Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 212

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Das Wort erhält zuerst als Antragsteller Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Ich korrigiere, dies wurde geändert: Das Wort erhält zunächst als Antragstellerin Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

21.00

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Wir bringen heute den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses deshalb ein, weil es seit Jahren den Verdacht auf Manipulation im Vergabeverfahren und in der Folge auf Provisionszahlungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Radaranlagen der Firma Thomson gibt. (Abg. Jung: Welche Regierung war denn das damals?)

Das ist ein Verdacht, der besteht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Eines ist in diesem Zusammenhang aber klar: dass der SPÖ 20 Millionen Schilling für die Unterstützung des Zuschlags an das Unternehmen Thomson angeboten wurden. Es versteht sich von selbst, dass die SPÖ das sofort zurückgewiesen und der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung übermittelt hat.

Das war ein plumper Bestechungsversuch, und dieser Bestechungsversuch resultierte aus dem Wissen der Firma Thomson, dass sie bei der Vergabe dieser Radaranlagen chancenlos ist. Die Firma Thomson hatte Recht, als sie ihr Anbot als chancenlos eingeschätzt hat, denn nach den militärischen Ausschreibungskriterien hätte sie eigentlich ausgeschieden werden müssen. Aber Sie, Herr Präsident Fasslabend, damals Verteidigungsminister, haben die Firma Thomson nicht ausgeschieden. Dass die Firma Thomson die militärischen Kriterien nicht erfüllt hat, liegt auf der Hand: Zwei von vier Muss-Kriterien für das angebotene System wurden nicht erfüllt. So kam Thomson in die Bewertung, wurde jedoch bei vier Bietern nur an dritter Steller gereiht. Thomson konnte Kompensationsgeschäfte anbieten, aber auch nach diesem Kriterium lag Thomson nur an dritter Stelle. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Diese Reihung wurde monatelang nicht in Frage gestellt. Plötzlich – welch Zufall! –, in den Sommermonaten, im August 1994, kam eine eigenartige Bewegung in diese ganze Angelegenheit. Das Unternehmen Thomson intervenierte beim damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel und erhöhte in der Folge das Kompensationsangebot. (Abg. Edlinger: Hört! Hört!) Nach der Intervention beim verantwortlichen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel bekam Thomson plötzlich den Zuschlag. (Abg. Edlinger: Skandal! – Oho-Rufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen heute, und das ist ein Faktum, dass sich im Kalender des involvierten Waffenlobbyisten Schreiber ein Vermerk zu diesem Zeitpunkt findet, der da lautet: Schüssel, ÖVP – o.k. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was heißt denn "Schüssel, ÖVP – o.k." im Kalender eines Waffenlobbyisten, der hier zum Zug gekommen ist? (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich weiß, es ist ein unangenehmes Thema für Sie, aber es ist aufklärungsbedürftig. (Abg. Dr. Khol: Wirklich nicht!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein demokratisch gewähltes Parlament hat dieser Aufgabe auch nachzukommen, nämlich Aufklärung zu verlangen und Licht in diese dunkle Geschichte zu bringen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Khol! Vielleicht können Sie mir das beantworten: Was wurde zwischen dem Waffenlobbyisten Schreiber und dem damaligen Minister Dr. Schüssel eigentlich vereinbart? Herr Khol! Frau Fekter! Gab es Provisionszahlungen an die ÖVP in diesem Zusammenhang? (Abg. Schwarzenberger: Nur an Vranitzky!) Gab es eine Einflussnahme des damaligen Ministers Dr. Schüssel auf die Zuschlagserteilung an das Unternehmen Thomson? Oder, Herr Khol, wie ist das zu bewerten, dass Dr. Schüssel, ein Bundeskanzler, als Zeuge in einem Gerichtsverfahren geladen wird, mit dem ein Waffenlobbyist 10 Millionen Schilling für einen Termin bei Dr. Schüssel einfordert? Das sind Fragen über Fragen, um die Sie nicht herumkommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum haben Sie eigentlich über die Kompensationsgeschäfte der Firma Thomson, die unter wirklich dubiosen Umständen nachgebessert wurden, Verschwiegenheit vereinbart?


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