabauer: Wieder einmal eine Aktion!)  –, in welcher die Leute dazu aufgerufen werden, einer Anfechtung der Ambulanzgebühr näher zu treten und einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides gemäß § 410 ASVG durch die Gebietskrankenkasse zu stellen.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon erwähnt, dass es Untersuchungen und bereits eine interessante Studie aus Tirol darüber gibt, wie die Patienten des Landeskrankenhauses Innsbruck auf die Ambulanzgebühren reagierten. Die Analyse der Daten zweier Krankenhäuser ergab, dass die Patientenbehandlung in deren Ambulanzen keinesfalls teurer als in Praxen ist und somit dem Lenkungseffekt der rationale Bogen fehlt.

Die ökonomische Sinnhaftigkeit, von der vor Einführung der Ambulanzgebühr immer gesprochen wurde, beruhte auf der Behauptung, dass ein Abrechnungsfall in der Praxis nur zirka 600 S, in der Ambulanz aber 2 000 S kosten würde. Ein Abrechnungsfall in der Ambulanz ist mit dem in der Praxis aber, wie es sich herausgestellt hat und wie wir es auch vorher immer gesagt haben, nicht vergleichbar. Man kennt alle diese Argumente, dass in der Ambulanz die gesamte Abrechnung doch unter einem durchgeführt wird und dass verschiedene Spezialuntersuchungen in einer Praxis gar nicht gemacht werden können. Vor allem ist auch sehr wichtig, dass die Ambulanzen eine 24-Stunden-Notfallversorgung finanzieren.


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