Oder:
Vranitzky – das ist immerhin Ihr ehemaliger Parteivorsitzender – hat
im „Abendjournal“ am 7. Juni 1988 Folgendes erklärt:
„Ich bin wirklich
nicht dafür bekannt, ein glühender Militarist oder ein eisenfressender Kommisskopf
zu sein, aber wir können nicht in einer Umgebung, in der alle Länder die
Landesverteidigung ernst nehmen, diese auf das Niveau eines
regionalpolitischen Geplänkels herunterdrängen, weil die einzige wirkliche
Folge dessen wäre, dass wir dann als Staat mit unserer Landesverteidigung in
ganz Europa nicht ernst genommen würden, und dafür stehe ich nicht zur
Verfügung.“ – Zitat Franz Vranitzky. – Dem ist wenig hinzuzufügen.
Wissen Sie, was
mich beeindruckt hat? – Dass im Jahre 1984 der damalige
SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler Alfred Sinowatz die Abfangjäger in einer
Koalition mit der FPÖ beschlossen hat. Wenige Monate später kam es zu einer
großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP. Sie müssen wissen, dass damals die ÖVP gegen
den Draken war, weil wir ein moderneres und besser ausgerüstetes Flugzeug für
unsere Sicherheit haben wollten. Trotzdem stand es völlig außer Streit, dass
Alois Mock als Vizekanzler und Verteidigungsminister Robert Lichal selbstverständlich
die Vorgaben und die völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Verpflichtungen
früherer Regierungen mit umgesetzt haben.
Ein bisschen etwas
von diesem staatspolitischen Geist jenseits des parteipolitischen
Geplänkels wünsche ich mir in ernsten Fragen – gerade jetzt, wo wir am
Vorabend einer möglicherweise kriegerischen Auseinandersetzung um den Irak
stehen. Die Sicherheit des Landes und unserer Bürger ist zu ernst, um daraus
ein Kabarett zu machen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
15.49
Präsident
Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.
Wir gehen nunmehr
in die Debatte ein.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als
10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von
25 Minuten zukommt.
Als Erster zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
15.49
Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Wenn man sich nun in aller Ruhe diese Anfragebeantwortung des Herrn
Bundeskanzlers angehört hat, dann musste man feststellen, dass es zu den konkreten
Fragen wenig Antworten gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Das entspricht
nicht dem Stil, wie man im Hohen Haus mit Anfragen von Abgeordneten umgeht. Ich
sage das vor allem deswegen, Herr Bundeskanzler, weil Sie damit begonnen haben,
zu fragen: Was verdient denn dieses Hohe Haus? – Ich kann Ihnen sagen, was
dieses Haus auf jeden Fall verdient (Abg. Mag. Kukacka: Eine
bessere Opposition!), nämlich eine Bundesregierung, die zumindest imstande
ist, Fragen von Abgeordneten korrekt und präzise zu beantworten, und die hier
keine Maßregelungen vornimmt. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Zweiten: Wenn
man sich Ihre so genannte Erfolgsbilanz der letzten Jahre angehört hat, Herr
Bundeskanzler – Sie haben aufgezählt, was alles besser geworden
ist –, dann stellt man sich die Frage: Weshalb werden die gesamten
Regierungsgespräche oder -verhandlungen eigentlich derzeit von einem Kernsatz
begleitet, und der lautet überall: Es sind große Reformen erforderlich, es ist
notwendig, dass man Österreich reformiert!?
Ich stelle die Frage: Wieso ergibt sich diese Reformnotwendigkeit, wenn alles so wunderbar gewesen ist, wie Sie es darstellen? Wieso brauchen wir heute eine Gesundheitsreform zur Sicherstellung der Finanzierung? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fasslabend: 30 Jahre Sozialismus! – Abg. Rauch-Kallat: 30 Jahre Sozialismus! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Ich kann es Ihnen sagen, Herr Abgeordneter Fasslabend.